Die auf den Hochgebirgen der boreal-gemäßigten Zone zahl- reich zerstreuten Saxifraga-Arten liefern für Pyrenäen, Alpen, Kaukasus, Himalaya, Rocky Mts. etc. zahlreiche Endemismen, welche gleichzeitig repräsentativ sind; bei naher Verwandtschaft wird ihr Alter im Artcharakter nicht hoch sein. Die auch die Ostalpen zierende Scrophulariacee Wulfenia ist in nur 4 Arten beschränkt auf dieses Gebirge, auf das westliche Asien und den Himalaya und hat dabei Repräsentativarten. Die Gattung Erica mit 400 Arten beschränkt sich auf die Alte Welt von Mittel- und Südeuropa und Südafrika; das tropische Afrika scheidet die Arten der beiden Hauptgebiete vollkommen, und die Hauptmasse jener 400 ist im südwestlichen Kaplande auf sehr beschränktem Areal endemisch; aber nicht ganz wenige Arten sind repräsentativ. -- Salis- burya oder Gingko biloba, diese merkwürdige Conifere, hat nur noch eine Art lebend in Ostasien; in früheren Erdperioden ist die- selbe formenreich und weit in den borealen Gebieten verbreitet gewesen; die Gattung ist also endemisch durch Aussterben ge- worden, die lebende Art als solche mag in Ostasien ursprünglich sein. -- Grönland besitzt eine Reihe endemischer Unterarten, welche sonst nirgends vorkommen, aber alle sehr nahe verwandt sind mit übrigens weit arktisch-boreal verbreiteten Arten; sie sind vielleicht alle inter- oder postglacialen Ursprungs durch lokale Transmuta- tion ihrer morphologischen Charaktere unter dem Einfluss der be- sonderen Existenzbedingungen. -- Scalesia ist eine 10 Arten zäh- lende, auf den Galapagos-Inseln endemische und dort den Busch- wald bildende Compositengattung; die verschiedenen Arten aber schliessen sich aus und bewohnen repräsentativ die verschiedenen Inseln.
Der Begriff des Endemismus schwankt mit der Grösse des der Betrachtung zu Grunde gelegten Areals und mit dessen pflanzengeographischer "Natürlichkeit". Deutsch- land z. B. ist ein pflanzengeographisch unhaltbarer Be- griff und besitzt keine endemische Art; die Alpenkette ist natürlich abgegrenzt und von nicht grosser Ausdeh- nung, sie besitzt circa 200 starke endemische Arten. Für die Beurteilung der eigenartigen Entwickelung spielen die endemischen Sippen höheren Ranges die wichtigste Rolle; nach ihrer Erstreckung werden die Ländergebiete abgegrenzt und gelten als um so natürlicher, je mehr endemische Sippen bei der Form der gewählten Grenzen in dieselben fallen. Diese, einem circulus vitiosus bis zu gewissem Grade unterworfene Operation bildet die wissen- schaftliche Unterlage der Florenreiche: einem Floren- reich gehört nicht nur die Hauptmasse der Arten, sondern
Verschiedenes Alter der Endemismen.
Die auf den Hochgebirgen der boreal-gemäßigten Zone zahl- reich zerstreuten Saxifraga-Arten liefern für Pyrenäen, Alpen, Kaukasus, Himalaya, Rocky Mts. etc. zahlreiche Endemismen, welche gleichzeitig repräsentativ sind; bei naher Verwandtschaft wird ihr Alter im Artcharakter nicht hoch sein. Die auch die Ostalpen zierende Scrophulariacee Wulfenia ist in nur 4 Arten beschränkt auf dieses Gebirge, auf das westliche Asien und den Himalaya und hat dabei Repräsentativarten. Die Gattung Erica mit 400 Arten beschränkt sich auf die Alte Welt von Mittel- und Südeuropa und Südafrika; das tropische Afrika scheidet die Arten der beiden Hauptgebiete vollkommen, und die Hauptmasse jener 400 ist im südwestlichen Kaplande auf sehr beschränktem Areal endemisch; aber nicht ganz wenige Arten sind repräsentativ. — Salis- burya oder Gingko biloba, diese merkwürdige Conifere, hat nur noch eine Art lebend in Ostasien; in früheren Erdperioden ist die- selbe formenreich und weit in den borealen Gebieten verbreitet gewesen; die Gattung ist also endemisch durch Aussterben ge- worden, die lebende Art als solche mag in Ostasien ursprünglich sein. — Grönland besitzt eine Reihe endemischer Unterarten, welche sonst nirgends vorkommen, aber alle sehr nahe verwandt sind mit übrigens weit arktisch-boreal verbreiteten Arten; sie sind vielleicht alle inter- oder postglacialen Ursprungs durch lokale Transmuta- tion ihrer morphologischen Charaktere unter dem Einfluss der be- sonderen Existenzbedingungen. — Scalesia ist eine 10 Arten zäh- lende, auf den Galapagos-Inseln endemische und dort den Busch- wald bildende Compositengattung; die verschiedenen Arten aber schliessen sich aus und bewohnen repräsentativ die verschiedenen Inseln.
Der Begriff des Endemismus schwankt mit der Grösse des der Betrachtung zu Grunde gelegten Areals und mit dessen pflanzengeographischer „Natürlichkeit“. Deutsch- land z. B. ist ein pflanzengeographisch unhaltbarer Be- griff und besitzt keine endemische Art; die Alpenkette ist natürlich abgegrenzt und von nicht grosser Ausdeh- nung, sie besitzt circa 200 starke endemische Arten. Für die Beurteilung der eigenartigen Entwickelung spielen die endemischen Sippen höheren Ranges die wichtigste Rolle; nach ihrer Erstreckung werden die Ländergebiete abgegrenzt und gelten als um so natürlicher, je mehr endemische Sippen bei der Form der gewählten Grenzen in dieselben fallen. Diese, einem circulus vitiosus bis zu gewissem Grade unterworfene Operation bildet die wissen- schaftliche Unterlage der Florenreiche: einem Floren- reich gehört nicht nur die Hauptmasse der Arten, sondern
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Verschiedenes Alter der Endemismen.
Die auf den Hochgebirgen der boreal-gemäßigten Zone zahl-
reich zerstreuten Saxifraga-Arten liefern für Pyrenäen, Alpen,
Kaukasus, Himalaya, Rocky Mts. etc. zahlreiche Endemismen,
welche gleichzeitig repräsentativ sind; bei naher Verwandtschaft
wird ihr Alter im Artcharakter nicht hoch sein. Die auch die
Ostalpen zierende Scrophulariacee Wulfenia ist in nur 4 Arten
beschränkt auf dieses Gebirge, auf das westliche Asien und den
Himalaya und hat dabei Repräsentativarten. Die Gattung Erica
mit 400 Arten beschränkt sich auf die Alte Welt von Mittel- und
Südeuropa und Südafrika; das tropische Afrika scheidet die Arten
der beiden Hauptgebiete vollkommen, und die Hauptmasse jener
400 ist im südwestlichen Kaplande auf sehr beschränktem Areal
endemisch; aber nicht ganz wenige Arten sind repräsentativ. — Salis-
burya oder Gingko biloba, diese merkwürdige Conifere, hat nur
noch eine Art lebend in Ostasien; in früheren Erdperioden ist die-
selbe formenreich und weit in den borealen Gebieten verbreitet
gewesen; die Gattung ist also endemisch durch Aussterben ge-
worden, die lebende Art als solche mag in Ostasien ursprünglich
sein. — Grönland besitzt eine Reihe endemischer Unterarten, welche
sonst nirgends vorkommen, aber alle sehr nahe verwandt sind mit
übrigens weit arktisch-boreal verbreiteten Arten; sie sind vielleicht
alle inter- oder postglacialen Ursprungs durch lokale Transmuta-
tion ihrer morphologischen Charaktere unter dem Einfluss der be-
sonderen Existenzbedingungen. — Scalesia ist eine 10 Arten zäh-
lende, auf den Galapagos-Inseln endemische und dort den Busch-
wald bildende Compositengattung; die verschiedenen Arten aber
schliessen sich aus und bewohnen repräsentativ die verschiedenen
Inseln.
Der Begriff des Endemismus schwankt mit der Grösse
des der Betrachtung zu Grunde gelegten Areals und mit
dessen pflanzengeographischer „Natürlichkeit“. Deutsch-
land z. B. ist ein pflanzengeographisch unhaltbarer Be-
griff und besitzt keine endemische Art; die Alpenkette
ist natürlich abgegrenzt und von nicht grosser Ausdeh-
nung, sie besitzt circa 200 starke endemische Arten. Für
die Beurteilung der eigenartigen Entwickelung spielen
die endemischen Sippen höheren Ranges die wichtigste
Rolle; nach ihrer Erstreckung werden die Ländergebiete
abgegrenzt und gelten als um so natürlicher, je mehr
endemische Sippen bei der Form der gewählten Grenzen
in dieselben fallen. Diese, einem circulus vitiosus bis zu
gewissem Grade unterworfene Operation bildet die wissen-
schaftliche Unterlage der Florenreiche: einem Floren-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/148>, abgerufen am 22.11.2024.
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