Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

die Karier sich dem Könige zu ergeben wetteiferten. Namentlich
erklärten sich die Griechischen Städte für Alexander, der ihnen so-
fort Selbstständigkeit und Steuerfreiheit gab, und die Demokratie
wieder herzustellen befahl.

Nur Halikarnaß war noch übrig; dorthin hatte sich Oronto-
bates zurückgezogen; ebendahin war Memnon, nachdem er in Ephe-
sus und Milet weder die Gelegenheit günstig, noch die Zeit hinrei-
chend gefunden hatte, um gegen den Macedonischen König erfolg-
reichen Widerstand zu organisiren, mit wenigen Resten der am
Granikus geschlagenen Armee gekommen, um mit dem Karischen
Satrapen vereinigt die letzte wichtige Position auf der Kleinasiati-
schen Küste so lange als möglich zu halten; er schickte Weib und
Kind an den Großkönig, angeblich, um sie außer aller Gefahr zu
wissen, in der That aber, um ein Zeichen und Unterpfand seiner
Treue zu geben, die sein Griechischer Ursprung nur zu oft schon zu
verdächtigen Gelegenheit gegeben hatte. Diese Hingebung zu ehren
und seinem anerkannten und oft erprobten Feldherrntalent die gebüh-
rende Wirksamkeit zu eröffnen, hatte ihm der Perserkönig den Ober-
befehl über das untere Asien und die gesammte Persische Seemacht
übertragen, und in der That, wenn noch etwas für Persien zu retten
war, schien er der Mann zu sein, der retten konnte; mit a[u]ßeror-
dentlicher Thätigkeit hatte er die Werke von Halikarnaß wieder her-
stellen lassen, die aus Persern und Söldnern bestehende Besatzung
verstärkt und mit reichlichen Vorräthen versehen, die im Hafen der
Stadt liegenden Trieren ausgerüstet, damit sie die Operationen
in der Festung unterstützen, und die Stadt im Fall einer längeren
Belagerung mit Lebensmitteln versehen konnten, hatte die kleine
Insel Arkonnesus, welche den Hafen beherrschte, befestigen lassen,
in Myndus, Thera, Kallipolis, Triopium und Kos, also rings um
den Meerbusen von Doris, Besatzungen gelegt 40), kurz alles so
vorbereitet, daß Halikarnaß der Mittelpunkt höchst erfolgreicher Be-

40) Ich nehme keinen Anstand, die beiden sonst unbekannten
Namen Thera und Kallipolis (vielleicht Leukopolis) an die Küste
zwischen Knidos und Halikarnassus zu setzen, wo auch Plinius eine
Reihe sonst unbekannter Namen hat.
9

die Karier ſich dem Könige zu ergeben wetteiferten. Namentlich
erklärten ſich die Griechiſchen Städte für Alexander, der ihnen ſo-
fort Selbſtſtändigkeit und Steuerfreiheit gab, und die Demokratie
wieder herzuſtellen befahl.

Nur Halikarnaß war noch übrig; dorthin hatte ſich Oronto-
bates zurückgezogen; ebendahin war Memnon, nachdem er in Ephe-
ſus und Milet weder die Gelegenheit günſtig, noch die Zeit hinrei-
chend gefunden hatte, um gegen den Macedoniſchen König erfolg-
reichen Widerſtand zu organiſiren, mit wenigen Reſten der am
Granikus geſchlagenen Armee gekommen, um mit dem Kariſchen
Satrapen vereinigt die letzte wichtige Poſition auf der Kleinaſiati-
ſchen Küſte ſo lange als möglich zu halten; er ſchickte Weib und
Kind an den Großkönig, angeblich, um ſie außer aller Gefahr zu
wiſſen, in der That aber, um ein Zeichen und Unterpfand ſeiner
Treue zu geben, die ſein Griechiſcher Urſprung nur zu oft ſchon zu
verdächtigen Gelegenheit gegeben hatte. Dieſe Hingebung zu ehren
und ſeinem anerkannten und oft erprobten Feldherrntalent die gebüh-
rende Wirkſamkeit zu eröffnen, hatte ihm der Perſerkönig den Ober-
befehl über das untere Aſien und die geſammte Perſiſche Seemacht
übertragen, und in der That, wenn noch etwas für Perſien zu retten
war, ſchien er der Mann zu ſein, der retten konnte; mit a[u]ßeror-
dentlicher Thätigkeit hatte er die Werke von Halikarnaß wieder her-
ſtellen laſſen, die aus Perſern und Söldnern beſtehende Beſatzung
verſtärkt und mit reichlichen Vorräthen verſehen, die im Hafen der
Stadt liegenden Trieren ausgerüſtet, damit ſie die Operationen
in der Feſtung unterſtützen, und die Stadt im Fall einer längeren
Belagerung mit Lebensmitteln verſehen konnten, hatte die kleine
Inſel Arkonneſus, welche den Hafen beherrſchte, befeſtigen laſſen,
in Myndus, Thera, Kallipolis, Triopium und Kos, alſo rings um
den Meerbuſen von Doris, Beſatzungen gelegt 40), kurz alles ſo
vorbereitet, daß Halikarnaß der Mittelpunkt höchſt erfolgreicher Be-

40) Ich nehme keinen Anſtand, die beiden ſonſt unbekannten
Namen Thera und Kallipolis (vielleicht Leukopolis) an die Küſte
zwiſchen Knidos und Halikarnaſſus zu ſetzen, wo auch Plinius eine
Reihe ſonſt unbekannter Namen hat.
9
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0143" n="129"/>
die Karier &#x017F;ich dem Könige zu ergeben wetteiferten. Namentlich<lb/>
erklärten &#x017F;ich die Griechi&#x017F;chen Städte für Alexander, der ihnen &#x017F;o-<lb/>
fort Selb&#x017F;t&#x017F;tändigkeit und Steuerfreiheit gab, und die Demokratie<lb/>
wieder herzu&#x017F;tellen befahl.</p><lb/>
          <p>Nur Halikarnaß war noch übrig; dorthin hatte &#x017F;ich Oronto-<lb/>
bates zurückgezogen; ebendahin war Memnon, nachdem er in Ephe-<lb/>
&#x017F;us und Milet weder die Gelegenheit gün&#x017F;tig, noch die Zeit hinrei-<lb/>
chend gefunden hatte, um gegen den Macedoni&#x017F;chen König erfolg-<lb/>
reichen Wider&#x017F;tand zu organi&#x017F;iren, mit wenigen Re&#x017F;ten der am<lb/>
Granikus ge&#x017F;chlagenen Armee gekommen, um mit dem Kari&#x017F;chen<lb/>
Satrapen vereinigt die letzte wichtige Po&#x017F;ition auf der Kleina&#x017F;iati-<lb/>
&#x017F;chen Kü&#x017F;te &#x017F;o lange als möglich zu halten; er &#x017F;chickte Weib und<lb/>
Kind an den Großkönig, angeblich, um &#x017F;ie außer aller Gefahr zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, in der That aber, um ein Zeichen und Unterpfand &#x017F;einer<lb/>
Treue zu geben, die &#x017F;ein Griechi&#x017F;cher Ur&#x017F;prung nur zu oft &#x017F;chon zu<lb/>
verdächtigen Gelegenheit gegeben hatte. Die&#x017F;e Hingebung zu ehren<lb/>
und &#x017F;einem anerkannten und oft erprobten Feldherrntalent die gebüh-<lb/>
rende Wirk&#x017F;amkeit zu eröffnen, hatte ihm der Per&#x017F;erkönig den Ober-<lb/>
befehl über das untere A&#x017F;ien und die ge&#x017F;ammte Per&#x017F;i&#x017F;che Seemacht<lb/>
übertragen, und in der That, wenn noch etwas für Per&#x017F;ien zu retten<lb/>
war, &#x017F;chien er der Mann zu &#x017F;ein, der retten konnte; mit a<supplied>u</supplied>ßeror-<lb/>
dentlicher Thätigkeit hatte er die Werke von Halikarnaß wieder her-<lb/>
&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en, die aus Per&#x017F;ern und Söldnern be&#x017F;tehende Be&#x017F;atzung<lb/>
ver&#x017F;tärkt und mit reichlichen Vorräthen ver&#x017F;ehen, die im Hafen der<lb/>
Stadt liegenden Trieren ausgerü&#x017F;tet, damit &#x017F;ie die Operationen<lb/>
in der Fe&#x017F;tung unter&#x017F;tützen, und die Stadt im Fall einer längeren<lb/>
Belagerung mit Lebensmitteln ver&#x017F;ehen konnten, hatte die kleine<lb/>
In&#x017F;el Arkonne&#x017F;us, welche den Hafen beherr&#x017F;chte, befe&#x017F;tigen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
in Myndus, Thera, Kallipolis, Triopium und Kos, al&#x017F;o rings um<lb/>
den Meerbu&#x017F;en von Doris, Be&#x017F;atzungen gelegt <note place="foot" n="40)">Ich nehme keinen An&#x017F;tand, die beiden &#x017F;on&#x017F;t unbekannten<lb/>
Namen Thera und Kallipolis (vielleicht Leukopolis) an die Kü&#x017F;te<lb/>
zwi&#x017F;chen Knidos und Halikarna&#x017F;&#x017F;us zu &#x017F;etzen, wo auch Plinius eine<lb/>
Reihe &#x017F;on&#x017F;t unbekannter Namen hat.</note>, kurz alles &#x017F;o<lb/>
vorbereitet, daß Halikarnaß der Mittelpunkt höch&#x017F;t erfolgreicher Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">9</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0143] die Karier ſich dem Könige zu ergeben wetteiferten. Namentlich erklärten ſich die Griechiſchen Städte für Alexander, der ihnen ſo- fort Selbſtſtändigkeit und Steuerfreiheit gab, und die Demokratie wieder herzuſtellen befahl. Nur Halikarnaß war noch übrig; dorthin hatte ſich Oronto- bates zurückgezogen; ebendahin war Memnon, nachdem er in Ephe- ſus und Milet weder die Gelegenheit günſtig, noch die Zeit hinrei- chend gefunden hatte, um gegen den Macedoniſchen König erfolg- reichen Widerſtand zu organiſiren, mit wenigen Reſten der am Granikus geſchlagenen Armee gekommen, um mit dem Kariſchen Satrapen vereinigt die letzte wichtige Poſition auf der Kleinaſiati- ſchen Küſte ſo lange als möglich zu halten; er ſchickte Weib und Kind an den Großkönig, angeblich, um ſie außer aller Gefahr zu wiſſen, in der That aber, um ein Zeichen und Unterpfand ſeiner Treue zu geben, die ſein Griechiſcher Urſprung nur zu oft ſchon zu verdächtigen Gelegenheit gegeben hatte. Dieſe Hingebung zu ehren und ſeinem anerkannten und oft erprobten Feldherrntalent die gebüh- rende Wirkſamkeit zu eröffnen, hatte ihm der Perſerkönig den Ober- befehl über das untere Aſien und die geſammte Perſiſche Seemacht übertragen, und in der That, wenn noch etwas für Perſien zu retten war, ſchien er der Mann zu ſein, der retten konnte; mit außeror- dentlicher Thätigkeit hatte er die Werke von Halikarnaß wieder her- ſtellen laſſen, die aus Perſern und Söldnern beſtehende Beſatzung verſtärkt und mit reichlichen Vorräthen verſehen, die im Hafen der Stadt liegenden Trieren ausgerüſtet, damit ſie die Operationen in der Feſtung unterſtützen, und die Stadt im Fall einer längeren Belagerung mit Lebensmitteln verſehen konnten, hatte die kleine Inſel Arkonneſus, welche den Hafen beherrſchte, befeſtigen laſſen, in Myndus, Thera, Kallipolis, Triopium und Kos, alſo rings um den Meerbuſen von Doris, Beſatzungen gelegt 40), kurz alles ſo vorbereitet, daß Halikarnaß der Mittelpunkt höchſt erfolgreicher Be- 40) Ich nehme keinen Anſtand, die beiden ſonſt unbekannten Namen Thera und Kallipolis (vielleicht Leukopolis) an die Küſte zwiſchen Knidos und Halikarnaſſus zu ſetzen, wo auch Plinius eine Reihe ſonſt unbekannter Namen hat. 9

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/143
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/143>, abgerufen am 21.11.2024.