schen Dynasten gesandt: Pexodorus möge doch seine Tochter nicht dem blödsinnigen Bastard Preis geben; Alexander, des Königs recht- mäßiger Sohn und einstiger Thronerbe, sei bereit, eines so mächti- gen Fürsten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und erzürnte auf das Heftigste; in Gegenwart des Philotas und anderer Altersgenossen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit seines Mistrauens und seiner Heimlichkeiten vor; er sei seiner hohen Ge- burt, seines Glückes, seines Berufes nicht werth, wenn er sich nicht schäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu- führen. Alexander zu strafen, wurden mehrere seiner Freunde, na- mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder Erigyius und Laomedon, als Anstifter jener Intrigue, vom Hofe und aus dem Lande verwiesen, Thessalus in Ketten geworfen 32); Alexander war ohne Einfluß.
So kam das Jahr 336. Die Rüstungen zum großen Perser- kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin- gente der Bundesstaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen Stämme herangezogen, nach Asien eine bedeutende Heeresmacht un- ter Attalus und Parmenion vorausgesendet, um die Hellenischen Städte auf der Küste zu befreien und dem großen Bundesheere den Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun- gen in Epirus nicht; sie schienen einen Krieg zu verkünden, der nicht bloß den Perserzug noch mehr zu verzögern, sondern doppelt gefährlich für die Treue der Griechischen Staaten zu werden drohte, und so, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge- winn gebracht, im entgegengesetzten Falle das mühsame Werk, das der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem Schlage zerstört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem Epirotenkönig durfte nicht seine zweideutige Stellung gelassen wer- den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte und seine Macht sicherte. Philipp verlobte ihm seine und Olym- pia's Tochter Kleopatra; noch im Herbst desselben Jahres sollte das
32)Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8.
33)Diod. XVI. 91.; nach Justin war auch Amyntas bei diesem Heere; offenbar des Arrha- bäus Sohn, der später die Recognoscirungen vor der Granikusschlacht leitete.
4 *
ſchen Dynaſten geſandt: Pexodorus möge doch ſeine Tochter nicht dem blödſinnigen Baſtard Preis geben; Alexander, des Königs recht- mäßiger Sohn und einſtiger Thronerbe, ſei bereit, eines ſo mächti- gen Fürſten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und erzürnte auf das Heftigſte; in Gegenwart des Philotas und anderer Altersgenoſſen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit ſeines Mistrauens und ſeiner Heimlichkeiten vor; er ſei ſeiner hohen Ge- burt, ſeines Glückes, ſeines Berufes nicht werth, wenn er ſich nicht ſchäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu- führen. Alexander zu ſtrafen, wurden mehrere ſeiner Freunde, na- mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder Erigyius und Laomedon, als Anſtifter jener Intrigue, vom Hofe und aus dem Lande verwieſen, Theſſalus in Ketten geworfen 32); Alexander war ohne Einfluß.
So kam das Jahr 336. Die Rüſtungen zum großen Perſer- kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin- gente der Bundesſtaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen Stämme herangezogen, nach Aſien eine bedeutende Heeresmacht un- ter Attalus und Parmenion vorausgeſendet, um die Helleniſchen Städte auf der Küſte zu befreien und dem großen Bundesheere den Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun- gen in Epirus nicht; ſie ſchienen einen Krieg zu verkünden, der nicht bloß den Perſerzug noch mehr zu verzögern, ſondern doppelt gefährlich für die Treue der Griechiſchen Staaten zu werden drohte, und ſo, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge- winn gebracht, im entgegengeſetzten Falle das mühſame Werk, das der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem Schlage zerſtört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem Epirotenkönig durfte nicht ſeine zweideutige Stellung gelaſſen wer- den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte und ſeine Macht ſicherte. Philipp verlobte ihm ſeine und Olym- pia’s Tochter Kleopatra; noch im Herbſt deſſelben Jahres ſollte das
32)Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8.
33)Diod. XVI. 91.; nach Juſtin war auch Amyntas bei dieſem Heere; offenbar des Arrha- bäus Sohn, der ſpäter die Recognoscirungen vor der Granikusſchlacht leitete.
4 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0065"n="51"/>ſchen Dynaſten geſandt: Pexodorus möge doch ſeine Tochter nicht<lb/>
dem blödſinnigen Baſtard Preis geben; Alexander, des Königs recht-<lb/>
mäßiger Sohn und einſtiger Thronerbe, ſei bereit, eines ſo mächti-<lb/>
gen Fürſten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und<lb/>
erzürnte auf das Heftigſte; in Gegenwart des Philotas und anderer<lb/>
Altersgenoſſen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit ſeines<lb/>
Mistrauens und ſeiner Heimlichkeiten vor; er ſei ſeiner hohen Ge-<lb/>
burt, ſeines Glückes, ſeines Berufes nicht werth, wenn er ſich nicht<lb/>ſchäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu-<lb/>
führen. Alexander zu ſtrafen, wurden mehrere ſeiner Freunde, na-<lb/>
mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder<lb/>
Erigyius und Laomedon, als Anſtifter jener Intrigue, vom Hofe<lb/>
und aus dem Lande verwieſen, Theſſalus in Ketten geworfen <noteplace="foot"n="32)"><hirendition="#aq">Plut. Alex. 10. Arrian. III.</hi> 6. 8.</note>;<lb/>
Alexander war ohne Einfluß.</p><lb/><p>So kam das Jahr 336. Die Rüſtungen zum großen Perſer-<lb/>
kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin-<lb/>
gente der Bundesſtaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen<lb/>
Stämme herangezogen, nach Aſien eine bedeutende Heeresmacht un-<lb/>
ter Attalus und Parmenion vorausgeſendet, um die Helleniſchen<lb/>
Städte auf der Küſte zu befreien und dem großen Bundesheere den<lb/>
Weg zu öffnen <noteplace="foot"n="33)"><hirendition="#aq">Diod. XVI.</hi> 91.;<lb/>
nach Juſtin war auch Amyntas bei dieſem Heere; offenbar des Arrha-<lb/>
bäus Sohn, der ſpäter die Recognoscirungen vor der Granikusſchlacht<lb/>
leitete.</note>. Indeß entgingen dem Könige die Bewegun-<lb/>
gen in Epirus nicht; ſie ſchienen einen Krieg zu verkünden, der<lb/>
nicht bloß den Perſerzug noch mehr zu verzögern, ſondern doppelt<lb/>
gefährlich für die Treue der Griechiſchen Staaten zu werden drohte,<lb/>
und ſo, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge-<lb/>
winn gebracht, im entgegengeſetzten Falle das mühſame Werk, das<lb/>
der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem<lb/>
Schlage zerſtört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem<lb/>
Epirotenkönig durfte nicht ſeine zweideutige Stellung gelaſſen wer-<lb/>
den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte<lb/>
und ſeine Macht ſicherte. Philipp verlobte ihm ſeine und Olym-<lb/>
pia’s Tochter Kleopatra; noch im Herbſt deſſelben Jahres ſollte das<lb/><fwplace="bottom"type="sig">4 *</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[51/0065]
ſchen Dynaſten geſandt: Pexodorus möge doch ſeine Tochter nicht
dem blödſinnigen Baſtard Preis geben; Alexander, des Königs recht-
mäßiger Sohn und einſtiger Thronerbe, ſei bereit, eines ſo mächti-
gen Fürſten Eidam zu werden. Da erfuhr Philipp die Sache, und
erzürnte auf das Heftigſte; in Gegenwart des Philotas und anderer
Altersgenoſſen Alexanders warf er ihm die Umwürdigkeit ſeines
Mistrauens und ſeiner Heimlichkeiten vor; er ſei ſeiner hohen Ge-
burt, ſeines Glückes, ſeines Berufes nicht werth, wenn er ſich nicht
ſchäme, eines Kariers Tochter, des Barbarenkönigs Sclavin, heimzu-
führen. Alexander zu ſtrafen, wurden mehrere ſeiner Freunde, na-
mentlich Harpalus, Nearchus, der Lagide Ptolemäus, die Brüder
Erigyius und Laomedon, als Anſtifter jener Intrigue, vom Hofe
und aus dem Lande verwieſen, Theſſalus in Ketten geworfen 32);
Alexander war ohne Einfluß.
So kam das Jahr 336. Die Rüſtungen zum großen Perſer-
kriege waren mit der größten Lebhaftigkeit betrieben, die Contin-
gente der Bundesſtaaten aufgerufen, die der tributpflichtigen
Stämme herangezogen, nach Aſien eine bedeutende Heeresmacht un-
ter Attalus und Parmenion vorausgeſendet, um die Helleniſchen
Städte auf der Küſte zu befreien und dem großen Bundesheere den
Weg zu öffnen 33). Indeß entgingen dem Könige die Bewegun-
gen in Epirus nicht; ſie ſchienen einen Krieg zu verkünden, der
nicht bloß den Perſerzug noch mehr zu verzögern, ſondern doppelt
gefährlich für die Treue der Griechiſchen Staaten zu werden drohte,
und ſo, wenn er glücklich beendet wurde, keinen bedeutenden Ge-
winn gebracht, im entgegengeſetzten Falle das mühſame Werk, das
der König in zwanzigjähriger Arbeit vollendet hatte, mit einem
Schlage zerſtört haben würde. Der Krieg mußte vermieden, dem
Epirotenkönig durfte nicht ſeine zweideutige Stellung gelaſſen wer-
den; er wurde durch einen Antrag gewonnen, der ihn zugleich ehrte
und ſeine Macht ſicherte. Philipp verlobte ihm ſeine und Olym-
pia’s Tochter Kleopatra; noch im Herbſt deſſelben Jahres ſollte das
32) Plut. Alex. 10. Arrian. III. 6. 8.
33) Diod. XVI. 91.;
nach Juſtin war auch Amyntas bei dieſem Heere; offenbar des Arrha-
bäus Sohn, der ſpäter die Recognoscirungen vor der Granikusſchlacht
leitete.
4 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/65>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.