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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Verbreitung und Statistik der Orchideen.
da, wo der Urwaldsgürtel selbst gesondert ist wechselnd wie die
Alpenfloren getrennter Gebirge; jedes tropische Florenreich hat auch
seine gesonderten, oft nach engen Gebieten rasch wechselnden
Epiphyten. Die Thatsache gewisser sehr weiter Areale scheint
Schimper veranlasst zu haben, die allgemeine und gleichartige
Verbreitung der Epiphyten zu sehr zu betonen.

Unter den Ordnungen der Blütenpflanzen, welche
so recht eigentlich in epiphytischen Arten glänzen, ragen
die Orchideen in ihrer weiten Verbreitung über die
ganze Erde hervor. Darin liegt zugleich begründet, dass
ein anderer grosser Teil dieser interessanten Pflanzen-
gruppe nicht zu den Charakteren der Tropenwaldungen
gehört, und es mag hier eine kurze Bemerkung über die
Verbreitung der ganzen Ordnung Platz finden.

Orchideen. Die ganze Ordnung nimmt mit 410 Gattungen
in dem Artreichtum von circa 10000 Spezies die dritte Stelle ein,
mit Hauptentwickelung in den tropischen Florenreichen. Geringer
ist die Zahl der erdbewohnenden Arten, welche in den gemäßigten
Klimaten allein vorhanden sind und bis zu hohen Breiten vor-
rücken: noch 4 Arten finden sich beispielsweise in Grönland zwischen
64--70° N. In den mittleren Regionen feucht-tropischer Gebirge
überflügeln sie an Arten- und Individuenreichtum die meisten Ord-
nungen, denen sie sonst nachzustehen pflegen, bilden z. B. die
artenreichste im Khasyagebiet des Himalaya; 500 Arten werden
allein für Birma angegeben. Ohne sich vollständig auszuschliessen,
sind doch die meisten grösseren Tribus in bestimmten Floren-
reichsgruppen vorzugsweise entwickelt, erst recht sind bedeutende
Gattungen einzelnen Florenreichen eigentümlich. So beschränken
sich beispielsweise die erdbewohnenden Ophrydinen-Serapiadeen,
zu welchen die meisten mitteleuropäischen Orchideen gehören, fast
ganz auf das Mediterran- und anstossende mittel-europäische Ge-
biet, wo besonders Ophrys und Orchis verbreitet sind; die Ophry-
dinen-Habenarieen gehören dagegen der Hauptmasse nach den
Tropen an, und fast alle Ophrydinen-Satyrieen gehören zum süd-
afrikanischen Florenreich. Sehr artenreiche tropische Gattungen
sind: Habenaria (300 Arten), Masdevallia (100), Stelis (150), Pleu-
rothallis (400), Epidendrum (über 400), Dendrobium (300), Eria
(80), Bolbophyllum (100), Maxillaria (über 100), Odontoglossum
(100), Oncidium (über 300), welche also zusammen nach Pfitzers
Abschätzung schon 2300 Arten umfassen.

In der Tropenwaldzone sind nun die Orchideen fast
allgegenwärtig; sie wachsen auf den Stämmen, in Gabe-
lungen der Zweige, auf gestürztem Holz; daneben breiten
sie sich über Felsen aus und hängen an den Stirnflächen

Verbreitung und Statistik der Orchideen.
da, wo der Urwaldsgürtel selbst gesondert ist wechselnd wie die
Alpenfloren getrennter Gebirge; jedes tropische Florenreich hat auch
seine gesonderten, oft nach engen Gebieten rasch wechselnden
Epiphyten. Die Thatsache gewisser sehr weiter Areale scheint
Schimper veranlasst zu haben, die allgemeine und gleichartige
Verbreitung der Epiphyten zu sehr zu betonen.

Unter den Ordnungen der Blütenpflanzen, welche
so recht eigentlich in epiphytischen Arten glänzen, ragen
die Orchideen in ihrer weiten Verbreitung über die
ganze Erde hervor. Darin liegt zugleich begründet, dass
ein anderer grosser Teil dieser interessanten Pflanzen-
gruppe nicht zu den Charakteren der Tropenwaldungen
gehört, und es mag hier eine kurze Bemerkung über die
Verbreitung der ganzen Ordnung Platz finden.

Orchideen. Die ganze Ordnung nimmt mit 410 Gattungen
in dem Artreichtum von circa 10000 Spezies die dritte Stelle ein,
mit Hauptentwickelung in den tropischen Florenreichen. Geringer
ist die Zahl der erdbewohnenden Arten, welche in den gemäßigten
Klimaten allein vorhanden sind und bis zu hohen Breiten vor-
rücken: noch 4 Arten finden sich beispielsweise in Grönland zwischen
64—70° N. In den mittleren Regionen feucht-tropischer Gebirge
überflügeln sie an Arten- und Individuenreichtum die meisten Ord-
nungen, denen sie sonst nachzustehen pflegen, bilden z. B. die
artenreichste im Khasyagebiet des Himalaya; 500 Arten werden
allein für Birma angegeben. Ohne sich vollständig auszuschliessen,
sind doch die meisten grösseren Tribus in bestimmten Floren-
reichsgruppen vorzugsweise entwickelt, erst recht sind bedeutende
Gattungen einzelnen Florenreichen eigentümlich. So beschränken
sich beispielsweise die erdbewohnenden Ophrydinen-Serapiadeen,
zu welchen die meisten mitteleuropäischen Orchideen gehören, fast
ganz auf das Mediterran- und anstossende mittel-europäische Ge-
biet, wo besonders Ophrys und Orchis verbreitet sind; die Ophry-
dinen-Habenarieen gehören dagegen der Hauptmasse nach den
Tropen an, und fast alle Ophrydinen-Satyrieen gehören zum süd-
afrikanischen Florenreich. Sehr artenreiche tropische Gattungen
sind: Habenaria (300 Arten), Masdevallia (100), Stelis (150), Pleu-
rothallis (400), Epidendrum (über 400), Dendrobium (300), Eria
(80), Bolbophyllum (100), Maxillaria (über 100), Odontoglossum
(100), Oncidium (über 300), welche also zusammen nach Pfitzers
Abschätzung schon 2300 Arten umfassen.

In der Tropenwaldzone sind nun die Orchideen fast
allgegenwärtig; sie wachsen auf den Stämmen, in Gabe-
lungen der Zweige, auf gestürztem Holz; daneben breiten
sie sich über Felsen aus und hängen an den Stirnflächen

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[236/0266] Verbreitung und Statistik der Orchideen. da, wo der Urwaldsgürtel selbst gesondert ist wechselnd wie die Alpenfloren getrennter Gebirge; jedes tropische Florenreich hat auch seine gesonderten, oft nach engen Gebieten rasch wechselnden Epiphyten. Die Thatsache gewisser sehr weiter Areale scheint Schimper veranlasst zu haben, die allgemeine und gleichartige Verbreitung der Epiphyten zu sehr zu betonen. Unter den Ordnungen der Blütenpflanzen, welche so recht eigentlich in epiphytischen Arten glänzen, ragen die Orchideen in ihrer weiten Verbreitung über die ganze Erde hervor. Darin liegt zugleich begründet, dass ein anderer grosser Teil dieser interessanten Pflanzen- gruppe nicht zu den Charakteren der Tropenwaldungen gehört, und es mag hier eine kurze Bemerkung über die Verbreitung der ganzen Ordnung Platz finden. Orchideen. Die ganze Ordnung nimmt mit 410 Gattungen in dem Artreichtum von circa 10000 Spezies die dritte Stelle ein, mit Hauptentwickelung in den tropischen Florenreichen. Geringer ist die Zahl der erdbewohnenden Arten, welche in den gemäßigten Klimaten allein vorhanden sind und bis zu hohen Breiten vor- rücken: noch 4 Arten finden sich beispielsweise in Grönland zwischen 64—70° N. In den mittleren Regionen feucht-tropischer Gebirge überflügeln sie an Arten- und Individuenreichtum die meisten Ord- nungen, denen sie sonst nachzustehen pflegen, bilden z. B. die artenreichste im Khasyagebiet des Himalaya; 500 Arten werden allein für Birma angegeben. Ohne sich vollständig auszuschliessen, sind doch die meisten grösseren Tribus in bestimmten Floren- reichsgruppen vorzugsweise entwickelt, erst recht sind bedeutende Gattungen einzelnen Florenreichen eigentümlich. So beschränken sich beispielsweise die erdbewohnenden Ophrydinen-Serapiadeen, zu welchen die meisten mitteleuropäischen Orchideen gehören, fast ganz auf das Mediterran- und anstossende mittel-europäische Ge- biet, wo besonders Ophrys und Orchis verbreitet sind; die Ophry- dinen-Habenarieen gehören dagegen der Hauptmasse nach den Tropen an, und fast alle Ophrydinen-Satyrieen gehören zum süd- afrikanischen Florenreich. Sehr artenreiche tropische Gattungen sind: Habenaria (300 Arten), Masdevallia (100), Stelis (150), Pleu- rothallis (400), Epidendrum (über 400), Dendrobium (300), Eria (80), Bolbophyllum (100), Maxillaria (über 100), Odontoglossum (100), Oncidium (über 300), welche also zusammen nach Pfitzers Abschätzung schon 2300 Arten umfassen. In der Tropenwaldzone sind nun die Orchideen fast allgegenwärtig; sie wachsen auf den Stämmen, in Gabe- lungen der Zweige, auf gestürztem Holz; daneben breiten sie sich über Felsen aus und hängen an den Stirnflächen

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/266>, abgerufen am 22.11.2024.