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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Beispiele für Gebirgswanderung.
nordwestlicher Richtung vorgedrungen, und Rhododendron,
dessen Artreichtum aus Yünnan neuerdings bekannt wurde,
hat eine Art (Rhododendron Lochae) als Vorposten süd-
lichster Art auf den höchsten Berg des tropischen Austra-
liens, den Mt. Bellenden-Ker, in 1600 m Höhe neben
eine indische Vacciniacee: Agapetes Meiniana, verpflanzt;
zwei andere Arten, Rhododendron Arfakianum und Rho-
dodendron Celebicum
, zeigen schon in ihrem Namen die
Zwischenstationen des sprungweisen Wanderungsweges.
-- Auch im tropischen A rika zeigen die Hochgebirge
diese Vermischungsrolle; in der östlichen Kette begegnet
unter dem Aequator die abessinische Flora der südafri-
kanischen. Mit ersterer ist ein Charakterstrauch der
Mittelmeerländer: Erica arborea, gegen die zahlreichen
Eriken vom Kaplande vorgeschoben, ja auch Juniperus
procera
als einziger Repräsentant einer borealen Conifere
im Herzen von Afrika, wo sonst diese Ordnung nur die
australen Podocarpusarten aufweist; umgekehrt sind die
südafrikanischen Proteaceen nach Norden gegangen, und
die schöne Protea abyssinica bedeckt die Wände der Ra-
vinen am Kilima-Ndjaro zusammen mit tropisch-afrika-
nischen Lobelien. Die Kamerunberge besitzen oberhalb
1000 m nur etwa ein Viertel ihrer Arten aus Tropen-
gattungen entstammend, ein zweites Viertel ist unbestimmt,
fast die Hälfte gehört Gattungen gemäßigter Klimate
an; diese letzteren sind grösstenteils wiederum abessinisch
(zugleich auch weit in Europa verbreitet), andere ver-
binden die Kapflora mit den Tropen. --

In den nördlich vom 55.° N. gelegenen Gebirgen ist
in unserer gegenwärtigen Erdperiode nur die Gemeinsam-
keit der Verbreitung nordischer Glacial- und Alpenpflanzen
zum Ausdrucke gelangt, die Entwickelung endemischer
Charaktere hat seit den Wanderungen der Eiszeit noch
nicht wieder Platz greifen können.

Dieselben Glacialpflanzen sind dann auch gleichzeitig viel-
fältig auf denjenigen Hochgebirgen zu finden, welche neben ihnen
endemische Arten in reicher Menge besitzen, wie Alpen, Altai-
Himalaya, Rocky Mts.; daraus hat sich die Meinung herausgebildet,
als ob man beim Betreten höherer Gebirgsregionen immer dieselbe
"alpine Flora" vorfände. Dem ist natürlich nicht so. Man sollte

Beispiele für Gebirgswanderung.
nordwestlicher Richtung vorgedrungen, und Rhododendron,
dessen Artreichtum aus Yünnan neuerdings bekannt wurde,
hat eine Art (Rhododendron Lochae) als Vorposten süd-
lichster Art auf den höchsten Berg des tropischen Austra-
liens, den Mt. Bellenden-Ker, in 1600 m Höhe neben
eine indische Vacciniacee: Agapetes Meiniana, verpflanzt;
zwei andere Arten, Rhododendron Arfakianum und Rho-
dodendron Celebicum
, zeigen schon in ihrem Namen die
Zwischenstationen des sprungweisen Wanderungsweges.
— Auch im tropischen A rika zeigen die Hochgebirge
diese Vermischungsrolle; in der östlichen Kette begegnet
unter dem Aequator die abessinische Flora der südafri-
kanischen. Mit ersterer ist ein Charakterstrauch der
Mittelmeerländer: Erica arborea, gegen die zahlreichen
Eriken vom Kaplande vorgeschoben, ja auch Juniperus
procera
als einziger Repräsentant einer borealen Conifere
im Herzen von Afrika, wo sonst diese Ordnung nur die
australen Podocarpusarten aufweist; umgekehrt sind die
südafrikanischen Proteaceen nach Norden gegangen, und
die schöne Protea abyssinica bedeckt die Wände der Ra-
vinen am Kilima-Ndjaro zusammen mit tropisch-afrika-
nischen Lobelien. Die Kamerunberge besitzen oberhalb
1000 m nur etwa ein Viertel ihrer Arten aus Tropen-
gattungen entstammend, ein zweites Viertel ist unbestimmt,
fast die Hälfte gehört Gattungen gemäßigter Klimate
an; diese letzteren sind grösstenteils wiederum abessinisch
(zugleich auch weit in Europa verbreitet), andere ver-
binden die Kapflora mit den Tropen. —

In den nördlich vom 55.° N. gelegenen Gebirgen ist
in unserer gegenwärtigen Erdperiode nur die Gemeinsam-
keit der Verbreitung nordischer Glacial- und Alpenpflanzen
zum Ausdrucke gelangt, die Entwickelung endemischer
Charaktere hat seit den Wanderungen der Eiszeit noch
nicht wieder Platz greifen können.

Dieselben Glacialpflanzen sind dann auch gleichzeitig viel-
fältig auf denjenigen Hochgebirgen zu finden, welche neben ihnen
endemische Arten in reicher Menge besitzen, wie Alpen, Altai-
Himalaya, Rocky Mts.; daraus hat sich die Meinung herausgebildet,
als ob man beim Betreten höherer Gebirgsregionen immer dieselbe
„alpine Flora“ vorfände. Dem ist natürlich nicht so. Man sollte

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[142/0164] Beispiele für Gebirgswanderung. nordwestlicher Richtung vorgedrungen, und Rhododendron, dessen Artreichtum aus Yünnan neuerdings bekannt wurde, hat eine Art (Rhododendron Lochae) als Vorposten süd- lichster Art auf den höchsten Berg des tropischen Austra- liens, den Mt. Bellenden-Ker, in 1600 m Höhe neben eine indische Vacciniacee: Agapetes Meiniana, verpflanzt; zwei andere Arten, Rhododendron Arfakianum und Rho- dodendron Celebicum, zeigen schon in ihrem Namen die Zwischenstationen des sprungweisen Wanderungsweges. — Auch im tropischen A rika zeigen die Hochgebirge diese Vermischungsrolle; in der östlichen Kette begegnet unter dem Aequator die abessinische Flora der südafri- kanischen. Mit ersterer ist ein Charakterstrauch der Mittelmeerländer: Erica arborea, gegen die zahlreichen Eriken vom Kaplande vorgeschoben, ja auch Juniperus procera als einziger Repräsentant einer borealen Conifere im Herzen von Afrika, wo sonst diese Ordnung nur die australen Podocarpusarten aufweist; umgekehrt sind die südafrikanischen Proteaceen nach Norden gegangen, und die schöne Protea abyssinica bedeckt die Wände der Ra- vinen am Kilima-Ndjaro zusammen mit tropisch-afrika- nischen Lobelien. Die Kamerunberge besitzen oberhalb 1000 m nur etwa ein Viertel ihrer Arten aus Tropen- gattungen entstammend, ein zweites Viertel ist unbestimmt, fast die Hälfte gehört Gattungen gemäßigter Klimate an; diese letzteren sind grösstenteils wiederum abessinisch (zugleich auch weit in Europa verbreitet), andere ver- binden die Kapflora mit den Tropen. — In den nördlich vom 55.° N. gelegenen Gebirgen ist in unserer gegenwärtigen Erdperiode nur die Gemeinsam- keit der Verbreitung nordischer Glacial- und Alpenpflanzen zum Ausdrucke gelangt, die Entwickelung endemischer Charaktere hat seit den Wanderungen der Eiszeit noch nicht wieder Platz greifen können. Dieselben Glacialpflanzen sind dann auch gleichzeitig viel- fältig auf denjenigen Hochgebirgen zu finden, welche neben ihnen endemische Arten in reicher Menge besitzen, wie Alpen, Altai- Himalaya, Rocky Mts.; daraus hat sich die Meinung herausgebildet, als ob man beim Betreten höherer Gebirgsregionen immer dieselbe „alpine Flora“ vorfände. Dem ist natürlich nicht so. Man sollte

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/164>, abgerufen am 21.11.2024.