Formationen empfindlicher sind als die einzelnen Pflanzen- arten; in reich gegliedertem Gelände wird immer ein bunter Formationswechsel zu erwarten sein, aber trotz- dem können einzelne anpassungsfähige Arten von der einen Formation zur anderen übertreten. Der Boden kann noch unter ungünstigerem Klima einer bestimmten For- mation Vorschub leisten und deren geographisches Areal erweitern, wie z. B. arktische Formationen in der ge- mäßigt-warmen Ebene in Mooren, trockenheisse ebenda- selbst auf Kalkhügeln enden. Kleine Ungleichheiten können oft ausschlaggebend in diesem oder jenem Sinne wirken, und die einseitige Erschöpfung des Bodens muss dann endlich zu Formationswechseln führen.
e) Ernährungsphysiologische Eigenheiten und Anpassungseigentümlichkeiten an die Aussenwelt. Hierunter sind die für manche Forma- tionen schon jetzt nachgewiesenen, für andere noch ver- borgen ruhenden Wechselwirkungen zumal organischer Art zu verstehen, welche die Biologie in ihren Bereich zieht. Ob beispielsweise Regenwürmer in einer Boden- krume hausen oder nicht, ist für die in dieser wurzeln- den Gewächse der gesamten Formation von grosser Be- deutung; oder umgekehrt ist die Gegenwart der Regen- würmer an bestimmte Formationen gebunden. Die in den Tropen von Malesien und Amerika, ja selbst bei uns in jüngerer Zeit aufgedeckten Beziehungen zwischen Ameisen und einer ganzen Reihe durch sie begünstigter "myrmekophiler" Pflanzen sind nicht nur für diese Arten an sich, sondern für deren ganze Bestände von Bedeutung. Die Veränderung, der die Formationen durch weidende Tiere unterliegen, ist sehr bekannt. Das Aufwerfen von Maulwurfshügeln inmitten einer Wiese führt zu fremd- artigen Besiedelungen in einem sonst einheitlichen For- mationsbilde. -- Es wiederholt sich also hier für die Formation, was für die Begrenzung der Einzelarten im Abschnitt 3 (Seite 120--124) hervorgehoben war, aber eine Wechselwirkung im grösseren Sinne!
Die Beziehungen verschiedener Organismen zu einander als biologische Charaktere, welche sich im Formationsbilde zu er-
Abhängigkeit vom Boden und Anpassungen.
Formationen empfindlicher sind als die einzelnen Pflanzen- arten; in reich gegliedertem Gelände wird immer ein bunter Formationswechsel zu erwarten sein, aber trotz- dem können einzelne anpassungsfähige Arten von der einen Formation zur anderen übertreten. Der Boden kann noch unter ungünstigerem Klima einer bestimmten For- mation Vorschub leisten und deren geographisches Areal erweitern, wie z. B. arktische Formationen in der ge- mäßigt-warmen Ebene in Mooren, trockenheisse ebenda- selbst auf Kalkhügeln enden. Kleine Ungleichheiten können oft ausschlaggebend in diesem oder jenem Sinne wirken, und die einseitige Erschöpfung des Bodens muss dann endlich zu Formationswechseln führen.
e) Ernährungsphysiologische Eigenheiten und Anpassungseigentümlichkeiten an die Aussenwelt. Hierunter sind die für manche Forma- tionen schon jetzt nachgewiesenen, für andere noch ver- borgen ruhenden Wechselwirkungen zumal organischer Art zu verstehen, welche die Biologie in ihren Bereich zieht. Ob beispielsweise Regenwürmer in einer Boden- krume hausen oder nicht, ist für die in dieser wurzeln- den Gewächse der gesamten Formation von grosser Be- deutung; oder umgekehrt ist die Gegenwart der Regen- würmer an bestimmte Formationen gebunden. Die in den Tropen von Malesien und Amerika, ja selbst bei uns in jüngerer Zeit aufgedeckten Beziehungen zwischen Ameisen und einer ganzen Reihe durch sie begünstigter „myrmekophiler“ Pflanzen sind nicht nur für diese Arten an sich, sondern für deren ganze Bestände von Bedeutung. Die Veränderung, der die Formationen durch weidende Tiere unterliegen, ist sehr bekannt. Das Aufwerfen von Maulwurfshügeln inmitten einer Wiese führt zu fremd- artigen Besiedelungen in einem sonst einheitlichen For- mationsbilde. — Es wiederholt sich also hier für die Formation, was für die Begrenzung der Einzelarten im Abschnitt 3 (Seite 120—124) hervorgehoben war, aber eine Wechselwirkung im grösseren Sinne!
Die Beziehungen verschiedener Organismen zu einander als biologische Charaktere, welche sich im Formationsbilde zu er-
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Abhängigkeit vom Boden und Anpassungen.
Formationen empfindlicher sind als die einzelnen Pflanzen-
arten; in reich gegliedertem Gelände wird immer ein
bunter Formationswechsel zu erwarten sein, aber trotz-
dem können einzelne anpassungsfähige Arten von der
einen Formation zur anderen übertreten. Der Boden kann
noch unter ungünstigerem Klima einer bestimmten For-
mation Vorschub leisten und deren geographisches Areal
erweitern, wie z. B. arktische Formationen in der ge-
mäßigt-warmen Ebene in Mooren, trockenheisse ebenda-
selbst auf Kalkhügeln enden. Kleine Ungleichheiten
können oft ausschlaggebend in diesem oder jenem Sinne
wirken, und die einseitige Erschöpfung des Bodens muss
dann endlich zu Formationswechseln führen.
e) Ernährungsphysiologische Eigenheiten
und Anpassungseigentümlichkeiten an die
Aussenwelt. Hierunter sind die für manche Forma-
tionen schon jetzt nachgewiesenen, für andere noch ver-
borgen ruhenden Wechselwirkungen zumal organischer
Art zu verstehen, welche die Biologie in ihren Bereich
zieht. Ob beispielsweise Regenwürmer in einer Boden-
krume hausen oder nicht, ist für die in dieser wurzeln-
den Gewächse der gesamten Formation von grosser Be-
deutung; oder umgekehrt ist die Gegenwart der Regen-
würmer an bestimmte Formationen gebunden. Die in
den Tropen von Malesien und Amerika, ja selbst bei uns
in jüngerer Zeit aufgedeckten Beziehungen zwischen
Ameisen und einer ganzen Reihe durch sie begünstigter
„myrmekophiler“ Pflanzen sind nicht nur für diese Arten
an sich, sondern für deren ganze Bestände von Bedeutung.
Die Veränderung, der die Formationen durch weidende
Tiere unterliegen, ist sehr bekannt. Das Aufwerfen von
Maulwurfshügeln inmitten einer Wiese führt zu fremd-
artigen Besiedelungen in einem sonst einheitlichen For-
mationsbilde. — Es wiederholt sich also hier für die
Formation, was für die Begrenzung der Einzelarten im
Abschnitt 3 (Seite 120—124) hervorgehoben war, aber
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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