Uebrigens lag es am Tage, daß, wenn dies von der Natur so reich ausgestattete Aegypten nicht in entsprechender Weise blü- hend und glücklich war, die Schuld davon besonders darin lag, daß die unter Psammetich und seinen nächsten Nachfolgern eröffnete Verbindung mit der See und den überseeischen Völkern während der Persischen Herrschaft fast ganz aufgegeben und der Handel nach außerhalb in die Hände anderer Völker übergegangen war. Die- sen den Aegyptern wieder zuzuführen und sie zugleich in den raschen und belebenden Verkehr der Völker mit hineinzuziehen, anderer Seits aber dem Griechischen Leben einen Mittelpunkt unter den frem- den Völkern, die Alexander mit jenem zu verschmelzen wünschte, so wie seiner Herrschaft über das Mittelmeer und dessen Küsten einen neuen Haltpunkt zu schaffen, beschloß er die Gründung einer neuen Stadt an der Küste Aegyptens; die Eigenthümlichkeit des schlammführenden Nilstromes, die oft wechselnde Gestalt seiner Mündungen, endlich die Schwierigkeit der Einfahrt in dieselben, veranlaßte ihn, nicht eine von diesen dazu auszuersehen, sondern eine etwas westlichere Stelle der Küste, die mit der vorliegenden Insel Pharos den Griechen aus Homers Gesängen bekannt, von den Aegyptischen Königen aber unter dem Namen Rakotis als Grenzposten gegen Libyen gebraucht war, wovon sowohl die Insel als auch der Landsee Mareotis, gleich oberhalb Rakotis, den Na- men führten 51). Mit den Hypaspisten und dem königlichen Ge- schwader der Macedonischen Ritterschaft, mit den Agrianern und Bogenschützen fuhr Alexander von Memphis aus stromabwärts nach Kanobus, von dort längs der Küste an die bezeichnete Stelle, und überzeugte sich mit eigenen Augen, wie überaus günstig der Strand zwischen dem See Mareotis und der Küste zur Gründung einer Stadt, und der Raum zwischen der Insel und der Küste zur An- legung eines sehr geräumigen und fast gegen jeden Wind sichernden Hafens gelegen sei.
51)Ma-areh (oder Are-phot), der Name des Sees, enthält eben so wie Ph-areh das Aegyptische Wort für Wache; über den Namen Rakotis ist kein Zweifel, wohl aber über den Namen No, wie nach Hieronymus und Cyrillus dieser Ort von den Hebräern soll genannt worden sein.
Uebrigens lag es am Tage, daß, wenn dies von der Natur ſo reich ausgeſtattete Aegypten nicht in entſprechender Weiſe blü- hend und glücklich war, die Schuld davon beſonders darin lag, daß die unter Pſammetich und ſeinen nächſten Nachfolgern eröffnete Verbindung mit der See und den überſeeiſchen Völkern während der Perſiſchen Herrſchaft faſt ganz aufgegeben und der Handel nach außerhalb in die Hände anderer Völker übergegangen war. Die- ſen den Aegyptern wieder zuzuführen und ſie zugleich in den raſchen und belebenden Verkehr der Völker mit hineinzuziehen, anderer Seits aber dem Griechiſchen Leben einen Mittelpunkt unter den frem- den Völkern, die Alexander mit jenem zu verſchmelzen wünſchte, ſo wie ſeiner Herrſchaft über das Mittelmeer und deſſen Küſten einen neuen Haltpunkt zu ſchaffen, beſchloß er die Gründung einer neuen Stadt an der Küſte Aegyptens; die Eigenthümlichkeit des ſchlammführenden Nilſtromes, die oft wechſelnde Geſtalt ſeiner Mündungen, endlich die Schwierigkeit der Einfahrt in dieſelben, veranlaßte ihn, nicht eine von dieſen dazu auszuerſehen, ſondern eine etwas weſtlichere Stelle der Küſte, die mit der vorliegenden Inſel Pharos den Griechen aus Homers Geſängen bekannt, von den Aegyptiſchen Königen aber unter dem Namen Rakotis als Grenzpoſten gegen Libyen gebraucht war, wovon ſowohl die Inſel als auch der Landſee Mareotis, gleich oberhalb Rakotis, den Na- men führten 51). Mit den Hypaspiſten und dem königlichen Ge- ſchwader der Macedoniſchen Ritterſchaft, mit den Agrianern und Bogenſchützen fuhr Alexander von Memphis aus ſtromabwärts nach Kanobus, von dort längs der Küſte an die bezeichnete Stelle, und überzeugte ſich mit eigenen Augen, wie überaus günſtig der Strand zwiſchen dem See Mareotis und der Küſte zur Gründung einer Stadt, und der Raum zwiſchen der Inſel und der Küſte zur An- legung eines ſehr geräumigen und faſt gegen jeden Wind ſichernden Hafens gelegen ſei.
51)Ma-areh (oder Are-phot), der Name des Sees, enthält eben ſo wie Ph-areh das Aegyptiſche Wort für Wache; über den Namen Rakotis iſt kein Zweifel, wohl aber über den Namen No, wie nach Hieronymus und Cyrillus dieſer Ort von den Hebräern ſoll genannt worden ſein.
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Uebrigens lag es am Tage, daß, wenn dies von der Natur
ſo reich ausgeſtattete Aegypten nicht in entſprechender Weiſe blü-
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die unter Pſammetich und ſeinen nächſten Nachfolgern eröffnete
Verbindung mit der See und den überſeeiſchen Völkern während
der Perſiſchen Herrſchaft faſt ganz aufgegeben und der Handel nach
außerhalb in die Hände anderer Völker übergegangen war. Die-
ſen den Aegyptern wieder zuzuführen und ſie zugleich in den raſchen
und belebenden Verkehr der Völker mit hineinzuziehen, anderer Seits
aber dem Griechiſchen Leben einen Mittelpunkt unter den frem-
den Völkern, die Alexander mit jenem zu verſchmelzen wünſchte,
ſo wie ſeiner Herrſchaft über das Mittelmeer und deſſen Küſten
einen neuen Haltpunkt zu ſchaffen, beſchloß er die Gründung einer
neuen Stadt an der Küſte Aegyptens; die Eigenthümlichkeit des
ſchlammführenden Nilſtromes, die oft wechſelnde Geſtalt ſeiner
Mündungen, endlich die Schwierigkeit der Einfahrt in dieſelben,
veranlaßte ihn, nicht eine von dieſen dazu auszuerſehen, ſondern
eine etwas weſtlichere Stelle der Küſte, die mit der vorliegenden
Inſel Pharos den Griechen aus Homers Geſängen bekannt, von
den Aegyptiſchen Königen aber unter dem Namen Rakotis als
Grenzpoſten gegen Libyen gebraucht war, wovon ſowohl die Inſel
als auch der Landſee Mareotis, gleich oberhalb Rakotis, den Na-
men führten 51). Mit den Hypaspiſten und dem königlichen Ge-
ſchwader der Macedoniſchen Ritterſchaft, mit den Agrianern und
Bogenſchützen fuhr Alexander von Memphis aus ſtromabwärts nach
Kanobus, von dort längs der Küſte an die bezeichnete Stelle, und
überzeugte ſich mit eigenen Augen, wie überaus günſtig der Strand
zwiſchen dem See Mareotis und der Küſte zur Gründung einer
Stadt, und der Raum zwiſchen der Inſel und der Küſte zur An-
legung eines ſehr geräumigen und faſt gegen jeden Wind ſichernden
Hafens gelegen ſei.
51) Ma-areh (oder Are-phot), der Name des Sees, enthält eben
ſo wie Ph-areh das Aegyptiſche Wort für Wache; über den Namen
Rakotis iſt kein Zweifel, wohl aber über den Namen No, wie nach
Hieronymus und Cyrillus dieſer Ort von den Hebräern ſoll genannt
worden ſein.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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