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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Klimatische Beschränkung der Formationen.
schatten; in unseren Wäldern haben wir solche "mehr-
schichtige" Formationen sehr deutlich vor uns, wenn ein
gleichmäßiger Dom hoher Bäume unter sich Gruppen
von Sträuchern eingestreut enthält, unter welchen wiede-
rum teils niedere Halbsträucher (Heidelbeeren), teils aus-
dauernde Kräuter, und endlich am Boden selbst und
diesen oft mit eigener Narbe streckenweise zudeckend die
Moose auftreten. Mehrschichtige Formationen sind daher
stets ungleichförmig zusammengesetzt.

c) Die klimatischen Anforderungen gehören
in dem ganzen, oben (S. 32 und 36) besprochenen Um-
fange hierher, aber übertragen von der Einzelpflanze auf
die Formationsbestände. Es sind nämlich deren klima-
tische Grenzen enger gezogen als die der einzelnen Arten,
weil die einzelne Art noch, aus dem gewohnten Forma-
tionsbestande heraustretend, schützende Standorte in neuem
Verbande aufsuchen kann. So sehen wir nordische Stauden
aus ihren in sonnigen Matten vergesellschafteten Be-
ständen vereinzelt noch den tiefen Schatten feuchter
Wälder südlicherer Breiten aufsuchen, wo der nordische
Mattenbestand längst keine Heimat mehr hat. Um so
wichtiger für die Pflanzengeographie sind die Beziehungen
zwischen Klima und Formationsgrenzen, z. B. die Tempe-
raturgrenzen der Epiphyten und der die tropischen Regen-
wälder zusammensetzenden Formen von Schopf- und
immergrünen Wipfelbäumen, die der immergrünen Nadel-
wälder, der sommergrünen Laubwälder, die durch Regen-
höhen oder Regenverteilung bedingten Grenzen der Xero-
phyten-Formationen gegenüber den ständiger Bewässerung
bedürfenden Grasmatten, blätterreichen Gebüschen etc.
Dieselben gipfeln in der Abgrenzung der "Vegetations-
zonen", siehe oben S. 69--93.

d) Die Anforderungen an Wasserverteilung
im Boden und an den stofflichen Bodencharak-
ter
. Wie das Klima in grossen Zügen, so gliedert die
Topographie mit ihrem Gefolge verschiedener Boden-
klassen und Bewässerung im kleineren Maßstabe die
Formationen, macht aber erst das richtige Bild derselben
fertig. Wie vorhin lässt sich auch hier sagen, dass die

Drude, Pflanzengeographie. 15

Klimatische Beschränkung der Formationen.
schatten; in unseren Wäldern haben wir solche „mehr-
schichtige“ Formationen sehr deutlich vor uns, wenn ein
gleichmäßiger Dom hoher Bäume unter sich Gruppen
von Sträuchern eingestreut enthält, unter welchen wiede-
rum teils niedere Halbsträucher (Heidelbeeren), teils aus-
dauernde Kräuter, und endlich am Boden selbst und
diesen oft mit eigener Narbe streckenweise zudeckend die
Moose auftreten. Mehrschichtige Formationen sind daher
stets ungleichförmig zusammengesetzt.

c) Die klimatischen Anforderungen gehören
in dem ganzen, oben (S. 32 und 36) besprochenen Um-
fange hierher, aber übertragen von der Einzelpflanze auf
die Formationsbestände. Es sind nämlich deren klima-
tische Grenzen enger gezogen als die der einzelnen Arten,
weil die einzelne Art noch, aus dem gewohnten Forma-
tionsbestande heraustretend, schützende Standorte in neuem
Verbande aufsuchen kann. So sehen wir nordische Stauden
aus ihren in sonnigen Matten vergesellschafteten Be-
ständen vereinzelt noch den tiefen Schatten feuchter
Wälder südlicherer Breiten aufsuchen, wo der nordische
Mattenbestand längst keine Heimat mehr hat. Um so
wichtiger für die Pflanzengeographie sind die Beziehungen
zwischen Klima und Formationsgrenzen, z. B. die Tempe-
raturgrenzen der Epiphyten und der die tropischen Regen-
wälder zusammensetzenden Formen von Schopf- und
immergrünen Wipfelbäumen, die der immergrünen Nadel-
wälder, der sommergrünen Laubwälder, die durch Regen-
höhen oder Regenverteilung bedingten Grenzen der Xero-
phyten-Formationen gegenüber den ständiger Bewässerung
bedürfenden Grasmatten, blätterreichen Gebüschen etc.
Dieselben gipfeln in der Abgrenzung der „Vegetations-
zonen“, siehe oben S. 69—93.

d) Die Anforderungen an Wasserverteilung
im Boden und an den stofflichen Bodencharak-
ter
. Wie das Klima in grossen Zügen, so gliedert die
Topographie mit ihrem Gefolge verschiedener Boden-
klassen und Bewässerung im kleineren Maßstabe die
Formationen, macht aber erst das richtige Bild derselben
fertig. Wie vorhin lässt sich auch hier sagen, dass die

Drude, Pflanzengeographie. 15
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[225/0255] Klimatische Beschränkung der Formationen. schatten; in unseren Wäldern haben wir solche „mehr- schichtige“ Formationen sehr deutlich vor uns, wenn ein gleichmäßiger Dom hoher Bäume unter sich Gruppen von Sträuchern eingestreut enthält, unter welchen wiede- rum teils niedere Halbsträucher (Heidelbeeren), teils aus- dauernde Kräuter, und endlich am Boden selbst und diesen oft mit eigener Narbe streckenweise zudeckend die Moose auftreten. Mehrschichtige Formationen sind daher stets ungleichförmig zusammengesetzt. c) Die klimatischen Anforderungen gehören in dem ganzen, oben (S. 32 und 36) besprochenen Um- fange hierher, aber übertragen von der Einzelpflanze auf die Formationsbestände. Es sind nämlich deren klima- tische Grenzen enger gezogen als die der einzelnen Arten, weil die einzelne Art noch, aus dem gewohnten Forma- tionsbestande heraustretend, schützende Standorte in neuem Verbande aufsuchen kann. So sehen wir nordische Stauden aus ihren in sonnigen Matten vergesellschafteten Be- ständen vereinzelt noch den tiefen Schatten feuchter Wälder südlicherer Breiten aufsuchen, wo der nordische Mattenbestand längst keine Heimat mehr hat. Um so wichtiger für die Pflanzengeographie sind die Beziehungen zwischen Klima und Formationsgrenzen, z. B. die Tempe- raturgrenzen der Epiphyten und der die tropischen Regen- wälder zusammensetzenden Formen von Schopf- und immergrünen Wipfelbäumen, die der immergrünen Nadel- wälder, der sommergrünen Laubwälder, die durch Regen- höhen oder Regenverteilung bedingten Grenzen der Xero- phyten-Formationen gegenüber den ständiger Bewässerung bedürfenden Grasmatten, blätterreichen Gebüschen etc. Dieselben gipfeln in der Abgrenzung der „Vegetations- zonen“, siehe oben S. 69—93. d) Die Anforderungen an Wasserverteilung im Boden und an den stofflichen Bodencharak- ter. Wie das Klima in grossen Zügen, so gliedert die Topographie mit ihrem Gefolge verschiedener Boden- klassen und Bewässerung im kleineren Maßstabe die Formationen, macht aber erst das richtige Bild derselben fertig. Wie vorhin lässt sich auch hier sagen, dass die Drude, Pflanzengeographie. 15

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/255>, abgerufen am 22.11.2024.