Ungehindert rückte Ochus in Memphis ein, entschlossen, das Land seinen ganzen Zorn fühlen zu lassen; die Zeiten des Königs Kambyses erneuten sich; viele Aegyptier wurden hingerichtet, den heiligen Apis durchbohrte der König mit eigener Hand, befahl die Heiligthümer ihres Schmuckes, ihres Goldes, selbst ihrer heiligen Bücher zu berauben, und nur mit schwerem Gelde konnten diese wieder zurückgekauft werden. So wurde Aegypten für eine sechzig- jährige Unabhängigkeit mit der blutigsten Strenge gestraft; Ochus erhielt in hieroglyphischen Tempelannalen wie im Munde des Volks den Namen "der Dolch". Nachdem Pherendakes zum Satrapen ein- gesetzt, und die Griechischen Söldner reich beschenkt entlassen waren, kehrte der König mit großer Beute und noch größerem Ruhme nach Babylon zurück.
Das Persische Reich stand gewaltiger als jemals, nur daß es nicht Persische, sondern Griechische Feldherren und Truppen gewe- sen waren, die den Sieg entschieden hatten. Der König Ochus, der sich in dem ächt despotischen, launenhaften Wechsel wilder Kraftäußerung und gedankenloser Erschlaffung fortan ganz seinem Hang zur Wollust hingab, überließ das Innere des Reiches seinem Liebling, dem Chiliarchen Bagoas, während Mentor die Provinzen des unteren Asiens erhielt; beide, Bagoas und Mentor, waren mit einander im Einverständniß, sie lenkten den König, sie hatten alle Macht, das Wohl und Wehe des Reiches lag in ihren Händen.
Zunächst benutzte Mentor sein Ansehn dazu, seinen Bruder Memnon, seinen Schwager Artabazus und dessen Familie, die bis- her bei dem Macedonischen Könige einen Zufluchtsort gefunden hatten, wieder zu Macht und Ehre zu bringen. Sodann ging er daran, die Dynasten Kleinasiens, die sich während des Aegyptischen Krieges allzu frei benommen hatten, wieder zu unterwerfen; er be- gann damit, in Verbindung mit seinem Bruder Memnon den Ty- rannen Hermeas von Atarnea in Aeolis, den Verwandten des großen Aristoteles, und seine Anhänger durch Hinterlist zum Gehor- sam zurückzubringen; dieß und die Bewältigung der andern Klein- asiaten, die sich empört hatten, machte sein Ansehn beim Könige und seine Macht im untern Asien noch entschiedener. -- Indeß hatte Memnon bei seinem Aufenthalte in Macedonien wohl zu er- kennen Gelegenheit gehabt, wohin sich des Königs Philipp Plane
Ungehindert rückte Ochus in Memphis ein, entſchloſſen, das Land ſeinen ganzen Zorn fühlen zu laſſen; die Zeiten des Königs Kambyſes erneuten ſich; viele Aegyptier wurden hingerichtet, den heiligen Apis durchbohrte der König mit eigener Hand, befahl die Heiligthümer ihres Schmuckes, ihres Goldes, ſelbſt ihrer heiligen Bücher zu berauben, und nur mit ſchwerem Gelde konnten dieſe wieder zurückgekauft werden. So wurde Aegypten für eine ſechzig- jährige Unabhängigkeit mit der blutigſten Strenge geſtraft; Ochus erhielt in hieroglyphiſchen Tempelannalen wie im Munde des Volks den Namen „der Dolch“. Nachdem Pherendakes zum Satrapen ein- geſetzt, und die Griechiſchen Söldner reich beſchenkt entlaſſen waren, kehrte der König mit großer Beute und noch größerem Ruhme nach Babylon zurück.
Das Perſiſche Reich ſtand gewaltiger als jemals, nur daß es nicht Perſiſche, ſondern Griechiſche Feldherren und Truppen gewe- ſen waren, die den Sieg entſchieden hatten. Der König Ochus, der ſich in dem ächt despotiſchen, launenhaften Wechſel wilder Kraftäußerung und gedankenloſer Erſchlaffung fortan ganz ſeinem Hang zur Wolluſt hingab, überließ das Innere des Reiches ſeinem Liebling, dem Chiliarchen Bagoas, während Mentor die Provinzen des unteren Aſiens erhielt; beide, Bagoas und Mentor, waren mit einander im Einverſtändniß, ſie lenkten den König, ſie hatten alle Macht, das Wohl und Wehe des Reiches lag in ihren Händen.
Zunächſt benutzte Mentor ſein Anſehn dazu, ſeinen Bruder Memnon, ſeinen Schwager Artabazus und deſſen Familie, die bis- her bei dem Macedoniſchen Könige einen Zufluchtsort gefunden hatten, wieder zu Macht und Ehre zu bringen. Sodann ging er daran, die Dynaſten Kleinaſiens, die ſich während des Aegyptiſchen Krieges allzu frei benommen hatten, wieder zu unterwerfen; er be- gann damit, in Verbindung mit ſeinem Bruder Memnon den Ty- rannen Hermeas von Atarnea in Aeolis, den Verwandten des großen Ariſtoteles, und ſeine Anhänger durch Hinterliſt zum Gehor- ſam zurückzubringen; dieß und die Bewältigung der andern Klein- aſiaten, die ſich empört hatten, machte ſein Anſehn beim Könige und ſeine Macht im untern Aſien noch entſchiedener. — Indeß hatte Memnon bei ſeinem Aufenthalte in Macedonien wohl zu er- kennen Gelegenheit gehabt, wohin ſich des Königs Philipp Plane
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[29/0043]
Ungehindert rückte Ochus in Memphis ein, entſchloſſen, das
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Kambyſes erneuten ſich; viele Aegyptier wurden hingerichtet, den
heiligen Apis durchbohrte der König mit eigener Hand, befahl die
Heiligthümer ihres Schmuckes, ihres Goldes, ſelbſt ihrer heiligen
Bücher zu berauben, und nur mit ſchwerem Gelde konnten dieſe
wieder zurückgekauft werden. So wurde Aegypten für eine ſechzig-
jährige Unabhängigkeit mit der blutigſten Strenge geſtraft; Ochus
erhielt in hieroglyphiſchen Tempelannalen wie im Munde des Volks
den Namen „der Dolch“. Nachdem Pherendakes zum Satrapen ein-
geſetzt, und die Griechiſchen Söldner reich beſchenkt entlaſſen waren,
kehrte der König mit großer Beute und noch größerem Ruhme
nach Babylon zurück.
Das Perſiſche Reich ſtand gewaltiger als jemals, nur daß es
nicht Perſiſche, ſondern Griechiſche Feldherren und Truppen gewe-
ſen waren, die den Sieg entſchieden hatten. Der König Ochus,
der ſich in dem ächt despotiſchen, launenhaften Wechſel wilder
Kraftäußerung und gedankenloſer Erſchlaffung fortan ganz ſeinem
Hang zur Wolluſt hingab, überließ das Innere des Reiches ſeinem
Liebling, dem Chiliarchen Bagoas, während Mentor die Provinzen
des unteren Aſiens erhielt; beide, Bagoas und Mentor, waren mit
einander im Einverſtändniß, ſie lenkten den König, ſie hatten alle
Macht, das Wohl und Wehe des Reiches lag in ihren Händen.
Zunächſt benutzte Mentor ſein Anſehn dazu, ſeinen Bruder
Memnon, ſeinen Schwager Artabazus und deſſen Familie, die bis-
her bei dem Macedoniſchen Könige einen Zufluchtsort gefunden
hatten, wieder zu Macht und Ehre zu bringen. Sodann ging er
daran, die Dynaſten Kleinaſiens, die ſich während des Aegyptiſchen
Krieges allzu frei benommen hatten, wieder zu unterwerfen; er be-
gann damit, in Verbindung mit ſeinem Bruder Memnon den Ty-
rannen Hermeas von Atarnea in Aeolis, den Verwandten des
großen Ariſtoteles, und ſeine Anhänger durch Hinterliſt zum Gehor-
ſam zurückzubringen; dieß und die Bewältigung der andern Klein-
aſiaten, die ſich empört hatten, machte ſein Anſehn beim Könige
und ſeine Macht im untern Aſien noch entſchiedener. — Indeß
hatte Memnon bei ſeinem Aufenthalte in Macedonien wohl zu er-
kennen Gelegenheit gehabt, wohin ſich des Königs Philipp Plane
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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