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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Undeutlichkeit der Grenzbildungen.
Entwickelung zeigt sich in dem Besitz einer grösseren
oder geringeren Menge ungleicher Arten, welche aber
zu einer Hauptmasse gleicher Gattungen gehören.

In den "Florenreichen" S. 6 ist dies näher ausgeführt und
dabei diesen drei Graden von Verschiedenheiten folgend der Cha-
rakter gesonderter Florenreichsgruppen, einzelner Florenreiche und
einzelner Florengebiete bezeichnet.

Lägen alle Länder so geographisch abgeschlossen
wie die der herausgegriffenen drei Beispiele, hingen diese
letzteren selbst nicht mit Nord- und Centralamerika,
nicht mit Nordafrika und Westeuropa und dem Pontus,
nicht mit den indischen Tropen auf das innigste zu-
sammen, so würden sich die Florenreichsgrenzen voraus-
sichtlich scharf umzogen und allseitig verständlich ab-
heben; aber die Unnatürlichkeit geographischer Abgren-
zung macht auch den Charakter der Florenreiche unsicher.
So sind zur Zeit die Prinzipien klar erkannt und allseitig
anerkannt, doch Unbestimmtheit liegt im Ausdruck dessen,
was in bestimmte Form unter Vernachlässigung der Ueber-
gänge gegossen werden soll. Kein eigentlicher Wider-
streit der Meinungen, nur langsames Vorschreiten zur
Anerkennung gewisser Kernpunkte der Florenentwicke-
lung beherrscht dies Feld.

Vergleich der Fauna. Hier ist der Ort, zum ersten-
male nachdrücklich die Beziehungen sowohl direkter Art
als in Gestalt von Analogien zwischen Pflanzen- und
Tierwelt, zwischen Floren und Faunen hervorzuheben.
Beide organischen Reiche haben an gleichem Orte eine
gemeinsame, vielfältig voneinander abhängige Entwicke-
lung in gegenseitiger Förderung oder Bekämpfung er-
fahren; wo Wanderungswege für Pflanzen offen und zu-
gänglich waren, sind sie es im allgemeinen auch für Tiere
gewesen, nur hat stets beider Reiche verschiedene Orga-
nisation auch verschiedenartige Wirkungen im Gefolge
gehabt. Das Pflanzenreich ist stets unmittelbar vom
Klima abhängig; Schutzmittel in Gestalt von Anpassungs-
vorkehrungen sind möglich und zahlreich vorhanden,
aber nur in biologischer Reihenfolge nachweisbar, beson-

Undeutlichkeit der Grenzbildungen.
Entwickelung zeigt sich in dem Besitz einer grösseren
oder geringeren Menge ungleicher Arten, welche aber
zu einer Hauptmasse gleicher Gattungen gehören.

In den „Florenreichen“ S. 6 ist dies näher ausgeführt und
dabei diesen drei Graden von Verschiedenheiten folgend der Cha-
rakter gesonderter Florenreichsgruppen, einzelner Florenreiche und
einzelner Florengebiete bezeichnet.

Lägen alle Länder so geographisch abgeschlossen
wie die der herausgegriffenen drei Beispiele, hingen diese
letzteren selbst nicht mit Nord- und Centralamerika,
nicht mit Nordafrika und Westeuropa und dem Pontus,
nicht mit den indischen Tropen auf das innigste zu-
sammen, so würden sich die Florenreichsgrenzen voraus-
sichtlich scharf umzogen und allseitig verständlich ab-
heben; aber die Unnatürlichkeit geographischer Abgren-
zung macht auch den Charakter der Florenreiche unsicher.
So sind zur Zeit die Prinzipien klar erkannt und allseitig
anerkannt, doch Unbestimmtheit liegt im Ausdruck dessen,
was in bestimmte Form unter Vernachlässigung der Ueber-
gänge gegossen werden soll. Kein eigentlicher Wider-
streit der Meinungen, nur langsames Vorschreiten zur
Anerkennung gewisser Kernpunkte der Florenentwicke-
lung beherrscht dies Feld.

Vergleich der Fauna. Hier ist der Ort, zum ersten-
male nachdrücklich die Beziehungen sowohl direkter Art
als in Gestalt von Analogien zwischen Pflanzen- und
Tierwelt, zwischen Floren und Faunen hervorzuheben.
Beide organischen Reiche haben an gleichem Orte eine
gemeinsame, vielfältig voneinander abhängige Entwicke-
lung in gegenseitiger Förderung oder Bekämpfung er-
fahren; wo Wanderungswege für Pflanzen offen und zu-
gänglich waren, sind sie es im allgemeinen auch für Tiere
gewesen, nur hat stets beider Reiche verschiedene Orga-
nisation auch verschiedenartige Wirkungen im Gefolge
gehabt. Das Pflanzenreich ist stets unmittelbar vom
Klima abhängig; Schutzmittel in Gestalt von Anpassungs-
vorkehrungen sind möglich und zahlreich vorhanden,
aber nur in biologischer Reihenfolge nachweisbar, beson-

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[117/0139] Undeutlichkeit der Grenzbildungen. Entwickelung zeigt sich in dem Besitz einer grösseren oder geringeren Menge ungleicher Arten, welche aber zu einer Hauptmasse gleicher Gattungen gehören. In den „Florenreichen“ S. 6 ist dies näher ausgeführt und dabei diesen drei Graden von Verschiedenheiten folgend der Cha- rakter gesonderter Florenreichsgruppen, einzelner Florenreiche und einzelner Florengebiete bezeichnet. Lägen alle Länder so geographisch abgeschlossen wie die der herausgegriffenen drei Beispiele, hingen diese letzteren selbst nicht mit Nord- und Centralamerika, nicht mit Nordafrika und Westeuropa und dem Pontus, nicht mit den indischen Tropen auf das innigste zu- sammen, so würden sich die Florenreichsgrenzen voraus- sichtlich scharf umzogen und allseitig verständlich ab- heben; aber die Unnatürlichkeit geographischer Abgren- zung macht auch den Charakter der Florenreiche unsicher. So sind zur Zeit die Prinzipien klar erkannt und allseitig anerkannt, doch Unbestimmtheit liegt im Ausdruck dessen, was in bestimmte Form unter Vernachlässigung der Ueber- gänge gegossen werden soll. Kein eigentlicher Wider- streit der Meinungen, nur langsames Vorschreiten zur Anerkennung gewisser Kernpunkte der Florenentwicke- lung beherrscht dies Feld. Vergleich der Fauna. Hier ist der Ort, zum ersten- male nachdrücklich die Beziehungen sowohl direkter Art als in Gestalt von Analogien zwischen Pflanzen- und Tierwelt, zwischen Floren und Faunen hervorzuheben. Beide organischen Reiche haben an gleichem Orte eine gemeinsame, vielfältig voneinander abhängige Entwicke- lung in gegenseitiger Förderung oder Bekämpfung er- fahren; wo Wanderungswege für Pflanzen offen und zu- gänglich waren, sind sie es im allgemeinen auch für Tiere gewesen, nur hat stets beider Reiche verschiedene Orga- nisation auch verschiedenartige Wirkungen im Gefolge gehabt. Das Pflanzenreich ist stets unmittelbar vom Klima abhängig; Schutzmittel in Gestalt von Anpassungs- vorkehrungen sind möglich und zahlreich vorhanden, aber nur in biologischer Reihenfolge nachweisbar, beson-

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/139>, abgerufen am 23.11.2024.