und Gegenwart ziemlich gleich gewesen sein möchte. In der Frage nach dem Ursprunge der Sippen und nach der Erzielung ihres jetzigen Areals ist daher die Pflanzengeographie in eine geolo- gische (erd-entwickelungsgeschichtliche) Methode zu ihrem Heile eingelenkt, so dass A. de Candolle jetzt mit Recht die neuere, strenger wissenschaftliche Richtung unserer Disziplin von diesem Zeitpunkte an rechnet.
Man möge nur nicht denken, dass dadurch die Wirkungs- weise der im Klima, im Boden, in der Konkurrenz der anderen Organismen liegenden äusseren Lebensbedingungen durch die geo- logische Methode irgendwie beeinträchtigt sei; es handelt sich nur darum, dass das heutige Klima im Anschluss an die heutige Orographie der Erde nicht die ganze Verteilung der Pflanzen- sippen, so wie sie vor unseren Augen steht, bewirkt hat, sondern dass diese Verteilungsweise in ihren Grundzügen sich herleitet von der der vorangegangenen Erdperioden, und dass die vergangene Orographie und die Klimate vergangener Perioden dabei auch mit- gewirkt haben; das heutige Klima hält nur die Auslese von alle- dem, was es im Anschluss an die jüngste Erdentwickelung vorfindet, vernichtet hier diese Sippen, fördert dort jene zur kräftigen Aus- breitung, erlaubt den Verschlagungen hier eine bleibende, dort eine nur vorübergehende Ansiedlungsstätte, hat aber nichts absolut Verändertes geschaffen.
Es ist bekannt, dass Grisebach in seiner "Vegetation der Erde" deswegen, weil er -- wie schon der Name des Werkes anzeigt -- die Wechselbeziehungen zwischen Klima und Pflanzenleben darzu- stellen beabsichtigte, die geologische Seite der Pflanzengeographie nicht nur für besondere Behandlung ausgelassen, sondern auch vielfach den Versuch gemacht hat, Fragen auf dem Wege klima- tologischer Untersuchung zu lösen, wo der florenentwickelungs- geschichtliche Weg vornehmlich zur Lösung berufen gewesen wäre. Es ist dies besonders da der Fall, wo getrennte Areale und auf- fällige Verbreitungsverhältnisse durch die im Augenblick wirksamen Kräfte auffälliger Verschlagung und abnormer Ausbreitung erklärt werden sollen, während ein Zurückgreifen auf geologische Zustände von dem jüngsten Tertiär, von der Eiszeit vielleicht, den Schlüssel dazu bieten würde. Wenn es bedauerlich ist, dass in dem gross- artigen Werke so mancher Raum mit einer Hypothese der Art ge- füllt ist, so muss doch anderseits auch betont werden, dass Grise- bach die geologische Richtung selbst in ihrem vollen Werte aner- kannte; vergl. in der oben angegebenen Abhandlung (1866) "Geo- logische Geobotanik" (Griseb. Abh. S. 324--334).
Die physiognomische Richtung der Pflanzengeographie als letztgenannter Gesichtspunkt, den man besser als Lehre von den Vegetationsformationen bezeichnet, hat ohne eigent- liche feste Bahnen sich nach Ideen einzelner Pflanzengeographen gebildet, welche vielfach voneinander abwichen. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: mit der biologischen Richtung einerseits und mit der vergleichenden Betrachtung der Areale der Systemsippen
Die Physiognomik als
und Gegenwart ziemlich gleich gewesen sein möchte. In der Frage nach dem Ursprunge der Sippen und nach der Erzielung ihres jetzigen Areals ist daher die Pflanzengeographie in eine geolo- gische (erd-entwickelungsgeschichtliche) Methode zu ihrem Heile eingelenkt, so dass A. de Candolle jetzt mit Recht die neuere, strenger wissenschaftliche Richtung unserer Disziplin von diesem Zeitpunkte an rechnet.
Man möge nur nicht denken, dass dadurch die Wirkungs- weise der im Klima, im Boden, in der Konkurrenz der anderen Organismen liegenden äusseren Lebensbedingungen durch die geo- logische Methode irgendwie beeinträchtigt sei; es handelt sich nur darum, dass das heutige Klima im Anschluss an die heutige Orographie der Erde nicht die ganze Verteilung der Pflanzen- sippen, so wie sie vor unseren Augen steht, bewirkt hat, sondern dass diese Verteilungsweise in ihren Grundzügen sich herleitet von der der vorangegangenen Erdperioden, und dass die vergangene Orographie und die Klimate vergangener Perioden dabei auch mit- gewirkt haben; das heutige Klima hält nur die Auslese von alle- dem, was es im Anschluss an die jüngste Erdentwickelung vorfindet, vernichtet hier diese Sippen, fördert dort jene zur kräftigen Aus- breitung, erlaubt den Verschlagungen hier eine bleibende, dort eine nur vorübergehende Ansiedlungsstätte, hat aber nichts absolut Verändertes geschaffen.
Es ist bekannt, dass Grisebach in seiner „Vegetation der Erde“ deswegen, weil er — wie schon der Name des Werkes anzeigt — die Wechselbeziehungen zwischen Klima und Pflanzenleben darzu- stellen beabsichtigte, die geologische Seite der Pflanzengeographie nicht nur für besondere Behandlung ausgelassen, sondern auch vielfach den Versuch gemacht hat, Fragen auf dem Wege klima- tologischer Untersuchung zu lösen, wo der florenentwickelungs- geschichtliche Weg vornehmlich zur Lösung berufen gewesen wäre. Es ist dies besonders da der Fall, wo getrennte Areale und auf- fällige Verbreitungsverhältnisse durch die im Augenblick wirksamen Kräfte auffälliger Verschlagung und abnormer Ausbreitung erklärt werden sollen, während ein Zurückgreifen auf geologische Zustände von dem jüngsten Tertiär, von der Eiszeit vielleicht, den Schlüssel dazu bieten würde. Wenn es bedauerlich ist, dass in dem gross- artigen Werke so mancher Raum mit einer Hypothese der Art ge- füllt ist, so muss doch anderseits auch betont werden, dass Grise- bach die geologische Richtung selbst in ihrem vollen Werte aner- kannte; vergl. in der oben angegebenen Abhandlung (1866) „Geo- logische Geobotanik“ (Griseb. Abh. S. 324—334).
Die physiognomische Richtung der Pflanzengeographie als letztgenannter Gesichtspunkt, den man besser als Lehre von den Vegetationsformationen bezeichnet, hat ohne eigent- liche feste Bahnen sich nach Ideen einzelner Pflanzengeographen gebildet, welche vielfach voneinander abwichen. Der Grund dafür ist leicht einzusehen: mit der biologischen Richtung einerseits und mit der vergleichenden Betrachtung der Areale der Systemsippen
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[10/0032]
Die Physiognomik als
und Gegenwart ziemlich gleich gewesen sein möchte. In der Frage
nach dem Ursprunge der Sippen und nach der Erzielung ihres
jetzigen Areals ist daher die Pflanzengeographie in eine geolo-
gische (erd-entwickelungsgeschichtliche) Methode zu ihrem Heile
eingelenkt, so dass A. de Candolle jetzt mit Recht die neuere,
strenger wissenschaftliche Richtung unserer Disziplin von diesem
Zeitpunkte an rechnet.
Man möge nur nicht denken, dass dadurch die Wirkungs-
weise der im Klima, im Boden, in der Konkurrenz der anderen
Organismen liegenden äusseren Lebensbedingungen durch die geo-
logische Methode irgendwie beeinträchtigt sei; es handelt sich nur
darum, dass das heutige Klima im Anschluss an die heutige
Orographie der Erde nicht die ganze Verteilung der Pflanzen-
sippen, so wie sie vor unseren Augen steht, bewirkt hat, sondern
dass diese Verteilungsweise in ihren Grundzügen sich herleitet von
der der vorangegangenen Erdperioden, und dass die vergangene
Orographie und die Klimate vergangener Perioden dabei auch mit-
gewirkt haben; das heutige Klima hält nur die Auslese von alle-
dem, was es im Anschluss an die jüngste Erdentwickelung vorfindet,
vernichtet hier diese Sippen, fördert dort jene zur kräftigen Aus-
breitung, erlaubt den Verschlagungen hier eine bleibende, dort
eine nur vorübergehende Ansiedlungsstätte, hat aber nichts absolut
Verändertes geschaffen.
Es ist bekannt, dass Grisebach in seiner „Vegetation der Erde“
deswegen, weil er — wie schon der Name des Werkes anzeigt —
die Wechselbeziehungen zwischen Klima und Pflanzenleben darzu-
stellen beabsichtigte, die geologische Seite der Pflanzengeographie
nicht nur für besondere Behandlung ausgelassen, sondern auch
vielfach den Versuch gemacht hat, Fragen auf dem Wege klima-
tologischer Untersuchung zu lösen, wo der florenentwickelungs-
geschichtliche Weg vornehmlich zur Lösung berufen gewesen wäre.
Es ist dies besonders da der Fall, wo getrennte Areale und auf-
fällige Verbreitungsverhältnisse durch die im Augenblick wirksamen
Kräfte auffälliger Verschlagung und abnormer Ausbreitung erklärt
werden sollen, während ein Zurückgreifen auf geologische Zustände
von dem jüngsten Tertiär, von der Eiszeit vielleicht, den Schlüssel
dazu bieten würde. Wenn es bedauerlich ist, dass in dem gross-
artigen Werke so mancher Raum mit einer Hypothese der Art ge-
füllt ist, so muss doch anderseits auch betont werden, dass Grise-
bach die geologische Richtung selbst in ihrem vollen Werte aner-
kannte; vergl. in der oben angegebenen Abhandlung (1866) „Geo-
logische Geobotanik“ (Griseb. Abh. S. 324—334).
Die physiognomische Richtung der Pflanzengeographie
als letztgenannter Gesichtspunkt, den man besser als Lehre von
den Vegetationsformationen bezeichnet, hat ohne eigent-
liche feste Bahnen sich nach Ideen einzelner Pflanzengeographen
gebildet, welche vielfach voneinander abwichen. Der Grund dafür
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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