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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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dividualisirt sich derselbe zu einem Cyklus von Länderformen, deren
geschichtliche Stellung unzweideutig ausgeprägt ist. Die Halbinsel
des Hämus, dem Festlande des geschichtlichen Asiens am nächsten,
ist durch ihre geographischen Verhältnisse als der unmittelbare Ge-
gensatz von Asien gezeichnet. Im reichsten Wechsel von Bergen und
Thälern, durch tiefeindringende Meerbusen, die den einzelnen Land-
schaften den Zugang zum beweglichen Element der Wellen öffnen,
in sich gleichsam vervielfacht, an den Erzeugnissen eines ewig heitern
Himmels zu reich, um das Menschenleben mit Mangel und Elend
kämpfen zu lassen, arm genug, um es nicht in gedankenloser Wol-
lust zu schwächen oder zu träger Sicherheit zu verwöhnen, weckt es
Thätigkeit, Kraft und Lust am raschen Genuß und bedingt nach der
Verschiedenheit von Thälern und Bergen, von Küsten und Binnenland,
von fruchtbaren Geländen und dürftigem Felsboden auf einem kleinsten
Raum den größten Wechsel von Lebensweisen und Bedürfnissen, von
Betriebsamkeit und Verkehr. Zu der allgemeinen Familie der abend-
ländischen Völker gehörig, entwickelten die Autochthonen jenes glücklichen
Landes frühzeitig eine eigenthümliche Beweglichkeit und Mannich-
faltigkeit des Lebens; bald verschwanden die Pelasger vor den Hel-
lenen, der Naturzustand vor der Regsamkeit der erwachten Bildung
und Wanderlust, die die Hellenen nach Osten und Westen verbrei-
tete; vor allen lockten die schönen Inseln der Aegäischen See, die
Küsten im Osten, die in gleicher Weise wie die Heimath von Meer-
buchten durchschnitten, von Gebirgen umschlossen und geschützt sind.
Die Natur selbst hatte den Hellenen diesen östlichen Gegenden zuge-
führt; denn dorthin senken sich die Berge und Thäler seiner Hei-
math, dorthin öffnen sich die Meerbuchten, deren Fahrwasser sich
mit regelmäßigen Etesien, die bis Sonnenuntergang wehen, vereint,
um die Schiffe in kleinen und gefahrlosen Tagefahrten von Insel
zu Insel bis an die Küste Asiens zu führen. Bald füllten sich die
Inseln und die schönen Gestade Joniens mit Griechischen Ansiedlun-
gen, und wetteiferten mit dem Heimathlande an Reichthum, Lebens-
lust und heiterer Kunst; die Gesänge der Homeriden sind das Ver-
mächtniß dieser glückseligen Zeit, da der Grieche in dem engen und
doch so reichen Kreise des heimathlichen Lebens die Anfangsgründe
des Lebens gelernt hat.

So die Heimath des hellenischen Volksthums; Gebirge umzie-

dividualiſirt ſich derſelbe zu einem Cyklus von Länderformen, deren
geſchichtliche Stellung unzweideutig ausgeprägt iſt. Die Halbinſel
des Hämus, dem Feſtlande des geſchichtlichen Aſiens am nächſten,
iſt durch ihre geographiſchen Verhältniſſe als der unmittelbare Ge-
genſatz von Aſien gezeichnet. Im reichſten Wechſel von Bergen und
Thälern, durch tiefeindringende Meerbuſen, die den einzelnen Land-
ſchaften den Zugang zum beweglichen Element der Wellen öffnen,
in ſich gleichſam vervielfacht, an den Erzeugniſſen eines ewig heitern
Himmels zu reich, um das Menſchenleben mit Mangel und Elend
kämpfen zu laſſen, arm genug, um es nicht in gedankenloſer Wol-
luſt zu ſchwächen oder zu träger Sicherheit zu verwöhnen, weckt es
Thätigkeit, Kraft und Luſt am raſchen Genuß und bedingt nach der
Verſchiedenheit von Thälern und Bergen, von Küſten und Binnenland,
von fruchtbaren Geländen und dürftigem Felsboden auf einem kleinſten
Raum den größten Wechſel von Lebensweiſen und Bedürfniſſen, von
Betriebſamkeit und Verkehr. Zu der allgemeinen Familie der abend-
ländiſchen Völker gehörig, entwickelten die Autochthonen jenes glücklichen
Landes frühzeitig eine eigenthümliche Beweglichkeit und Mannich-
faltigkeit des Lebens; bald verſchwanden die Pelasger vor den Hel-
lenen, der Naturzuſtand vor der Regſamkeit der erwachten Bildung
und Wanderluſt, die die Hellenen nach Oſten und Weſten verbrei-
tete; vor allen lockten die ſchönen Inſeln der Aegäiſchen See, die
Küſten im Oſten, die in gleicher Weiſe wie die Heimath von Meer-
buchten durchſchnitten, von Gebirgen umſchloſſen und geſchützt ſind.
Die Natur ſelbſt hatte den Hellenen dieſen öſtlichen Gegenden zuge-
führt; denn dorthin ſenken ſich die Berge und Thäler ſeiner Hei-
math, dorthin öffnen ſich die Meerbuchten, deren Fahrwaſſer ſich
mit regelmäßigen Eteſien, die bis Sonnenuntergang wehen, vereint,
um die Schiffe in kleinen und gefahrloſen Tagefahrten von Inſel
zu Inſel bis an die Küſte Aſiens zu führen. Bald füllten ſich die
Inſeln und die ſchönen Geſtade Joniens mit Griechiſchen Anſiedlun-
gen, und wetteiferten mit dem Heimathlande an Reichthum, Lebens-
luſt und heiterer Kunſt; die Geſänge der Homeriden ſind das Ver-
mächtniß dieſer glückſeligen Zeit, da der Grieche in dem engen und
doch ſo reichen Kreiſe des heimathlichen Lebens die Anfangsgründe
des Lebens gelernt hat.

So die Heimath des helleniſchen Volksthums; Gebirge umzie-

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[4/0018] dividualiſirt ſich derſelbe zu einem Cyklus von Länderformen, deren geſchichtliche Stellung unzweideutig ausgeprägt iſt. Die Halbinſel des Hämus, dem Feſtlande des geſchichtlichen Aſiens am nächſten, iſt durch ihre geographiſchen Verhältniſſe als der unmittelbare Ge- genſatz von Aſien gezeichnet. Im reichſten Wechſel von Bergen und Thälern, durch tiefeindringende Meerbuſen, die den einzelnen Land- ſchaften den Zugang zum beweglichen Element der Wellen öffnen, in ſich gleichſam vervielfacht, an den Erzeugniſſen eines ewig heitern Himmels zu reich, um das Menſchenleben mit Mangel und Elend kämpfen zu laſſen, arm genug, um es nicht in gedankenloſer Wol- luſt zu ſchwächen oder zu träger Sicherheit zu verwöhnen, weckt es Thätigkeit, Kraft und Luſt am raſchen Genuß und bedingt nach der Verſchiedenheit von Thälern und Bergen, von Küſten und Binnenland, von fruchtbaren Geländen und dürftigem Felsboden auf einem kleinſten Raum den größten Wechſel von Lebensweiſen und Bedürfniſſen, von Betriebſamkeit und Verkehr. Zu der allgemeinen Familie der abend- ländiſchen Völker gehörig, entwickelten die Autochthonen jenes glücklichen Landes frühzeitig eine eigenthümliche Beweglichkeit und Mannich- faltigkeit des Lebens; bald verſchwanden die Pelasger vor den Hel- lenen, der Naturzuſtand vor der Regſamkeit der erwachten Bildung und Wanderluſt, die die Hellenen nach Oſten und Weſten verbrei- tete; vor allen lockten die ſchönen Inſeln der Aegäiſchen See, die Küſten im Oſten, die in gleicher Weiſe wie die Heimath von Meer- buchten durchſchnitten, von Gebirgen umſchloſſen und geſchützt ſind. Die Natur ſelbſt hatte den Hellenen dieſen öſtlichen Gegenden zuge- führt; denn dorthin ſenken ſich die Berge und Thäler ſeiner Hei- math, dorthin öffnen ſich die Meerbuchten, deren Fahrwaſſer ſich mit regelmäßigen Eteſien, die bis Sonnenuntergang wehen, vereint, um die Schiffe in kleinen und gefahrloſen Tagefahrten von Inſel zu Inſel bis an die Küſte Aſiens zu führen. Bald füllten ſich die Inſeln und die ſchönen Geſtade Joniens mit Griechiſchen Anſiedlun- gen, und wetteiferten mit dem Heimathlande an Reichthum, Lebens- luſt und heiterer Kunſt; die Geſänge der Homeriden ſind das Ver- mächtniß dieſer glückſeligen Zeit, da der Grieche in dem engen und doch ſo reichen Kreiſe des heimathlichen Lebens die Anfangsgründe des Lebens gelernt hat. So die Heimath des helleniſchen Volksthums; Gebirge umzie-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/18>, abgerufen am 23.11.2024.