sich mit Klitus, um, wenn es nöthig würde, zur Vertheidigung oder zum Angriff möglichst gerüstet zu sein 58). Selbst in den stil- len Thälern der Dinarischen Berge schickten sich, von der allgemei- nen Bewegung ihrer Stammesgenossen und der Lust nach Beute ergriffen, die Autariaten, bisher ein friedliches Alpenvolk, zu einem Einfall in das Macedonische Gebiet an 59). Noch gefährlicher schien der mächtige, den Macedoniern feindliche Stamm der Triballer 60); der nordwärts vom Hämusgebirge bis an die Ufer der Donau über eine Landschaft von funfzehn Tagereisen ausgebreitet wohnte 61); sie hatten schon einmal den Weg über das Gebirge bis an das Aegäische Meer gefunden und sich für den Miswachs in ihren Ebenen mit der Beute der Griechischen Küstenstädte entschädigt 62); wenn sie irgend etwas unternahmen, so würden die Thracischen Stämme, die, selbst den Räubern als Räuber furchtbar, an den Pässen des Hämus hauseten, nicht etwa die hereinbrechenden Schwärme aufgehalten, sondern sich mit ihnen vereint und die Ge- fahr verdoppelt haben. Auch die südlicher in der Rhodope und dem Nessusthale wohnenden Stämme der sogenannten freien Thra- cier hatten früher mit den Triballern den Weg nach den Griechi- schen Küstenstädten gefunden, und namentlich Abdera arg heimge- sucht. Selbst die Völkerschaften innerhalb des Hämus und in den neuerworbenen Landstrichen zwischen dem Strymon und Nessus 63), namentlich die Mäder und Päonier 64), wenn schon sie für den Augenblick ruhig waren, schienen nur auf eine sichere Gelegenheit zum Abfall zu warten. Noch unzuverlässiger waren die seeländi- schen Thracier, die von König Philipp erst nach langem Wider- stande unterworfen waren 65), und ihre nördlichen Nachbarn, die Odryser, die, seit Darius Scythenzuge zu einem Königthume, das dem Persischen nachgebildet war, vereint, einst von Byzanz bis zur Grenze der Triballer geherrscht, und nach den wildesten Parthei- kämpfen doch noch Kraft genug behalten hatten, dem Könige Phi-
58)Arrian. I. 5. cf. Mannert tom. VII. p. 305.
59)Arrian. I. 5. Strab. VII. p. 180.ed. Tauch.
60)Justin. IX. 3.
61)Thucyd. IV. 101. Strab. l. c.
62)Diod. XV. 36.
63)Strab. VII. p. 133.
64) Erst in dem Heere, das nach Asien ging, kommen Päonier vor.
65)Diod. XVI. 71.
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ſich mit Klitus, um, wenn es nöthig würde, zur Vertheidigung oder zum Angriff möglichſt gerüſtet zu ſein 58). Selbſt in den ſtil- len Thälern der Dinariſchen Berge ſchickten ſich, von der allgemei- nen Bewegung ihrer Stammesgenoſſen und der Luſt nach Beute ergriffen, die Autariaten, bisher ein friedliches Alpenvolk, zu einem Einfall in das Macedoniſche Gebiet an 59). Noch gefährlicher ſchien der mächtige, den Macedoniern feindliche Stamm der Triballer 60); der nordwärts vom Hämusgebirge bis an die Ufer der Donau über eine Landſchaft von funfzehn Tagereiſen ausgebreitet wohnte 61); ſie hatten ſchon einmal den Weg über das Gebirge bis an das Aegäiſche Meer gefunden und ſich für den Miswachs in ihren Ebenen mit der Beute der Griechiſchen Küſtenſtädte entſchädigt 62); wenn ſie irgend etwas unternahmen, ſo würden die Thraciſchen Stämme, die, ſelbſt den Räubern als Räuber furchtbar, an den Päſſen des Hämus hauſeten, nicht etwa die hereinbrechenden Schwärme aufgehalten, ſondern ſich mit ihnen vereint und die Ge- fahr verdoppelt haben. Auch die ſüdlicher in der Rhodope und dem Neſſusthale wohnenden Stämme der ſogenannten freien Thra- cier hatten früher mit den Triballern den Weg nach den Griechi- ſchen Küſtenſtädten gefunden, und namentlich Abdera arg heimge- ſucht. Selbſt die Völkerſchaften innerhalb des Hämus und in den neuerworbenen Landſtrichen zwiſchen dem Strymon und Neſſus 63), namentlich die Mäder und Päonier 64), wenn ſchon ſie für den Augenblick ruhig waren, ſchienen nur auf eine ſichere Gelegenheit zum Abfall zu warten. Noch unzuverläſſiger waren die ſeeländi- ſchen Thracier, die von König Philipp erſt nach langem Wider- ſtande unterworfen waren 65), und ihre nördlichen Nachbarn, die Odryſer, die, ſeit Darius Scythenzuge zu einem Königthume, das dem Perſiſchen nachgebildet war, vereint, einſt von Byzanz bis zur Grenze der Triballer geherrſcht, und nach den wildeſten Parthei- kämpfen doch noch Kraft genug behalten hatten, dem Könige Phi-
58)Arrian. I. 5. cf. Mannert tom. VII. p. 305.
59)Arrian. I. 5. Strab. VII. p. 180.ed. Tauch.
60)Justin. IX. 3.
61)Thucyd. IV. 101. Strab. l. c.
62)Diod. XV. 36.
63)Strab. VII. p. 133.
64) Erſt in dem Heere, das nach Aſien ging, kommen Päonier vor.
65)Diod. XVI. 71.
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len Thälern der Dinariſchen Berge ſchickten ſich, von der allgemei-
nen Bewegung ihrer Stammesgenoſſen und der Luſt nach Beute
ergriffen, die Autariaten, bisher ein friedliches Alpenvolk, zu einem
Einfall in das Macedoniſche Gebiet an 59). Noch gefährlicher ſchien
der mächtige, den Macedoniern feindliche Stamm der Triballer 60);
der nordwärts vom Hämusgebirge bis an die Ufer der Donau über
eine Landſchaft von funfzehn Tagereiſen ausgebreitet wohnte 61);
ſie hatten ſchon einmal den Weg über das Gebirge bis an das
Aegäiſche Meer gefunden und ſich für den Miswachs in ihren
Ebenen mit der Beute der Griechiſchen Küſtenſtädte entſchädigt 62);
wenn ſie irgend etwas unternahmen, ſo würden die Thraciſchen
Stämme, die, ſelbſt den Räubern als Räuber furchtbar, an den
Päſſen des Hämus hauſeten, nicht etwa die hereinbrechenden
Schwärme aufgehalten, ſondern ſich mit ihnen vereint und die Ge-
fahr verdoppelt haben. Auch die ſüdlicher in der Rhodope und
dem Neſſusthale wohnenden Stämme der ſogenannten freien Thra-
cier hatten früher mit den Triballern den Weg nach den Griechi-
ſchen Küſtenſtädten gefunden, und namentlich Abdera arg heimge-
ſucht. Selbſt die Völkerſchaften innerhalb des Hämus und in den
neuerworbenen Landſtrichen zwiſchen dem Strymon und Neſſus 63),
namentlich die Mäder und Päonier 64), wenn ſchon ſie für den
Augenblick ruhig waren, ſchienen nur auf eine ſichere Gelegenheit
zum Abfall zu warten. Noch unzuverläſſiger waren die ſeeländi-
ſchen Thracier, die von König Philipp erſt nach langem Wider-
ſtande unterworfen waren 65), und ihre nördlichen Nachbarn, die
Odryſer, die, ſeit Darius Scythenzuge zu einem Königthume, das
dem Perſiſchen nachgebildet war, vereint, einſt von Byzanz bis zur
Grenze der Triballer geherrſcht, und nach den wildeſten Parthei-
kämpfen doch noch Kraft genug behalten hatten, dem Könige Phi-
58) Arrian. I. 5. cf. Mannert tom. VII. p. 305.
59) Arrian. I. 5.
Strab. VII. p. 180.ed. Tauch.
60) Justin. IX. 3.
61) Thucyd. IV.
101. Strab. l. c.
62) Diod. XV. 36.
63) Strab. VII. p. 133.
64) Erſt in dem Heere, das nach Aſien ging, kommen Päonier vor.
65) Diod. XVI. 71.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/79>, abgerufen am 23.11.2024.
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