Hyarotisstrome hinab zu drängen; an den Mündungen dieses Flusses sollten sie, wenn sie Zuflucht oder Beistand auf dem jenseitigen Ufer des Acesines suchten, den Macedoniern wiederum in die Hände fallen. Deshalb ging zunächst die Flotte unter Nearch dorthin ab, um das rechte Ufer des Acesines der Hyparotismündung gegenüber zu besetzen und so die Verbindung des Mallischen Landes mit dem Uferlande drüben abzuschneiden; Kraterus sollte mit seinen Trup- pen, mit den Elephanten und der Phalanx Polysperchon, die bis- her bei Hephästion gewesen waren, und mit den Truppen des Philipp, die den Hydaspes oberhalb seiner Mündung übersetzten, drei Tage später auf der Station Nearchs eintreffen und mit dieser bedeutenden Heeresmacht auf dem rechten Stromufer die Basis für die kühnen Operationen jenseits bilden. Sobald Ne- arch und Kraterus aufgebrochen waren, theilte Alexander das noch übrige Heer in drei Corps; während er selbst mit dem einen den Ueberfall im Innern des Mallierlandes bewerkstelligen und die Feinde stromab treiben würde, sollte Hephästion, der mit dem zweiten Corps fünf Tage früher ausrückte, die Linie des Hyaro- tis besetzen, um die Fliehenden aufzufangen, der Lagide Ptolemäus dagegen mit dem dritten Corps drei Tage später ausrücken, um den etwa rückwärts zum Acesines Flüchtenden den Weg zu sperren. Die Mallier und Sudraker ihrer Seits, so heißt es, hatten zwar bei der Nachricht von Alexanders Herannahen ihre alten Fehden beigelegt, sich zu gegenseitiger Hülfeleistung durch Geißeln ver- pflichtet und ein sehr bedeutendes Heer (über sechzigtausend Mann Fußvolk, zehntausend Reuter, siebenhundert Streitwagen) zusam- mengebracht, waren aber bei der Wahl eines gemeinsamen Anfüh- rers (denn sie gehörten zu den Aratten, den Indiern ohne Fürsten), mit einander so uneins geworden, daß sich die Heeresmacht auf- lösete und die Kontingente der einzelnen Distrikte sich in ihre fe- sten Städte zerstreuten; eine Angabe, die zwar nicht durch beson- dere Autorität verbürgt wird, aber durch die Eigenthümlichkeit des Operationsplanes, den Alexander entworfen, einige Bestätigung erhält 91). Nach anderen Berichten hatten die Mallier und Su-
91)Curt. Diod.
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Hyarotisſtrome hinab zu draͤngen; an den Muͤndungen dieſes Fluſſes ſollten ſie, wenn ſie Zuflucht oder Beiſtand auf dem jenſeitigen Ufer des Aceſines ſuchten, den Macedoniern wiederum in die Haͤnde fallen. Deshalb ging zunaͤchſt die Flotte unter Nearch dorthin ab, um das rechte Ufer des Aceſines der Hyparotismuͤndung gegenuͤber zu beſetzen und ſo die Verbindung des Malliſchen Landes mit dem Uferlande druͤben abzuſchneiden; Kraterus ſollte mit ſeinen Trup- pen, mit den Elephanten und der Phalanx Polyſperchon, die bis- her bei Hephaͤſtion geweſen waren, und mit den Truppen des Philipp, die den Hydaspes oberhalb ſeiner Muͤndung uͤberſetzten, drei Tage ſpaͤter auf der Station Nearchs eintreffen und mit dieſer bedeutenden Heeresmacht auf dem rechten Stromufer die Baſis fuͤr die kuͤhnen Operationen jenſeits bilden. Sobald Ne- arch und Kraterus aufgebrochen waren, theilte Alexander das noch uͤbrige Heer in drei Corps; waͤhrend er ſelbſt mit dem einen den Ueberfall im Innern des Mallierlandes bewerkſtelligen und die Feinde ſtromab treiben wuͤrde, ſollte Hephaͤſtion, der mit dem zweiten Corps fuͤnf Tage fruͤher ausruͤckte, die Linie des Hyaro- tis beſetzen, um die Fliehenden aufzufangen, der Lagide Ptolemaͤus dagegen mit dem dritten Corps drei Tage ſpaͤter ausruͤcken, um den etwa ruͤckwaͤrts zum Aceſines Fluͤchtenden den Weg zu ſperren. Die Mallier und Sudraker ihrer Seits, ſo heißt es, hatten zwar bei der Nachricht von Alexanders Herannahen ihre alten Fehden beigelegt, ſich zu gegenſeitiger Huͤlfeleiſtung durch Geißeln ver- pflichtet und ein ſehr bedeutendes Heer (uͤber ſechzigtauſend Mann Fußvolk, zehntauſend Reuter, ſiebenhundert Streitwagen) zuſam- mengebracht, waren aber bei der Wahl eines gemeinſamen Anfuͤh- rers (denn ſie gehoͤrten zu den Aratten, den Indiern ohne Fuͤrſten), mit einander ſo uneins geworden, daß ſich die Heeresmacht auf- loͤſete und die Kontingente der einzelnen Diſtrikte ſich in ihre fe- ſten Staͤdte zerſtreuten; eine Angabe, die zwar nicht durch beſon- dere Autoritaͤt verbuͤrgt wird, aber durch die Eigenthuͤmlichkeit des Operationsplanes, den Alexander entworfen, einige Beſtaͤtigung erhaͤlt 91). Nach anderen Berichten hatten die Mallier und Su-
91)Curt. Diod.
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Hyarotisſtrome hinab zu draͤngen; an den Muͤndungen dieſes Fluſſes
ſollten ſie, wenn ſie Zuflucht oder Beiſtand auf dem jenſeitigen Ufer des
Aceſines ſuchten, den Macedoniern wiederum in die Haͤnde fallen.
Deshalb ging zunaͤchſt die Flotte unter Nearch dorthin ab, um
das rechte Ufer des Aceſines der Hyparotismuͤndung gegenuͤber
zu beſetzen und ſo die Verbindung des Malliſchen Landes mit dem
Uferlande druͤben abzuſchneiden; Kraterus ſollte mit ſeinen Trup-
pen, mit den Elephanten und der Phalanx Polyſperchon, die bis-
her bei Hephaͤſtion geweſen waren, und mit den Truppen des
Philipp, die den Hydaspes oberhalb ſeiner Muͤndung uͤberſetzten,
drei Tage ſpaͤter auf der Station Nearchs eintreffen und mit
dieſer bedeutenden Heeresmacht auf dem rechten Stromufer die
Baſis fuͤr die kuͤhnen Operationen jenſeits bilden. Sobald Ne-
arch und Kraterus aufgebrochen waren, theilte Alexander das noch
uͤbrige Heer in drei Corps; waͤhrend er ſelbſt mit dem einen den
Ueberfall im Innern des Mallierlandes bewerkſtelligen und die
Feinde ſtromab treiben wuͤrde, ſollte Hephaͤſtion, der mit dem
zweiten Corps fuͤnf Tage fruͤher ausruͤckte, die Linie des Hyaro-
tis beſetzen, um die Fliehenden aufzufangen, der Lagide Ptolemaͤus
dagegen mit dem dritten Corps drei Tage ſpaͤter ausruͤcken, um
den etwa ruͤckwaͤrts zum Aceſines Fluͤchtenden den Weg zu ſperren.
Die Mallier und Sudraker ihrer Seits, ſo heißt es, hatten zwar
bei der Nachricht von Alexanders Herannahen ihre alten Fehden
beigelegt, ſich zu gegenſeitiger Huͤlfeleiſtung durch Geißeln ver-
pflichtet und ein ſehr bedeutendes Heer (uͤber ſechzigtauſend Mann
Fußvolk, zehntauſend Reuter, ſiebenhundert Streitwagen) zuſam-
mengebracht, waren aber bei der Wahl eines gemeinſamen Anfuͤh-
rers (denn ſie gehoͤrten zu den Aratten, den Indiern ohne Fuͤrſten),
mit einander ſo uneins geworden, daß ſich die Heeresmacht auf-
loͤſete und die Kontingente der einzelnen Diſtrikte ſich in ihre fe-
ſten Staͤdte zerſtreuten; eine Angabe, die zwar nicht durch beſon-
dere Autoritaͤt verbuͤrgt wird, aber durch die Eigenthuͤmlichkeit des
Operationsplanes, den Alexander entworfen, einige Beſtaͤtigung
erhaͤlt 91). Nach anderen Berichten hatten die Mallier und Su-
91) Curt. Diod.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/447>, abgerufen am 22.11.2024.
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