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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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nach der Sitte der Väter ihn und seine Genossen. Kallisthe-
nes aber, der wenn auch nicht unmittelbaren Antheil an dem Ver-
brechen gehabt hatte, wurde in Ketten geworfen, um später im
Beisein des Aristoteles, gegen dessen Treue der König Zweifel zu
hegen begann, gerichtet zu werden. Alexander schrieb darüber an
Antipater: "die jungen Verräther sind von den Macedoniern gestei-
nigt worden, den Sophisten aber will ich selbst bestrafen, und auch
diejenigen, die ihn zu mir geschickt haben, und die in ihren Städ-
ten Verräther gegen mich aufnehmen". Kallisthenes aber starb, be-
vor er gerichtet war, während des Indischen Feldzuges an der
Läusesucht 89). --


89) Die Angaben über Kallisthenes Schuld und Tod weichen
vielfach von einander ab. Nach Alexanders Brief an Atralus, den
Oheim des Sostratus (Plut. 55.), hatten die Verschworenen jede
anderweite Theilnahme an ihrem Verbrechen abgeleugnet; daß aber
Kallisthenes die Gesinnung der jungen Leute gekannt und mit klu-
ger Vorsicht auf den Königsmord geleitet habe, ist nach seinem
Charakter und durch die Angaben des Ptolemäus und Aristobul
(Arrian. IV. 14. 1.) ausgemacht. Vor Allem ist diese Geschichte mit
großer Partheilichkeit gegen den König entstellt worden; die Philo-
sophen, Gelehrten und Gebildeten des Alterthums verschreien Ale-
xanders Gerechtigkeit als eine Barbarei gegen das sacrosancte
Haupt eines wissenschaftlichen Mannes, der leider mehr Eitelkeit
als Verstand hatte, wie sein Oheim und Lehrer Aristoteles selbst
sagte, cf. St. Croix p. 365.; derselbe hatte ihn beim Abschiede er-
mahnt, ut cum rege aut rarissime aut quam jucundissime lo-
queretur
. Dieß und Aehnliches weiset Stahr in seinen trefflichen
Aristoteliis (1. p. 124.) nach, und es ist nur zu bedauern, daß er
das allgemeine Vorurtheil für Kallisthenes theilt. -- Die ganze
Verschwörungsgeschichte ist im Obigen nach den übereinstimmenden
Berichten des Aristobul und Chares erzählt worden; Ptolemäus
weicht nur über Kallisthenes Tod ab; er sagt, der Sophist sei ge-
foltert und dann aufgeknüpft worden. Arrian 1. c. Nach Suidas
wurde mit ihm zugleich sein Freund, der Dichter Neophron aus Si-
cyon, hingerichtet, den Elmsley, wunderlich genug, zu einem älteren
Zeitgenossen des Euripides gemacht hat.

nach der Sitte der Vaͤter ihn und ſeine Genoſſen. Kalliſthe-
nes aber, der wenn auch nicht unmittelbaren Antheil an dem Ver-
brechen gehabt hatte, wurde in Ketten geworfen, um ſpaͤter im
Beiſein des Ariſtoteles, gegen deſſen Treue der Koͤnig Zweifel zu
hegen begann, gerichtet zu werden. Alexander ſchrieb daruͤber an
Antipater: „die jungen Verraͤther ſind von den Macedoniern geſtei-
nigt worden, den Sophiſten aber will ich ſelbſt beſtrafen, und auch
diejenigen, die ihn zu mir geſchickt haben, und die in ihren Staͤd-
ten Verraͤther gegen mich aufnehmen“. Kalliſthenes aber ſtarb, be-
vor er gerichtet war, waͤhrend des Indiſchen Feldzuges an der
Laͤuſeſucht 89). —


89) Die Angaben uͤber Kalliſthenes Schuld und Tod weichen
vielfach von einander ab. Nach Alexanders Brief an Atralus, den
Oheim des Soſtratus (Plut. 55.), hatten die Verſchworenen jede
anderweite Theilnahme an ihrem Verbrechen abgeleugnet; daß aber
Kalliſthenes die Geſinnung der jungen Leute gekannt und mit klu-
ger Vorſicht auf den Koͤnigsmord geleitet habe, iſt nach ſeinem
Charakter und durch die Angaben des Ptolemaͤus und Ariſtobul
(Arrian. IV. 14. 1.) ausgemacht. Vor Allem iſt dieſe Geſchichte mit
großer Partheilichkeit gegen den Koͤnig entſtellt worden; die Philo-
ſophen, Gelehrten und Gebildeten des Alterthums verſchreien Ale-
xanders Gerechtigkeit als eine Barbarei gegen das ſacroſancte
Haupt eines wiſſenſchaftlichen Mannes, der leider mehr Eitelkeit
als Verſtand hatte, wie ſein Oheim und Lehrer Ariſtoteles ſelbſt
ſagte, cf. St. Croix p. 365.; derſelbe hatte ihn beim Abſchiede er-
mahnt, ut cum rege aut rarissime aut quam jucundissime lo-
queretur
. Dieß und Aehnliches weiſet Stahr in ſeinen trefflichen
Aristoteliis (1. p. 124.) nach, und es iſt nur zu bedauern, daß er
das allgemeine Vorurtheil fuͤr Kalliſthenes theilt. — Die ganze
Verſchwoͤrungsgeſchichte iſt im Obigen nach den uͤbereinſtimmenden
Berichten des Ariſtobul und Chares erzaͤhlt worden; Ptolemaͤus
weicht nur uͤber Kalliſthenes Tod ab; er ſagt, der Sophiſt ſei ge-
foltert und dann aufgeknuͤpft worden. Arrian 1. c. Nach Suidas
wurde mit ihm zugleich ſein Freund, der Dichter Neophron aus Si-
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[357/0371] nach der Sitte der Vaͤter ihn und ſeine Genoſſen. Kalliſthe- nes aber, der wenn auch nicht unmittelbaren Antheil an dem Ver- brechen gehabt hatte, wurde in Ketten geworfen, um ſpaͤter im Beiſein des Ariſtoteles, gegen deſſen Treue der Koͤnig Zweifel zu hegen begann, gerichtet zu werden. Alexander ſchrieb daruͤber an Antipater: „die jungen Verraͤther ſind von den Macedoniern geſtei- nigt worden, den Sophiſten aber will ich ſelbſt beſtrafen, und auch diejenigen, die ihn zu mir geſchickt haben, und die in ihren Staͤd- ten Verraͤther gegen mich aufnehmen“. Kalliſthenes aber ſtarb, be- vor er gerichtet war, waͤhrend des Indiſchen Feldzuges an der Laͤuſeſucht 89). — 89) Die Angaben uͤber Kalliſthenes Schuld und Tod weichen vielfach von einander ab. Nach Alexanders Brief an Atralus, den Oheim des Soſtratus (Plut. 55.), hatten die Verſchworenen jede anderweite Theilnahme an ihrem Verbrechen abgeleugnet; daß aber Kalliſthenes die Geſinnung der jungen Leute gekannt und mit klu- ger Vorſicht auf den Koͤnigsmord geleitet habe, iſt nach ſeinem Charakter und durch die Angaben des Ptolemaͤus und Ariſtobul (Arrian. IV. 14. 1.) ausgemacht. Vor Allem iſt dieſe Geſchichte mit großer Partheilichkeit gegen den Koͤnig entſtellt worden; die Philo- ſophen, Gelehrten und Gebildeten des Alterthums verſchreien Ale- xanders Gerechtigkeit als eine Barbarei gegen das ſacroſancte Haupt eines wiſſenſchaftlichen Mannes, der leider mehr Eitelkeit als Verſtand hatte, wie ſein Oheim und Lehrer Ariſtoteles ſelbſt ſagte, cf. St. Croix p. 365.; derſelbe hatte ihn beim Abſchiede er- mahnt, ut cum rege aut rarissime aut quam jucundissime lo- queretur. Dieß und Aehnliches weiſet Stahr in ſeinen trefflichen Aristoteliis (1. p. 124.) nach, und es iſt nur zu bedauern, daß er das allgemeine Vorurtheil fuͤr Kalliſthenes theilt. — Die ganze Verſchwoͤrungsgeſchichte iſt im Obigen nach den uͤbereinſtimmenden Berichten des Ariſtobul und Chares erzaͤhlt worden; Ptolemaͤus weicht nur uͤber Kalliſthenes Tod ab; er ſagt, der Sophiſt ſei ge- foltert und dann aufgeknuͤpft worden. Arrian 1. c. Nach Suidas wurde mit ihm zugleich ſein Freund, der Dichter Neophron aus Si- cyon, hingerichtet, den Elmsley, wunderlich genug, zu einem aͤlteren Zeitgenoſſen des Euripides gemacht hat.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/371>, abgerufen am 29.11.2024.