Die Milesier und Söldner, in der Stadt von allen Seiten ge- drängt und ohne Aussicht auf Rettung, suchten ihr Heil in der Flucht; die einen schwammen auf ihren Schilden zu den Felsen- inseln im Hafen, andere suchten auf Kähnen den Macedonischen Trieren zu entkommen; die meisten kamen in der Stadt um. Jetzt Meister der Stadt, setzten die Macedonier, von ihrem Könige selbst geführt, nach den Hafeninseln über, und schon waren die Leitern von den Trieren an die steilen Ufer geworfen, um die Landung zu erzwingen; da befahl der König, voll Mitleid mit jenen Tapferen, die sich auch jetzt noch zu vertheidigen oder rühmlich zu sterben bereit waren, ihrer zu schonen, und ihnen Gnade unter der Bedingung anzubieten, daß sie in seinem Heere Dienste nähmen; so wurden dreihundert Griechische Söldner gerettet. Eben so schenkte Alexan- der allen Milesiern, die nicht beim Sturme umgekommen waren, Leben und Freiheit 36).
Die Perserflotte hatte den Fall Milets von Mykale aus mit angesehen, ohne das Geringste zur Rettung der Stadt thun zu können. Jeden Tag lief sie gegen die Macedonische Flotte aus, in der Hoffnung, sie zum Kampfe herauszulocken, und kehrte Abends unverrichteter Sache nach der Rhede des Vorgebirges zurück, einem höchst unbequemen Ankerplatze, da sie ihr Trinkwasser aus dem Mä- ander, etwa drei Meilen weit herholen mußte. Indeß wollte sie Alexander ganz aus ihrer Position treiben, ohne jedoch seine Flotte ihre zugleich sichere und sichernde Stellung aufgeben zu lassen; ein Corps von drei Divisionen Fußvolk und sämmtlicher Reuterei, unter Philotas Führung, rückte deshalb an der Küste entlang nach dem Vorgebirge Mykale, mit dem Befehle, jeden Landungsversuch der Perser zu vereiteln; nun auf dem Meere gleichsam eingeschlossen, waren sie, bei gänzlichem Mangel an Wasser und Lebensmitteln genöthigt, sich auf Samos zurückzuziehen. Von dort aus wollten sie einen letzten Versuch machen, die Griechische Flotte zu einer
36) Diodor weicht namentlich darin von Arrian ab, daß er Mem- non als Befehlshaber von Milet bezeichnet; weder in der Stadt, noch auf der Flotte war Memnon, Arrian hätte es nicht unerwähnt gelas- sen; auch würde die Einnahme der Stadt dem Könige schwerer ge- worden sein, wenn sie Memnon vertheidigt hätte.
Die Mileſier und Söldner, in der Stadt von allen Seiten ge- drängt und ohne Ausſicht auf Rettung, ſuchten ihr Heil in der Flucht; die einen ſchwammen auf ihren Schilden zu den Felſen- inſeln im Hafen, andere ſuchten auf Kähnen den Macedoniſchen Trieren zu entkommen; die meiſten kamen in der Stadt um. Jetzt Meiſter der Stadt, ſetzten die Macedonier, von ihrem Könige ſelbſt geführt, nach den Hafeninſeln über, und ſchon waren die Leitern von den Trieren an die ſteilen Ufer geworfen, um die Landung zu erzwingen; da befahl der König, voll Mitleid mit jenen Tapferen, die ſich auch jetzt noch zu vertheidigen oder rühmlich zu ſterben bereit waren, ihrer zu ſchonen, und ihnen Gnade unter der Bedingung anzubieten, daß ſie in ſeinem Heere Dienſte nähmen; ſo wurden dreihundert Griechiſche Söldner gerettet. Eben ſo ſchenkte Alexan- der allen Mileſiern, die nicht beim Sturme umgekommen waren, Leben und Freiheit 36).
Die Perſerflotte hatte den Fall Milets von Mykale aus mit angeſehen, ohne das Geringſte zur Rettung der Stadt thun zu können. Jeden Tag lief ſie gegen die Macedoniſche Flotte aus, in der Hoffnung, ſie zum Kampfe herauszulocken, und kehrte Abends unverrichteter Sache nach der Rhede des Vorgebirges zurück, einem höchſt unbequemen Ankerplatze, da ſie ihr Trinkwaſſer aus dem Mä- ander, etwa drei Meilen weit herholen mußte. Indeß wollte ſie Alexander ganz aus ihrer Poſition treiben, ohne jedoch ſeine Flotte ihre zugleich ſichere und ſichernde Stellung aufgeben zu laſſen; ein Corps von drei Diviſionen Fußvolk und ſämmtlicher Reuterei, unter Philotas Führung, rückte deshalb an der Küſte entlang nach dem Vorgebirge Mykale, mit dem Befehle, jeden Landungsverſuch der Perſer zu vereiteln; nun auf dem Meere gleichſam eingeſchloſſen, waren ſie, bei gänzlichem Mangel an Waſſer und Lebensmitteln genöthigt, ſich auf Samos zurückzuziehen. Von dort aus wollten ſie einen letzten Verſuch machen, die Griechiſche Flotte zu einer
36) Diodor weicht namentlich darin von Arrian ab, daß er Mem- non als Befehlshaber von Milet bezeichnet; weder in der Stadt, noch auf der Flotte war Memnon, Arrian hätte es nicht unerwähnt gelaſ- ſen; auch würde die Einnahme der Stadt dem Könige ſchwerer ge- worden ſein, wenn ſie Memnon vertheidigt hätte.
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Die Mileſier und Söldner, in der Stadt von allen Seiten ge-
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Flucht; die einen ſchwammen auf ihren Schilden zu den Felſen-
inſeln im Hafen, andere ſuchten auf Kähnen den Macedoniſchen
Trieren zu entkommen; die meiſten kamen in der Stadt um. Jetzt
Meiſter der Stadt, ſetzten die Macedonier, von ihrem Könige ſelbſt
geführt, nach den Hafeninſeln über, und ſchon waren die Leitern
von den Trieren an die ſteilen Ufer geworfen, um die Landung zu
erzwingen; da befahl der König, voll Mitleid mit jenen Tapferen, die
ſich auch jetzt noch zu vertheidigen oder rühmlich zu ſterben bereit
waren, ihrer zu ſchonen, und ihnen Gnade unter der Bedingung
anzubieten, daß ſie in ſeinem Heere Dienſte nähmen; ſo wurden
dreihundert Griechiſche Söldner gerettet. Eben ſo ſchenkte Alexan-
der allen Mileſiern, die nicht beim Sturme umgekommen waren,
Leben und Freiheit 36).
Die Perſerflotte hatte den Fall Milets von Mykale aus mit
angeſehen, ohne das Geringſte zur Rettung der Stadt thun zu
können. Jeden Tag lief ſie gegen die Macedoniſche Flotte aus, in
der Hoffnung, ſie zum Kampfe herauszulocken, und kehrte Abends
unverrichteter Sache nach der Rhede des Vorgebirges zurück, einem
höchſt unbequemen Ankerplatze, da ſie ihr Trinkwaſſer aus dem Mä-
ander, etwa drei Meilen weit herholen mußte. Indeß wollte ſie
Alexander ganz aus ihrer Poſition treiben, ohne jedoch ſeine Flotte
ihre zugleich ſichere und ſichernde Stellung aufgeben zu laſſen; ein
Corps von drei Diviſionen Fußvolk und ſämmtlicher Reuterei, unter
Philotas Führung, rückte deshalb an der Küſte entlang nach dem
Vorgebirge Mykale, mit dem Befehle, jeden Landungsverſuch der
Perſer zu vereiteln; nun auf dem Meere gleichſam eingeſchloſſen,
waren ſie, bei gänzlichem Mangel an Waſſer und Lebensmitteln
genöthigt, ſich auf Samos zurückzuziehen. Von dort aus wollten
ſie einen letzten Verſuch machen, die Griechiſche Flotte zu einer
36) Diodor weicht namentlich darin von Arrian ab, daß er Mem-
non als Befehlshaber von Milet bezeichnet; weder in der Stadt, noch
auf der Flotte war Memnon, Arrian hätte es nicht unerwähnt gelaſ-
ſen; auch würde die Einnahme der Stadt dem Könige ſchwerer ge-
worden ſein, wenn ſie Memnon vertheidigt hätte.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/139>, abgerufen am 21.11.2024.
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