124 Arten von Blütenpflanzen; durch die Vegaexpedition ist die Gesamtzahl der an Sibiriens Nordküste gefunde- nen Arten auf 160 gestiegen. Die Melvilleinsel zählt über 60, Spitzbergen 122, Nowaja Semlja 193 Arten von Ge- fässpflanzen. Für Grönland gab Warming eine zonal angeordnete statistische Tabelle: Südspitze bis 62° N.: 285 Arten, 62°--64°: 176, 64°--67°: 264, 67°--71°: 252, 71°--73°: 141, 73°--76°: 95, 76°--83°: 88 Arten von der Gesamtzahl an 386 Gefässpflanzen. Der Art- reichtum nimmt also in einer schon südlich vom Polar- kreise gelegenen Zone plötzlich ab, um dann in rein arktischen Breiten wieder zu steigen und nunmehr gen Norden langsam abzufallen.
Trotz der circumpolaren Areale so vieler charakte- ristischer Arten wäre es verfehlt, zu glauben, dass das Artgemisch an allen Orten in den entsprechenden For- mationen dasselbe wäre; es machen sich im Gegenteil die kontinentalen Verschiedenheiten auch noch im arkti- schen Gebiet als kleinere Gruppenbildungen bemerkbar, die sich stets durch besondere (west- und ostamerikanische, sibirische, skandinavische) Artgenossenschaften auszeich- nen. Hier bestimmte Grenzen zu ziehen, ist recht schwierig, aber folgende Hauptgruppen für eine ehemalige selbstän- digere Florenentwickelung, die dann ihre meisten Er- zeugnisse ausgetauscht haben, scheinen sich mit Recht unterscheiden zu lassen: 1. ein nordsibirischer (Tai- myrland-) Bezirk, 2. ein Beringsmeerbezirk von der Kolyma durch das Tschuktschenland über Westalaska, welcher zwischen der Barrowspitze und der Mackenzie- mündung aufhört; 3. ein nordkanadischer Bezirk von da bis Labrador; 4. ein Grönlandbezirk, dem auch Grin- nellland und die Inselgletscherflora bis zur Hudsonstrasse in der Hauptsache angehören, auch Island zugerechnet werden mag; 5. der Bezirk Nowaja Semlja-Spitz- bergen-Skandinavien, welchen ich mit Nathorst als einen natürlichen ansehe (vergl. G. J. X, S. 158). Hier- nach sind die Vegetationsregionen als einander ähn- lich, aber doch noch genugsam Verschiedenheiten kleinerer Art zeigend aufzufassen.
Statistik. Florenbezirke.
124 Arten von Blütenpflanzen; durch die Vegaexpedition ist die Gesamtzahl der an Sibiriens Nordküste gefunde- nen Arten auf 160 gestiegen. Die Melvilleinsel zählt über 60, Spitzbergen 122, Nowaja Semlja 193 Arten von Ge- fässpflanzen. Für Grönland gab Warming eine zonal angeordnete statistische Tabelle: Südspitze bis 62° N.: 285 Arten, 62°—64°: 176, 64°—67°: 264, 67°—71°: 252, 71°—73°: 141, 73°—76°: 95, 76°—83°: 88 Arten von der Gesamtzahl an 386 Gefässpflanzen. Der Art- reichtum nimmt also in einer schon südlich vom Polar- kreise gelegenen Zone plötzlich ab, um dann in rein arktischen Breiten wieder zu steigen und nunmehr gen Norden langsam abzufallen.
Trotz der circumpolaren Areale so vieler charakte- ristischer Arten wäre es verfehlt, zu glauben, dass das Artgemisch an allen Orten in den entsprechenden For- mationen dasselbe wäre; es machen sich im Gegenteil die kontinentalen Verschiedenheiten auch noch im arkti- schen Gebiet als kleinere Gruppenbildungen bemerkbar, die sich stets durch besondere (west- und ostamerikanische, sibirische, skandinavische) Artgenossenschaften auszeich- nen. Hier bestimmte Grenzen zu ziehen, ist recht schwierig, aber folgende Hauptgruppen für eine ehemalige selbstän- digere Florenentwickelung, die dann ihre meisten Er- zeugnisse ausgetauscht haben, scheinen sich mit Recht unterscheiden zu lassen: 1. ein nordsibirischer (Tai- myrland-) Bezirk, 2. ein Beringsmeerbezirk von der Kolyma durch das Tschuktschenland über Westalaska, welcher zwischen der Barrowspitze und der Mackenzie- mündung aufhört; 3. ein nordkanadischer Bezirk von da bis Labrador; 4. ein Grönlandbezirk, dem auch Grin- nellland und die Inselgletscherflora bis zur Hudsonstrasse in der Hauptsache angehören, auch Island zugerechnet werden mag; 5. der Bezirk Nowaja Semlja-Spitz- bergen-Skandinavien, welchen ich mit Nathorst als einen natürlichen ansehe (vergl. G. J. X, S. 158). Hier- nach sind die Vegetationsregionen als einander ähn- lich, aber doch noch genugsam Verschiedenheiten kleinerer Art zeigend aufzufassen.
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Statistik. Florenbezirke.
124 Arten von Blütenpflanzen; durch die Vegaexpedition
ist die Gesamtzahl der an Sibiriens Nordküste gefunde-
nen Arten auf 160 gestiegen. Die Melvilleinsel zählt über
60, Spitzbergen 122, Nowaja Semlja 193 Arten von Ge-
fässpflanzen. Für Grönland gab Warming eine zonal
angeordnete statistische Tabelle: Südspitze bis 62° N.:
285 Arten, 62°—64°: 176, 64°—67°: 264, 67°—71°:
252, 71°—73°: 141, 73°—76°: 95, 76°—83°: 88 Arten
von der Gesamtzahl an 386 Gefässpflanzen. Der Art-
reichtum nimmt also in einer schon südlich vom Polar-
kreise gelegenen Zone plötzlich ab, um dann in rein
arktischen Breiten wieder zu steigen und nunmehr gen
Norden langsam abzufallen.
Trotz der circumpolaren Areale so vieler charakte-
ristischer Arten wäre es verfehlt, zu glauben, dass das
Artgemisch an allen Orten in den entsprechenden For-
mationen dasselbe wäre; es machen sich im Gegenteil
die kontinentalen Verschiedenheiten auch noch im arkti-
schen Gebiet als kleinere Gruppenbildungen bemerkbar,
die sich stets durch besondere (west- und ostamerikanische,
sibirische, skandinavische) Artgenossenschaften auszeich-
nen. Hier bestimmte Grenzen zu ziehen, ist recht schwierig,
aber folgende Hauptgruppen für eine ehemalige selbstän-
digere Florenentwickelung, die dann ihre meisten Er-
zeugnisse ausgetauscht haben, scheinen sich mit Recht
unterscheiden zu lassen: 1. ein nordsibirischer (Tai-
myrland-) Bezirk, 2. ein Beringsmeerbezirk von der
Kolyma durch das Tschuktschenland über Westalaska,
welcher zwischen der Barrowspitze und der Mackenzie-
mündung aufhört; 3. ein nordkanadischer Bezirk von
da bis Labrador; 4. ein Grönlandbezirk, dem auch Grin-
nellland und die Inselgletscherflora bis zur Hudsonstrasse
in der Hauptsache angehören, auch Island zugerechnet
werden mag; 5. der Bezirk Nowaja Semlja-Spitz-
bergen-Skandinavien, welchen ich mit Nathorst als
einen natürlichen ansehe (vergl. G. J. X, S. 158). Hier-
nach sind die Vegetationsregionen als einander ähn-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/385>, abgerufen am 24.11.2024.
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