Bald nach dem Aufbruch der Veteranen aus Opis verließ auch Alexander mit den übrigen Truppen diese Stadt, um zur Medi- schen Residenz Ekbatana hinauf zu ziehen. Manches kam zusam- men, einen längeren Besuch in Medien nothwendig zu machen; Medien vor Allen hatte während des Königs Aufenthalt in In- dien von der Zügellosigkeit und dem Uebermuthe Macedonischer Beamten und Befehlshaber viel gelitten, und wennschon diese mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft waren, so mochte der König doch außer dieser Genugthuung der Landschaft um so mehr neue Beweise seiner Gnade schuldig zu sein glauben, als sie sich trotz alles Druckes und trotz der vielfachen Anreizungen zum Aufstande treu bewährt hatte; denn Baryaxes hatte vergebens die Fahne des Aufruhrs erhoben, er war durch den Satrapen Atropates dem Gerichte des Königs überliefert worden. Aber auch durch seine misglückten Bemühungen mochten mancherlei Un- ordnungen hervorgebracht worden sein, die des Königs Anwesen- heit nöthig machten. Dazu kam, daß der königliche Schatz von Ekbatana durch Harpalus geplündert war, und Alexander in Per- son an Ort und Stelle die ungeheueren Defecte, die sich auf mehrere Millionen beliefen, zu untersuchen für nöthig hielt. End- lich war die Straße durch die Medischen Berge noch keinesweges so sicher, wie es für den lebhaften Verkehr zwischen den Syri- schen Satrapien und dem oberen Lande erforderlich war; unter der Reihe der Bergvölker von Armenien bis zur Karamanischen
Neuntes Kapitel. Schluß.
Bald nach dem Aufbruch der Veteranen aus Opis verließ auch Alexander mit den uͤbrigen Truppen dieſe Stadt, um zur Medi- ſchen Reſidenz Ekbatana hinauf zu ziehen. Manches kam zuſam- men, einen laͤngeren Beſuch in Medien nothwendig zu machen; Medien vor Allen hatte waͤhrend des Koͤnigs Aufenthalt in In- dien von der Zuͤgelloſigkeit und dem Uebermuthe Macedoniſcher Beamten und Befehlshaber viel gelitten, und wennſchon dieſe mit der ganzen Strenge des Geſetzes beſtraft waren, ſo mochte der Koͤnig doch außer dieſer Genugthuung der Landſchaft um ſo mehr neue Beweiſe ſeiner Gnade ſchuldig zu ſein glauben, als ſie ſich trotz alles Druckes und trotz der vielfachen Anreizungen zum Aufſtande treu bewaͤhrt hatte; denn Baryaxes hatte vergebens die Fahne des Aufruhrs erhoben, er war durch den Satrapen Atropates dem Gerichte des Koͤnigs uͤberliefert worden. Aber auch durch ſeine misgluͤckten Bemuͤhungen mochten mancherlei Un- ordnungen hervorgebracht worden ſein, die des Koͤnigs Anweſen- heit noͤthig machten. Dazu kam, daß der koͤnigliche Schatz von Ekbatana durch Harpalus gepluͤndert war, und Alexander in Per- ſon an Ort und Stelle die ungeheueren Defecte, die ſich auf mehrere Millionen beliefen, zu unterſuchen fuͤr noͤthig hielt. End- lich war die Straße durch die Mediſchen Berge noch keinesweges ſo ſicher, wie es fuͤr den lebhaften Verkehr zwiſchen den Syri- ſchen Satrapien und dem oberen Lande erforderlich war; unter der Reihe der Bergvoͤlker von Armenien bis zur Karamaniſchen
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0566"n="[552]"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Neuntes Kapitel.<lb/>
Schluß.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">B</hi>ald nach dem Aufbruch der Veteranen aus Opis verließ auch<lb/>
Alexander mit den uͤbrigen Truppen dieſe Stadt, um zur Medi-<lb/>ſchen Reſidenz Ekbatana hinauf zu ziehen. Manches kam zuſam-<lb/>
men, einen laͤngeren Beſuch in Medien nothwendig zu machen;<lb/>
Medien vor Allen hatte waͤhrend des Koͤnigs Aufenthalt in In-<lb/>
dien von der Zuͤgelloſigkeit und dem Uebermuthe Macedoniſcher<lb/>
Beamten und Befehlshaber viel gelitten, und wennſchon dieſe<lb/>
mit der ganzen Strenge des Geſetzes beſtraft waren, ſo mochte<lb/>
der Koͤnig doch außer dieſer Genugthuung der Landſchaft um ſo<lb/>
mehr neue Beweiſe ſeiner Gnade ſchuldig zu ſein glauben, als ſie<lb/>ſich trotz alles Druckes und trotz der vielfachen Anreizungen zum<lb/>
Aufſtande treu bewaͤhrt hatte; denn Baryaxes hatte vergebens<lb/>
die Fahne des Aufruhrs erhoben, er war durch den Satrapen<lb/>
Atropates dem Gerichte des Koͤnigs uͤberliefert worden. Aber<lb/>
auch durch ſeine misgluͤckten Bemuͤhungen mochten mancherlei Un-<lb/>
ordnungen hervorgebracht worden ſein, die des Koͤnigs Anweſen-<lb/>
heit noͤthig machten. Dazu kam, daß der koͤnigliche Schatz von<lb/>
Ekbatana durch Harpalus gepluͤndert war, und Alexander in Per-<lb/>ſon an Ort und Stelle die ungeheueren Defecte, die ſich auf<lb/>
mehrere Millionen beliefen, zu unterſuchen fuͤr noͤthig hielt. End-<lb/>
lich war die Straße durch die Mediſchen Berge noch keinesweges<lb/>ſo ſicher, wie es fuͤr den lebhaften Verkehr zwiſchen den Syri-<lb/>ſchen Satrapien und dem oberen Lande erforderlich war; unter<lb/>
der Reihe der Bergvoͤlker von Armenien bis zur Karamaniſchen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[552]/0566]
Neuntes Kapitel.
Schluß.
Bald nach dem Aufbruch der Veteranen aus Opis verließ auch
Alexander mit den uͤbrigen Truppen dieſe Stadt, um zur Medi-
ſchen Reſidenz Ekbatana hinauf zu ziehen. Manches kam zuſam-
men, einen laͤngeren Beſuch in Medien nothwendig zu machen;
Medien vor Allen hatte waͤhrend des Koͤnigs Aufenthalt in In-
dien von der Zuͤgelloſigkeit und dem Uebermuthe Macedoniſcher
Beamten und Befehlshaber viel gelitten, und wennſchon dieſe
mit der ganzen Strenge des Geſetzes beſtraft waren, ſo mochte
der Koͤnig doch außer dieſer Genugthuung der Landſchaft um ſo
mehr neue Beweiſe ſeiner Gnade ſchuldig zu ſein glauben, als ſie
ſich trotz alles Druckes und trotz der vielfachen Anreizungen zum
Aufſtande treu bewaͤhrt hatte; denn Baryaxes hatte vergebens
die Fahne des Aufruhrs erhoben, er war durch den Satrapen
Atropates dem Gerichte des Koͤnigs uͤberliefert worden. Aber
auch durch ſeine misgluͤckten Bemuͤhungen mochten mancherlei Un-
ordnungen hervorgebracht worden ſein, die des Koͤnigs Anweſen-
heit noͤthig machten. Dazu kam, daß der koͤnigliche Schatz von
Ekbatana durch Harpalus gepluͤndert war, und Alexander in Per-
ſon an Ort und Stelle die ungeheueren Defecte, die ſich auf
mehrere Millionen beliefen, zu unterſuchen fuͤr noͤthig hielt. End-
lich war die Straße durch die Mediſchen Berge noch keinesweges
ſo ſicher, wie es fuͤr den lebhaften Verkehr zwiſchen den Syri-
ſchen Satrapien und dem oberen Lande erforderlich war; unter
der Reihe der Bergvoͤlker von Armenien bis zur Karamaniſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. [552]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/566>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.