Verluste bewahrt. Nektanebus hatte sich auf das Trefflichste gerü- stet, und, obschon die Zahl seiner Streiter geringer war, so gab ihm doch das Andenken früherer Siege die beste Hoffnung; freilich fehlten ihm die trefflichen Griechischen Generale von damals; aber noch hatte er zwanzigtausend Griechen unter den Waffen, dazu eben so viel Libyer und sechzigtausend Aegyptische Krieger; eine unzählige Menge von Nilschiffen war im Stande, den Feinden jeden Flußübergang unmöglich zu machen, selbst wenn sie die Reihe von Verschanzun- gen, die am rechten Nilarm entlang lagen, überschritten.
Das Perserheer vor Pelusium war in drei Colonnen getheilt, von denen die eine, die Böotier mit sehr vielem Persischen Fuß- und Reutervolk unter Lakrates und dem Lydischen Satrapen Roisa- kes Pelusium beobachtete, die zweite, aus den Argivern und fünftausend ausgewählten Persern unter Nikostratus und Aristazanes bestehend, auf achtzig Schiffen jenseits Pelusium die Landung forciren, endlich die dritte, die aus Mentors Söldnern und den sechstausend Griechen, die Bagoas führte, und vielem anderen Volke bestand, sich südlich wen- den sollte, um wo möglich Pelusium abzuschneiden. Durch die Kühn- heit des Nikostratus und seiner Argiver gelang die Besetzung einer wichtigen Position innerhalb des Delta, im Rücken der feindlichen Linie, die nun Nektanebus, eben so muthlos in der Gefahr, wie vorher voll Selbstvertrauen, aufzugeben eilte, um sich in die Burg von Memphis zu werfen. Pelusium, der Schlüssel Aegyptens, war umzingelt, nach sehr tapferem Widerstande ergab sich die Griechi- sche Besatzung unter ehrenvollen Bedingungen. Jetzt rückte Men- tor und Bagoas gegen Bubastus vor; die Aufforderungen zur Un- terwerfung, die Drohung, bei unnützem Widerstande die Strafe, welche Sidon erlitten, zu wiederholen, verfeindeten in allen Städ- ten die Griechischen Besatzungen, die bereit waren bis in den Tod zu kämpfen, mit den feigeren Aegyptiern; der Einnahme von Bu- bastus, die dem Lieblinge des Königs, Bagoas, das Leben gekostet hätte, wenn nicht Mentor zu seiner Rettung herbeigeeilt wäre, folgte schnell die Besetzung der anderen Städte des niederen Landes; die Perserheere rückten der Hauptstadt immer näher. Jetzt hielt sich Nektanebus nicht mehr sicher in seiner Hauptstadt; er gab es auf für ein Reich zu kämpfen; er rettete sich mit seinen Schätzen stromauf nach Aethiopien.
Verluſte bewahrt. Nektanebus hatte ſich auf das Trefflichſte gerü- ſtet, und, obſchon die Zahl ſeiner Streiter geringer war, ſo gab ihm doch das Andenken früherer Siege die beſte Hoffnung; freilich fehlten ihm die trefflichen Griechiſchen Generale von damals; aber noch hatte er zwanzigtauſend Griechen unter den Waffen, dazu eben ſo viel Libyer und ſechzigtauſend Aegyptiſche Krieger; eine unzählige Menge von Nilſchiffen war im Stande, den Feinden jeden Flußübergang unmöglich zu machen, ſelbſt wenn ſie die Reihe von Verſchanzun- gen, die am rechten Nilarm entlang lagen, überſchritten.
Das Perſerheer vor Peluſium war in drei Colonnen getheilt, von denen die eine, die Böotier mit ſehr vielem Perſiſchen Fuß- und Reutervolk unter Lakrates und dem Lydiſchen Satrapen Roiſa- kes Peluſium beobachtete, die zweite, aus den Argivern und fünftauſend ausgewählten Perſern unter Nikoſtratus und Ariſtazanes beſtehend, auf achtzig Schiffen jenſeits Peluſium die Landung forciren, endlich die dritte, die aus Mentors Söldnern und den ſechstauſend Griechen, die Bagoas führte, und vielem anderen Volke beſtand, ſich ſüdlich wen- den ſollte, um wo möglich Peluſium abzuſchneiden. Durch die Kühn- heit des Nikoſtratus und ſeiner Argiver gelang die Beſetzung einer wichtigen Poſition innerhalb des Delta, im Rücken der feindlichen Linie, die nun Nektanebus, eben ſo muthlos in der Gefahr, wie vorher voll Selbſtvertrauen, aufzugeben eilte, um ſich in die Burg von Memphis zu werfen. Peluſium, der Schlüſſel Aegyptens, war umzingelt, nach ſehr tapferem Widerſtande ergab ſich die Griechi- ſche Beſatzung unter ehrenvollen Bedingungen. Jetzt rückte Men- tor und Bagoas gegen Bubaſtus vor; die Aufforderungen zur Un- terwerfung, die Drohung, bei unnützem Widerſtande die Strafe, welche Sidon erlitten, zu wiederholen, verfeindeten in allen Städ- ten die Griechiſchen Beſatzungen, die bereit waren bis in den Tod zu kämpfen, mit den feigeren Aegyptiern; der Einnahme von Bu- baſtus, die dem Lieblinge des Königs, Bagoas, das Leben gekoſtet hätte, wenn nicht Mentor zu ſeiner Rettung herbeigeeilt wäre, folgte ſchnell die Beſetzung der anderen Städte des niederen Landes; die Perſerheere rückten der Hauptſtadt immer näher. Jetzt hielt ſich Nektanebus nicht mehr ſicher in ſeiner Hauptſtadt; er gab es auf für ein Reich zu kämpfen; er rettete ſich mit ſeinen Schätzen ſtromauf nach Aethiopien.
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Verluſte bewahrt. Nektanebus hatte ſich auf das Trefflichſte gerü-
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ihm doch das Andenken früherer Siege die beſte Hoffnung; freilich
fehlten ihm die trefflichen Griechiſchen Generale von damals; aber noch
hatte er zwanzigtauſend Griechen unter den Waffen, dazu eben ſo
viel Libyer und ſechzigtauſend Aegyptiſche Krieger; eine unzählige Menge
von Nilſchiffen war im Stande, den Feinden jeden Flußübergang
unmöglich zu machen, ſelbſt wenn ſie die Reihe von Verſchanzun-
gen, die am rechten Nilarm entlang lagen, überſchritten.
Das Perſerheer vor Peluſium war in drei Colonnen getheilt,
von denen die eine, die Böotier mit ſehr vielem Perſiſchen Fuß-
und Reutervolk unter Lakrates und dem Lydiſchen Satrapen Roiſa-
kes Peluſium beobachtete, die zweite, aus den Argivern und fünftauſend
ausgewählten Perſern unter Nikoſtratus und Ariſtazanes beſtehend, auf
achtzig Schiffen jenſeits Peluſium die Landung forciren, endlich die
dritte, die aus Mentors Söldnern und den ſechstauſend Griechen, die
Bagoas führte, und vielem anderen Volke beſtand, ſich ſüdlich wen-
den ſollte, um wo möglich Peluſium abzuſchneiden. Durch die Kühn-
heit des Nikoſtratus und ſeiner Argiver gelang die Beſetzung einer
wichtigen Poſition innerhalb des Delta, im Rücken der feindlichen
Linie, die nun Nektanebus, eben ſo muthlos in der Gefahr, wie
vorher voll Selbſtvertrauen, aufzugeben eilte, um ſich in die Burg
von Memphis zu werfen. Peluſium, der Schlüſſel Aegyptens, war
umzingelt, nach ſehr tapferem Widerſtande ergab ſich die Griechi-
ſche Beſatzung unter ehrenvollen Bedingungen. Jetzt rückte Men-
tor und Bagoas gegen Bubaſtus vor; die Aufforderungen zur Un-
terwerfung, die Drohung, bei unnützem Widerſtande die Strafe,
welche Sidon erlitten, zu wiederholen, verfeindeten in allen Städ-
ten die Griechiſchen Beſatzungen, die bereit waren bis in den Tod
zu kämpfen, mit den feigeren Aegyptiern; der Einnahme von Bu-
baſtus, die dem Lieblinge des Königs, Bagoas, das Leben gekoſtet
hätte, wenn nicht Mentor zu ſeiner Rettung herbeigeeilt wäre,
folgte ſchnell die Beſetzung der anderen Städte des niederen Landes;
die Perſerheere rückten der Hauptſtadt immer näher. Jetzt hielt
ſich Nektanebus nicht mehr ſicher in ſeiner Hauptſtadt; er gab es
auf für ein Reich zu kämpfen; er rettete ſich mit ſeinen Schätzen
ſtromauf nach Aethiopien.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/42>, abgerufen am 23.11.2024.
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