Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

der Griechischen Küstenstädte; vor allem befahl er, die Stadt
Smyrna, die seit der Zerstörung durch die Lydischen Könige sich in
mehrere Flecken aufgelöst hatte, wieder herzustellen, die Stadt Kla-
zomenä durch einen Damm mit ihrer Hafeninsel zu verbinden, und
die Landenge von Klazomenä bis Teos zu durchstechen, damit die
Schiffe nicht nöthig hätten, den weiten Umweg um das schwarze
Vorgebirge zu machen; das Werk ist nicht zu Stande gekommen,
aber noch in später Zeit wurden auf der Landenge in einem dem
Könige Alexander geheiligten Haine Wettkämpfe von dem Bunde
der Jonier, zum Gedächtniß ihres Befreiers gehalten 35).

Nachdem Alexander noch im Tempel der Artemis geopfert und
eine Musterung seines Heeres, das in vollem Waffenschmucke und
wie zur Schlacht aufgestellt war, unter den Augen der staunenden
Ephesier gehalten hatte, brach er folgenden Tages mit seinem Heere,
das aus vier Geschwadern Macedonischer Ritter, den Thracischen
Reutern, den Agrianern und Bogenschützen, und etwa zehntausend
Mann Hopliten und Hypaspisten bestand, auf der Straße nach
Milet auf, das wegen seines geräumigen Hafens für die Persische
Flotte, wenn sie das Aegäische Meer halten sollte, beim Herannahen
der späten Jahreszeit von der größten Wichtigkeit sein mußte.
Der Kommandant der Persischen Besatzung von Milet hatte früher
in einem Schreiben dem Könige die Uebergabe der Stadt angebo-
ten, aber, von der Nähe der großen Persischen Flotte unter-
richtet, die wichtige Hafenstadt den Persern zu erhalten und sich mit
seinen Söldnern und den Milesiern, die sich für die Persische Sache
entschieden, den Macedoniern auf das hartnäckigste zu widersetzen
beschlossen. Desto eifriger war Alexander, die Stadt zu erobern.

Milet liegt 35a) auf einer Landzunge im Süden des Latmi-
schen Meerbusens, etwa eine Meile südwärts von Samos und
Mykale, die man am fernen Horizont noch aus dem Meere hervor-
ragen sieht; die Stadt selbst, in die äußere und die mit starken
Mauern und tiefem Graben versehene innere Stadt getheilt, öffnet

35) S. die Angaben bei Mannert, der in seinem Critisiren of-
fenbar zu weit geht, wie sich aus seinen eigenen Citaten ergiebt.
35a) Die Lage Milets ergiebt sich mit ziemlicher Sicherheit aus Ar-
rian selbst; cf. Mannert.

der Griechiſchen Küſtenſtädte; vor allem befahl er, die Stadt
Smyrna, die ſeit der Zerſtörung durch die Lydiſchen Könige ſich in
mehrere Flecken aufgelöſt hatte, wieder herzuſtellen, die Stadt Kla-
zomenä durch einen Damm mit ihrer Hafeninſel zu verbinden, und
die Landenge von Klazomenä bis Teos zu durchſtechen, damit die
Schiffe nicht nöthig hätten, den weiten Umweg um das ſchwarze
Vorgebirge zu machen; das Werk iſt nicht zu Stande gekommen,
aber noch in ſpäter Zeit wurden auf der Landenge in einem dem
Könige Alexander geheiligten Haine Wettkämpfe von dem Bunde
der Jonier, zum Gedächtniß ihres Befreiers gehalten 35).

Nachdem Alexander noch im Tempel der Artemis geopfert und
eine Muſterung ſeines Heeres, das in vollem Waffenſchmucke und
wie zur Schlacht aufgeſtellt war, unter den Augen der ſtaunenden
Epheſier gehalten hatte, brach er folgenden Tages mit ſeinem Heere,
das aus vier Geſchwadern Macedoniſcher Ritter, den Thraciſchen
Reutern, den Agrianern und Bogenſchützen, und etwa zehntauſend
Mann Hopliten und Hypaspiſten beſtand, auf der Straße nach
Milet auf, das wegen ſeines geräumigen Hafens für die Perſiſche
Flotte, wenn ſie das Aegäiſche Meer halten ſollte, beim Herannahen
der ſpäten Jahreszeit von der größten Wichtigkeit ſein mußte.
Der Kommandant der Perſiſchen Beſatzung von Milet hatte früher
in einem Schreiben dem Könige die Uebergabe der Stadt angebo-
ten, aber, von der Nähe der großen Perſiſchen Flotte unter-
richtet, die wichtige Hafenſtadt den Perſern zu erhalten und ſich mit
ſeinen Söldnern und den Mileſiern, die ſich für die Perſiſche Sache
entſchieden, den Macedoniern auf das hartnäckigſte zu widerſetzen
beſchloſſen. Deſto eifriger war Alexander, die Stadt zu erobern.

Milet liegt 35a) auf einer Landzunge im Süden des Latmi-
ſchen Meerbuſens, etwa eine Meile ſüdwärts von Samos und
Mykale, die man am fernen Horizont noch aus dem Meere hervor-
ragen ſieht; die Stadt ſelbſt, in die äußere und die mit ſtarken
Mauern und tiefem Graben verſehene innere Stadt getheilt, öffnet

35) S. die Angaben bei Mannert, der in ſeinem Critiſiren of-
fenbar zu weit geht, wie ſich aus ſeinen eigenen Citaten ergiebt.
35a) Die Lage Milets ergiebt ſich mit ziemlicher Sicherheit aus Ar-
rian ſelbſt; cf. Mannert.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="122"/>
der Griechi&#x017F;chen Kü&#x017F;ten&#x017F;tädte; vor allem befahl er, die Stadt<lb/>
Smyrna, die &#x017F;eit der Zer&#x017F;törung durch die Lydi&#x017F;chen Könige &#x017F;ich in<lb/>
mehrere Flecken aufgelö&#x017F;t hatte, wieder herzu&#x017F;tellen, die Stadt Kla-<lb/>
zomenä durch einen Damm mit ihrer Hafenin&#x017F;el zu verbinden, und<lb/>
die Landenge von Klazomenä bis Teos zu durch&#x017F;techen, damit die<lb/>
Schiffe nicht nöthig hätten, den weiten Umweg um das &#x017F;chwarze<lb/>
Vorgebirge zu machen; das Werk i&#x017F;t nicht zu Stande gekommen,<lb/>
aber noch in &#x017F;päter Zeit wurden auf der Landenge in einem dem<lb/>
Könige Alexander geheiligten Haine Wettkämpfe von dem Bunde<lb/>
der Jonier, zum Gedächtniß ihres Befreiers gehalten <note place="foot" n="35)">S. die Angaben bei Mannert, der in &#x017F;einem Criti&#x017F;iren of-<lb/>
fenbar zu weit geht, wie &#x017F;ich aus &#x017F;einen eigenen Citaten ergiebt.</note>.</p><lb/>
          <p>Nachdem Alexander noch im Tempel der Artemis geopfert und<lb/>
eine Mu&#x017F;terung &#x017F;eines Heeres, das in vollem Waffen&#x017F;chmucke und<lb/>
wie zur Schlacht aufge&#x017F;tellt war, unter den Augen der &#x017F;taunenden<lb/>
Ephe&#x017F;ier gehalten hatte, brach er folgenden Tages mit &#x017F;einem Heere,<lb/>
das aus vier Ge&#x017F;chwadern Macedoni&#x017F;cher Ritter, den Thraci&#x017F;chen<lb/>
Reutern, den Agrianern und Bogen&#x017F;chützen, und etwa zehntau&#x017F;end<lb/>
Mann Hopliten und Hypaspi&#x017F;ten be&#x017F;tand, auf der Straße nach<lb/>
Milet auf, das wegen &#x017F;eines geräumigen Hafens für die Per&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Flotte, wenn &#x017F;ie das Aegäi&#x017F;che Meer halten &#x017F;ollte, beim Herannahen<lb/>
der &#x017F;päten Jahreszeit von der größten Wichtigkeit &#x017F;ein mußte.<lb/>
Der Kommandant der Per&#x017F;i&#x017F;chen Be&#x017F;atzung von Milet hatte früher<lb/>
in einem Schreiben dem Könige die Uebergabe der Stadt angebo-<lb/>
ten, aber, von der Nähe der großen Per&#x017F;i&#x017F;chen Flotte unter-<lb/>
richtet, die wichtige Hafen&#x017F;tadt den Per&#x017F;ern zu erhalten und &#x017F;ich mit<lb/>
&#x017F;einen Söldnern und den Mile&#x017F;iern, die &#x017F;ich für die Per&#x017F;i&#x017F;che Sache<lb/>
ent&#x017F;chieden, den Macedoniern auf das hartnäckig&#x017F;te zu wider&#x017F;etzen<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. De&#x017F;to eifriger war Alexander, die Stadt zu erobern.</p><lb/>
          <p>Milet liegt <note place="foot" n="35a)">Die Lage Milets ergiebt &#x017F;ich mit ziemlicher Sicherheit aus Ar-<lb/>
rian &#x017F;elb&#x017F;t; <hi rendition="#aq">cf.</hi> Mannert.</note> auf einer Landzunge im Süden des Latmi-<lb/>
&#x017F;chen Meerbu&#x017F;ens, etwa eine Meile &#x017F;üdwärts von Samos und<lb/>
Mykale, die man am fernen Horizont noch aus dem Meere hervor-<lb/>
ragen &#x017F;ieht; die Stadt &#x017F;elb&#x017F;t, in die äußere und die mit &#x017F;tarken<lb/>
Mauern und tiefem Graben ver&#x017F;ehene innere Stadt getheilt, öffnet<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0136] der Griechiſchen Küſtenſtädte; vor allem befahl er, die Stadt Smyrna, die ſeit der Zerſtörung durch die Lydiſchen Könige ſich in mehrere Flecken aufgelöſt hatte, wieder herzuſtellen, die Stadt Kla- zomenä durch einen Damm mit ihrer Hafeninſel zu verbinden, und die Landenge von Klazomenä bis Teos zu durchſtechen, damit die Schiffe nicht nöthig hätten, den weiten Umweg um das ſchwarze Vorgebirge zu machen; das Werk iſt nicht zu Stande gekommen, aber noch in ſpäter Zeit wurden auf der Landenge in einem dem Könige Alexander geheiligten Haine Wettkämpfe von dem Bunde der Jonier, zum Gedächtniß ihres Befreiers gehalten 35). Nachdem Alexander noch im Tempel der Artemis geopfert und eine Muſterung ſeines Heeres, das in vollem Waffenſchmucke und wie zur Schlacht aufgeſtellt war, unter den Augen der ſtaunenden Epheſier gehalten hatte, brach er folgenden Tages mit ſeinem Heere, das aus vier Geſchwadern Macedoniſcher Ritter, den Thraciſchen Reutern, den Agrianern und Bogenſchützen, und etwa zehntauſend Mann Hopliten und Hypaspiſten beſtand, auf der Straße nach Milet auf, das wegen ſeines geräumigen Hafens für die Perſiſche Flotte, wenn ſie das Aegäiſche Meer halten ſollte, beim Herannahen der ſpäten Jahreszeit von der größten Wichtigkeit ſein mußte. Der Kommandant der Perſiſchen Beſatzung von Milet hatte früher in einem Schreiben dem Könige die Uebergabe der Stadt angebo- ten, aber, von der Nähe der großen Perſiſchen Flotte unter- richtet, die wichtige Hafenſtadt den Perſern zu erhalten und ſich mit ſeinen Söldnern und den Mileſiern, die ſich für die Perſiſche Sache entſchieden, den Macedoniern auf das hartnäckigſte zu widerſetzen beſchloſſen. Deſto eifriger war Alexander, die Stadt zu erobern. Milet liegt 35a) auf einer Landzunge im Süden des Latmi- ſchen Meerbuſens, etwa eine Meile ſüdwärts von Samos und Mykale, die man am fernen Horizont noch aus dem Meere hervor- ragen ſieht; die Stadt ſelbſt, in die äußere und die mit ſtarken Mauern und tiefem Graben verſehene innere Stadt getheilt, öffnet 35) S. die Angaben bei Mannert, der in ſeinem Critiſiren of- fenbar zu weit geht, wie ſich aus ſeinen eigenen Citaten ergiebt. 35a) Die Lage Milets ergiebt ſich mit ziemlicher Sicherheit aus Ar- rian ſelbſt; cf. Mannert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/136
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/136>, abgerufen am 21.11.2024.