und von Natur zu Genuß und Verschwendung geneigt, begann mit den königlichen Schätzen auf das Zügelloseste zu prassen und den ganzen Einfluß seiner Stellung auf Tisch und Bett zu ver- wenden; keine Art der Schwelgerei blieb ungekostet, und die schö- nen Asiatinnen durften es nicht wagen, sich dem mächtigen Wol- lüstling zu entziehen, der ihren Genuß mit geheimen Verbrechen zu erkaufen und sie dann der öffentlichen Schande feil zu geben liebte. Der ganzen Welt war das Leben dieses Menschen zum Skandal, und der Spott der Hellenischen Komiker wetteiferte mit dem Unwillen ernsterer Männer, seinen Namen der allgemeinen Verachtung zu überliefern; von dem berühmten Geschichtsschreiber Theopomp kam in jener Zeit ein offenes Sendschreiben an Alexander heraus, in welchem er den König aufforderte, diesem Unwesen ein Ende zu machen: "von der wüsten Liederlichkeit Asia- tischer Weiber noch nicht gesättigt, habe Harpalus die Pythionice, die berüchtigste Coquette Athens, die erst bei der Sängerin Bak- chis gedient habe, mit dieser dann in das Frauenhaus der Kupp- lerin Sinope gezogen sei, gen Asien kommen lassen und sich ih- ren Launen auf die unwürdigste Weise gefügt; als sie gestorben, habe er mit unverschämter Verschwendung dieser Person zwei Grabmonumente erbaut, und man staune mit Recht, daß, während den Tapferen von Issus, die für den Ruhm Alexanders und die Freiheit Griechenlands gefallen seien, weder von jenem noch von irgend einem der Statthalter ein Denkmal der Erinnerung geweiht sei, zu Athen und zu Babylon bereits die prächtigsten Monumente für eine Hure fertig da ständen; denn dieser Pythionice, die in Athen lange genug jedermann für Geld zugänglich gewesen, habe Harpalus, der sich Alexanders Freund und Beamten nenne, die Frechheit gehabt Tempel und Altäre zu errichten und als Heilig- thum der Venus Pythionice zu weihen, ohne Scheu vor der Strafe der Götter, und der Majestät des Königs zum Hohn. Nicht genug das; kaum sei diese gestorben, so habe Harpalus sich auch schon eine zweite Maitresse aus Athen verschrieben, die be- rüchtigte Glycera; ihr habe er den Pallast von Tarsus zur Residenz eingerichtet, habe ihr auf Rossus eine Statue geweiht, jenem hei- ligen Platze, der für eine Bildsäule Alexanders bestimmt sei, habe
und von Natur zu Genuß und Verſchwendung geneigt, begann mit den koͤniglichen Schaͤtzen auf das Zuͤgelloſeſte zu praſſen und den ganzen Einfluß ſeiner Stellung auf Tiſch und Bett zu ver- wenden; keine Art der Schwelgerei blieb ungekoſtet, und die ſchoͤ- nen Aſiatinnen durften es nicht wagen, ſich dem maͤchtigen Wol- luͤſtling zu entziehen, der ihren Genuß mit geheimen Verbrechen zu erkaufen und ſie dann der oͤffentlichen Schande feil zu geben liebte. Der ganzen Welt war das Leben dieſes Menſchen zum Skandal, und der Spott der Helleniſchen Komiker wetteiferte mit dem Unwillen ernſterer Maͤnner, ſeinen Namen der allgemeinen Verachtung zu uͤberliefern; von dem beruͤhmten Geſchichtsſchreiber Theopomp kam in jener Zeit ein offenes Sendſchreiben an Alexander heraus, in welchem er den Koͤnig aufforderte, dieſem Unweſen ein Ende zu machen: „von der wuͤſten Liederlichkeit Aſia- tiſcher Weiber noch nicht geſaͤttigt, habe Harpalus die Pythionice, die beruͤchtigſte Coquette Athens, die erſt bei der Saͤngerin Bak- chis gedient habe, mit dieſer dann in das Frauenhaus der Kupp- lerin Sinope gezogen ſei, gen Aſien kommen laſſen und ſich ih- ren Launen auf die unwuͤrdigſte Weiſe gefuͤgt; als ſie geſtorben, habe er mit unverſchaͤmter Verſchwendung dieſer Perſon zwei Grabmonumente erbaut, und man ſtaune mit Recht, daß, waͤhrend den Tapferen von Iſſus, die fuͤr den Ruhm Alexanders und die Freiheit Griechenlands gefallen ſeien, weder von jenem noch von irgend einem der Statthalter ein Denkmal der Erinnerung geweiht ſei, zu Athen und zu Babylon bereits die praͤchtigſten Monumente fuͤr eine Hure fertig da ſtaͤnden; denn dieſer Pythionice, die in Athen lange genug jedermann fuͤr Geld zugaͤnglich geweſen, habe Harpalus, der ſich Alexanders Freund und Beamten nenne, die Frechheit gehabt Tempel und Altaͤre zu errichten und als Heilig- thum der Venus Pythionice zu weihen, ohne Scheu vor der Strafe der Goͤtter, und der Majeſtaͤt des Koͤnigs zum Hohn. Nicht genug das; kaum ſei dieſe geſtorben, ſo habe Harpalus ſich auch ſchon eine zweite Maitreſſe aus Athen verſchrieben, die be- ruͤchtigte Glycera; ihr habe er den Pallaſt von Tarſus zur Reſidenz eingerichtet, habe ihr auf Roſſus eine Statue geweiht, jenem hei- ligen Platze, der fuͤr eine Bildſaͤule Alexanders beſtimmt ſei, habe
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und von Natur zu Genuß und Verſchwendung geneigt, begann
mit den koͤniglichen Schaͤtzen auf das Zuͤgelloſeſte zu praſſen und
den ganzen Einfluß ſeiner Stellung auf Tiſch und Bett zu ver-
wenden; keine Art der Schwelgerei blieb ungekoſtet, und die ſchoͤ-
nen Aſiatinnen durften es nicht wagen, ſich dem maͤchtigen Wol-
luͤſtling zu entziehen, der ihren Genuß mit geheimen Verbrechen
zu erkaufen und ſie dann der oͤffentlichen Schande feil zu geben
liebte. Der ganzen Welt war das Leben dieſes Menſchen zum
Skandal, und der Spott der Helleniſchen Komiker wetteiferte mit
dem Unwillen ernſterer Maͤnner, ſeinen Namen der allgemeinen
Verachtung zu uͤberliefern; von dem beruͤhmten Geſchichtsſchreiber
Theopomp kam in jener Zeit ein offenes Sendſchreiben an
Alexander heraus, in welchem er den Koͤnig aufforderte, dieſem
Unweſen ein Ende zu machen: „von der wuͤſten Liederlichkeit Aſia-
tiſcher Weiber noch nicht geſaͤttigt, habe Harpalus die Pythionice,
die beruͤchtigſte Coquette Athens, die erſt bei der Saͤngerin Bak-
chis gedient habe, mit dieſer dann in das Frauenhaus der Kupp-
lerin Sinope gezogen ſei, gen Aſien kommen laſſen und ſich ih-
ren Launen auf die unwuͤrdigſte Weiſe gefuͤgt; als ſie geſtorben,
habe er mit unverſchaͤmter Verſchwendung dieſer Perſon zwei
Grabmonumente erbaut, und man ſtaune mit Recht, daß, waͤhrend
den Tapferen von Iſſus, die fuͤr den Ruhm Alexanders und die
Freiheit Griechenlands gefallen ſeien, weder von jenem noch von
irgend einem der Statthalter ein Denkmal der Erinnerung geweiht
ſei, zu Athen und zu Babylon bereits die praͤchtigſten Monumente
fuͤr eine Hure fertig da ſtaͤnden; denn dieſer Pythionice, die in
Athen lange genug jedermann fuͤr Geld zugaͤnglich geweſen, habe
Harpalus, der ſich Alexanders Freund und Beamten nenne, die
Frechheit gehabt Tempel und Altaͤre zu errichten und als Heilig-
thum der Venus Pythionice zu weihen, ohne Scheu vor der
Strafe der Goͤtter, und der Majeſtaͤt des Koͤnigs zum Hohn.
Nicht genug das; kaum ſei dieſe geſtorben, ſo habe Harpalus ſich
auch ſchon eine zweite Maitreſſe aus Athen verſchrieben, die be-
ruͤchtigte Glycera; ihr habe er den Pallaſt von Tarſus zur Reſidenz
eingerichtet, habe ihr auf Roſſus eine Statue geweiht, jenem hei-
ligen Platze, der fuͤr eine Bildſaͤule Alexanders beſtimmt ſei, habe
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/507>, abgerufen am 22.11.2024.
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