beschwerlichen Zug, den die wilden Stämme jener Berge beutelü- stern zu überfallen bereit lagen; sie zu bekämpfen wäre zu zeitrau- bend, wenn nicht gar erfolglos gewesen; so eilte Alexander, mit den Bogenschützen an der Spitze des Zuges, hinabzukommen, und erst als er schon vier Tage in seinem Lager am Flusse Stibötes stand, kamen die Agrianer, die Nachhut des Zuges, nicht ohne ein- zelne Gefechte mit den Barbaren, von den Bergen herab. Dann rückte Alexander auf dem Wege nach Zadracarta vor, wo denn auch demnächst Kraterus und Erigyius eintrafen, dieser mit den Wagen und dem Gepäck, Kraterus mit dem Bericht, daß er zwar die Griechischen Söldner nicht getroffen, daß dagegen die Tapu- rier theils mit Gewalt unterworfen seien, theils sich freiwillig er- geben hätten.
Schon in dem Lager am Stibötes hatte Alexander Boten vom Nabarzanes erhalten, der sich bereit erklärte, die Sache des Bessus zu verlassen und sich der Gnade Alexanders zu unterwerfen; auf dem weiteren Wege war der Satrap Phrataphernes nebst meh- reren anderen der angesehensten Perser 72) aus der Umgebung des Darius zu Alexander gekommen und hatte sich unterworfen; den Bruder des Großkönigs, Oxathres, nahm er sogleich unter die Zahl der Getreuen auf; der Chiliarch, einer von denen, die Darius ge- bunden hatten, mochte sich mit der Verzeihung für sein Verbrechen begnügen müssen; sein Name, sonst einer der ersten im Reiche, ver- schwindet aus der Geschichte; Phrataphernes dagegen und seine beiden Söhne Pharismanes und Sissines gewannen bald Alexan- ders hohes Vertrauen, dessen sie sich in mehr als einer Gefahr würdig zeigen sollten; in Kurzem erhielt der Vater seine Satrapien Parthien und Hyrkanien zurück 73). -- Bald darauf, es war im Lager von Zadracarta, kam der greise Artabazus mit dreien seiner Söhne, Arsames, Kophen und Ariobarzanes, dem muthigen Ver-
72) Curtius sagt: cum propinquis Darii; VI. 5. 1., aber 2. 9. erzählt er, daß beim Ueberfall bereits mehrere edle Perser und Per- serinnen in Alexanders Hände gefallen seien; er nennt dort na- mentlich des Königs Ochus Tochter (Parysatis? Arrian. VII. 4. 6.) und des Königs Darius Bruder Oxathres; cf. Plut.
73)Arrian. III. 28. 4.
beſchwerlichen Zug, den die wilden Stämme jener Berge beutelü- ſtern zu überfallen bereit lagen; ſie zu bekämpfen wäre zu zeitrau- bend, wenn nicht gar erfolglos geweſen; ſo eilte Alexander, mit den Bogenſchützen an der Spitze des Zuges, hinabzukommen, und erſt als er ſchon vier Tage in ſeinem Lager am Fluſſe Stibötes ſtand, kamen die Agrianer, die Nachhut des Zuges, nicht ohne ein- zelne Gefechte mit den Barbaren, von den Bergen herab. Dann rückte Alexander auf dem Wege nach Zadracarta vor, wo denn auch demnächſt Kraterus und Erigyius eintrafen, dieſer mit den Wagen und dem Gepäck, Kraterus mit dem Bericht, daß er zwar die Griechiſchen Söldner nicht getroffen, daß dagegen die Tapu- rier theils mit Gewalt unterworfen ſeien, theils ſich freiwillig er- geben hätten.
Schon in dem Lager am Stibötes hatte Alexander Boten vom Nabarzanes erhalten, der ſich bereit erklärte, die Sache des Beſſus zu verlaſſen und ſich der Gnade Alexanders zu unterwerfen; auf dem weiteren Wege war der Satrap Phrataphernes nebſt meh- reren anderen der angeſehenſten Perſer 72) aus der Umgebung des Darius zu Alexander gekommen und hatte ſich unterworfen; den Bruder des Großkönigs, Oxathres, nahm er ſogleich unter die Zahl der Getreuen auf; der Chiliarch, einer von denen, die Darius ge- bunden hatten, mochte ſich mit der Verzeihung für ſein Verbrechen begnügen müſſen; ſein Name, ſonſt einer der erſten im Reiche, ver- ſchwindet aus der Geſchichte; Phrataphernes dagegen und ſeine beiden Söhne Pharismanes und Siſſines gewannen bald Alexan- ders hohes Vertrauen, deſſen ſie ſich in mehr als einer Gefahr würdig zeigen ſollten; in Kurzem erhielt der Vater ſeine Satrapien Parthien und Hyrkanien zurück 73). — Bald darauf, es war im Lager von Zadracarta, kam der greiſe Artabazus mit dreien ſeiner Söhne, Arſames, Kophen und Ariobarzanes, dem muthigen Ver-
72) Curtius ſagt: cum propinquis Darii; VI. 5. 1., aber 2. 9. erzählt er, daß beim Ueberfall bereits mehrere edle Perſer und Per- ſerinnen in Alexanders Hände gefallen ſeien; er nennt dort na- mentlich des Königs Ochus Tochter (Paryſatis? Arrian. VII. 4. 6.) und des Königs Darius Bruder Oxathres; cf. Plut.
73)Arrian. III. 28. 4.
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beſchwerlichen Zug, den die wilden Stämme jener Berge beutelü-
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den Bogenſchützen an der Spitze des Zuges, hinabzukommen, und
erſt als er ſchon vier Tage in ſeinem Lager am Fluſſe Stibötes
ſtand, kamen die Agrianer, die Nachhut des Zuges, nicht ohne ein-
zelne Gefechte mit den Barbaren, von den Bergen herab. Dann
rückte Alexander auf dem Wege nach Zadracarta vor, wo denn
auch demnächſt Kraterus und Erigyius eintrafen, dieſer mit den
Wagen und dem Gepäck, Kraterus mit dem Bericht, daß er zwar
die Griechiſchen Söldner nicht getroffen, daß dagegen die Tapu-
rier theils mit Gewalt unterworfen ſeien, theils ſich freiwillig er-
geben hätten.
Schon in dem Lager am Stibötes hatte Alexander Boten
vom Nabarzanes erhalten, der ſich bereit erklärte, die Sache des
Beſſus zu verlaſſen und ſich der Gnade Alexanders zu unterwerfen;
auf dem weiteren Wege war der Satrap Phrataphernes nebſt meh-
reren anderen der angeſehenſten Perſer 72) aus der Umgebung des
Darius zu Alexander gekommen und hatte ſich unterworfen; den
Bruder des Großkönigs, Oxathres, nahm er ſogleich unter die Zahl
der Getreuen auf; der Chiliarch, einer von denen, die Darius ge-
bunden hatten, mochte ſich mit der Verzeihung für ſein Verbrechen
begnügen müſſen; ſein Name, ſonſt einer der erſten im Reiche, ver-
ſchwindet aus der Geſchichte; Phrataphernes dagegen und ſeine
beiden Söhne Pharismanes und Siſſines gewannen bald Alexan-
ders hohes Vertrauen, deſſen ſie ſich in mehr als einer Gefahr
würdig zeigen ſollten; in Kurzem erhielt der Vater ſeine Satrapien
Parthien und Hyrkanien zurück 73). — Bald darauf, es war im
Lager von Zadracarta, kam der greiſe Artabazus mit dreien ſeiner
Söhne, Arſames, Kophen und Ariobarzanes, dem muthigen Ver-
72) Curtius ſagt: cum propinquis Darii; VI. 5. 1., aber 2. 9.
erzählt er, daß beim Ueberfall bereits mehrere edle Perſer und Per-
ſerinnen in Alexanders Hände gefallen ſeien; er nennt dort na-
mentlich des Königs Ochus Tochter (Paryſatis? Arrian. VII. 4. 6.)
und des Königs Darius Bruder Oxathres; cf. Plut.
73) Arrian.
III. 28. 4.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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