Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Endemische Sippen verschiedenen Ranges.
noch erhalten: sie bilden die Relikt-Endemismen
dieses Areals. Durch frühere Verdrängung hier und
Fortwandern dorthin kann dieses Areal in ein Land fallen,
in welchem die betreffende Art niemals ihre Entstehung
genommen hat; es gibt also Endemismen, welche im Ge-
biet entstanden, und solche, welche zugewandert sind.
Die letzteren entwickeln sich dann häufig noch durch
weitere Transmutation ihrer morphologischen Charaktere
zu sekundär an Ort und Stelle entstandenen, besser ge-
sagt "umgeformten" Endemismen. Diese werden mit
Rücksicht auf ihre jüngeren Merkmale und Eigenschaften
richtig im Gebiete endemisch. Mit Bezug auf das oben
(S. 99) Gesagte gibt es Endemismen von sehr verschie-
denem morphologischen Range, endemische Sippen vom
Range blosser Varietäten, Unterarten, Arten, Gattungs-
sektionen, Gattungen, Tribus natürlicher Ordnungen,
ganzer Ordnungen des natürlichen Systems. Der Wert
der endemischen Sippen für die geographische Charakte-
risierung steigt mit ihrem morphologischen Range: Ge-
biete mit eigenen, auf ein kleines Gebiet beschränkten Tribus
und Ordnungen sind durch diese sehr ausgezeichnet und
im allgemeinen als von sehr abgeschlossen selbständiger
Entwickelung zu betrachten.

Die Sippen vom höheren Range gebrauchen zwar
im allgemeinen mehr Zeit zu ihrer Herausbildung als
diejenigen niederen Ranges; doch kann es auch anders
sein, da wir die endemischen Bildungen lokal entstandener
und diejenigen durch Aussterben ringsum lokal erhaltener
Art nur selten unterscheiden können. Aber auch die
Sippen von einheitlichem Range, z. B. gleichwertige
Arten, sind sehr ungleich alt, und während es solche
gibt, welche seit der Pliocenzeit und seit länger sich
anscheinend nicht verändert haben, wie die Conifere
Taxodium distichum im jetzigen nordamerikanischen
Florenreich mit früher weit-borealer Verbreitung, sind
viele andere unzweifelhaft jung. Um so mehr wird das
Alter der endemischen Arten, d. h. die Zeit, während
welcher eine Art ein bestimmtes Gebiet charakterisierte,
schwankend sein.

Endemische Sippen verschiedenen Ranges.
noch erhalten: sie bilden die Relikt-Endemismen
dieses Areals. Durch frühere Verdrängung hier und
Fortwandern dorthin kann dieses Areal in ein Land fallen,
in welchem die betreffende Art niemals ihre Entstehung
genommen hat; es gibt also Endemismen, welche im Ge-
biet entstanden, und solche, welche zugewandert sind.
Die letzteren entwickeln sich dann häufig noch durch
weitere Transmutation ihrer morphologischen Charaktere
zu sekundär an Ort und Stelle entstandenen, besser ge-
sagt „umgeformten“ Endemismen. Diese werden mit
Rücksicht auf ihre jüngeren Merkmale und Eigenschaften
richtig im Gebiete endemisch. Mit Bezug auf das oben
(S. 99) Gesagte gibt es Endemismen von sehr verschie-
denem morphologischen Range, endemische Sippen vom
Range blosser Varietäten, Unterarten, Arten, Gattungs-
sektionen, Gattungen, Tribus natürlicher Ordnungen,
ganzer Ordnungen des natürlichen Systems. Der Wert
der endemischen Sippen für die geographische Charakte-
risierung steigt mit ihrem morphologischen Range: Ge-
biete mit eigenen, auf ein kleines Gebiet beschränkten Tribus
und Ordnungen sind durch diese sehr ausgezeichnet und
im allgemeinen als von sehr abgeschlossen selbständiger
Entwickelung zu betrachten.

Die Sippen vom höheren Range gebrauchen zwar
im allgemeinen mehr Zeit zu ihrer Herausbildung als
diejenigen niederen Ranges; doch kann es auch anders
sein, da wir die endemischen Bildungen lokal entstandener
und diejenigen durch Aussterben ringsum lokal erhaltener
Art nur selten unterscheiden können. Aber auch die
Sippen von einheitlichem Range, z. B. gleichwertige
Arten, sind sehr ungleich alt, und während es solche
gibt, welche seit der Pliocenzeit und seit länger sich
anscheinend nicht verändert haben, wie die Conifere
Taxodium distichum im jetzigen nordamerikanischen
Florenreich mit früher weit-borealer Verbreitung, sind
viele andere unzweifelhaft jung. Um so mehr wird das
Alter der endemischen Arten, d. h. die Zeit, während
welcher eine Art ein bestimmtes Gebiet charakterisierte,
schwankend sein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="125"/><fw place="top" type="header">Endemische Sippen verschiedenen Ranges.</fw><lb/>
noch erhalten: sie bilden die <hi rendition="#g">Relikt-Endemismen</hi><lb/>
dieses Areals. Durch frühere Verdrängung hier und<lb/>
Fortwandern dorthin kann dieses Areal in ein Land fallen,<lb/>
in welchem die betreffende Art niemals ihre Entstehung<lb/>
genommen hat; es gibt also Endemismen, welche im Ge-<lb/>
biet entstanden, und solche, welche zugewandert sind.<lb/>
Die letzteren entwickeln sich dann häufig noch durch<lb/>
weitere Transmutation ihrer morphologischen Charaktere<lb/>
zu sekundär an Ort und Stelle entstandenen, besser ge-<lb/>
sagt &#x201E;<hi rendition="#g">umgeformten</hi>&#x201C; Endemismen. Diese werden mit<lb/>
Rücksicht auf ihre jüngeren Merkmale und Eigenschaften<lb/>
richtig im Gebiete endemisch. Mit Bezug auf das oben<lb/>
(S. 99) Gesagte gibt es Endemismen von sehr verschie-<lb/>
denem morphologischen Range, endemische Sippen vom<lb/>
Range blosser Varietäten, Unterarten, Arten, Gattungs-<lb/>
sektionen, Gattungen, Tribus natürlicher Ordnungen,<lb/>
ganzer Ordnungen des natürlichen Systems. Der Wert<lb/>
der endemischen Sippen für die geographische Charakte-<lb/>
risierung steigt mit ihrem morphologischen Range: Ge-<lb/>
biete mit eigenen, auf ein kleines Gebiet beschränkten Tribus<lb/>
und Ordnungen sind durch diese sehr ausgezeichnet und<lb/>
im allgemeinen als von sehr abgeschlossen selbständiger<lb/>
Entwickelung zu betrachten.</p><lb/>
        <p>Die Sippen vom höheren Range gebrauchen zwar<lb/>
im allgemeinen mehr Zeit zu ihrer Herausbildung als<lb/>
diejenigen niederen Ranges; doch kann es auch anders<lb/>
sein, da wir die endemischen Bildungen lokal entstandener<lb/>
und diejenigen durch Aussterben ringsum lokal erhaltener<lb/>
Art nur selten unterscheiden können. Aber auch die<lb/>
Sippen von einheitlichem Range, z. B. gleichwertige<lb/>
Arten, sind sehr ungleich alt, und während es solche<lb/>
gibt, welche seit der Pliocenzeit und seit länger sich<lb/>
anscheinend nicht verändert haben, wie die Conifere<lb/><hi rendition="#i">Taxodium distichum</hi> im jetzigen nordamerikanischen<lb/>
Florenreich mit früher weit-borealer Verbreitung, sind<lb/>
viele andere unzweifelhaft jung. Um so mehr wird das<lb/>
Alter der endemischen Arten, d. h. die Zeit, während<lb/>
welcher eine Art ein bestimmtes Gebiet charakterisierte,<lb/>
schwankend sein.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0147] Endemische Sippen verschiedenen Ranges. noch erhalten: sie bilden die Relikt-Endemismen dieses Areals. Durch frühere Verdrängung hier und Fortwandern dorthin kann dieses Areal in ein Land fallen, in welchem die betreffende Art niemals ihre Entstehung genommen hat; es gibt also Endemismen, welche im Ge- biet entstanden, und solche, welche zugewandert sind. Die letzteren entwickeln sich dann häufig noch durch weitere Transmutation ihrer morphologischen Charaktere zu sekundär an Ort und Stelle entstandenen, besser ge- sagt „umgeformten“ Endemismen. Diese werden mit Rücksicht auf ihre jüngeren Merkmale und Eigenschaften richtig im Gebiete endemisch. Mit Bezug auf das oben (S. 99) Gesagte gibt es Endemismen von sehr verschie- denem morphologischen Range, endemische Sippen vom Range blosser Varietäten, Unterarten, Arten, Gattungs- sektionen, Gattungen, Tribus natürlicher Ordnungen, ganzer Ordnungen des natürlichen Systems. Der Wert der endemischen Sippen für die geographische Charakte- risierung steigt mit ihrem morphologischen Range: Ge- biete mit eigenen, auf ein kleines Gebiet beschränkten Tribus und Ordnungen sind durch diese sehr ausgezeichnet und im allgemeinen als von sehr abgeschlossen selbständiger Entwickelung zu betrachten. Die Sippen vom höheren Range gebrauchen zwar im allgemeinen mehr Zeit zu ihrer Herausbildung als diejenigen niederen Ranges; doch kann es auch anders sein, da wir die endemischen Bildungen lokal entstandener und diejenigen durch Aussterben ringsum lokal erhaltener Art nur selten unterscheiden können. Aber auch die Sippen von einheitlichem Range, z. B. gleichwertige Arten, sind sehr ungleich alt, und während es solche gibt, welche seit der Pliocenzeit und seit länger sich anscheinend nicht verändert haben, wie die Conifere Taxodium distichum im jetzigen nordamerikanischen Florenreich mit früher weit-borealer Verbreitung, sind viele andere unzweifelhaft jung. Um so mehr wird das Alter der endemischen Arten, d. h. die Zeit, während welcher eine Art ein bestimmtes Gebiet charakterisierte, schwankend sein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/147
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/147>, abgerufen am 22.11.2024.