1. In der nordsibirischen Tundraregion gibt Kjellman als häufigste Formation die Polytrichum-Moostundra an, welche auf trockenem festen Boden mit karger Vegetation den Geröllsand- boden nicht vollkommen schliesst. Eriophorum angustifolium, Scheuchzeri, vaginatum bilden mit Luzula hyperborea die Gras- bekleidung im Polytrichum, zwischen der hier und da Flecken von Dryas und Cassiope tetragona eingestreut sind. An den nassen Stellen wechselt damit die "Laidy", d. i. Moosmoor oder die Sphag- num-Tundra ab. Unendlich verschieden davon ist die blumenreiche Mattenformation an den Abhängen und Abstürzen: "hier sind ganze Flächen mit lebhaftem Grün, mit Farben aller Art, bedeckt; hier prangt die Sieversia glacialis mit ihren üppigen hochgelben Blumen, die zierlichen Oxytropis- und Pedicularis-Arten, das Pole- monium humile, die frischen Farben der gelben, blauen und weissen Saxifragen, und alle in üppigem Wuchs" (Middendorff). Die grösste Dürftigkeit dagegen entwickelt die Flechtentundra- oder die "Steinmark"-Formation, wo Flechten, Krustenflechten und Cladonien, Cetrarien, Umbilicarien etc. fast allein die Felsblöcke bedecken. Auch hier bilden die Sanddünen eine eigene Formation, ausgezeichnet durch Elymus mollis als geselliges Gras. Die Vege- tation am Kap Tscheljuskin ist von Kjellman anschaulich geschil- dert (siehe Geogr. Mittlgn. 1881, S. 398) und dadurch von Interesse, dass sie den nördlichsten Anteil einer Kontinentalflora bildet; 23 Arten Blütenpflanzen wachsen hier dicht beisammen in einem durch Sprünge in kahle Sechsecke zerlegten Erdreich oder in ge- mischter Moos-, Flechten- und Grasmatte; Eritrichium villosum, eine Boraginee, bildet als Charakterpflanze des ganzen Land- distriktes von Nowaja Semlja bis zum Tschuktschen-Land hier Vergissmeinnicht-ähnliche blaue Polster; fast alle Phanerogamen zeigen den Wuchs in äusserst dichten, halbkugeligen Polstern, 7 Saxifragen befinden sich darunter.
2. Die verhältnismäßig wenig bekannte Berings- meer-Tundraregion unterscheidet sich nicht unwesent- lich in ihrem Artbestande. Von 221 Blütenpflanzen, welche auf der asiatischen Seite bisher bekannt geworden sind, finden sich gemäß Kjellmans Untersuchungen 53 Ar- ten nur östlich der Kolyma, und K. betrachtet dieselben teils als im Tschuktschenlande selbst entstanden, teils aus Amerika oder endlich aus den Baikalgebirgen her eingewandert.
Zu den gemeinsten Pflanzen gehört auch hier Eriophorum vaginatum, aber Ranunculus Chamissonis, Cineraria frigida, Primula Tschuktschorum und nivalis, Claytonia acutifolia geben sehr wohl charakterisierte Beigemische der entsprechenden westsibirischen Formationen, dazu im Rhododendron kamtschaticum ein lokaler Genosse zu dem weiter im hohen Norden verbreiteten Rh. lapponi-
1. Arktische Inseln und Eismeerküsten.
1. In der nordsibirischen Tundraregion gibt Kjellman als häufigste Formation die Polytrichum-Moostundra an, welche auf trockenem festen Boden mit karger Vegetation den Geröllsand- boden nicht vollkommen schliesst. Eriophorum angustifolium, Scheuchzeri, vaginatum bilden mit Luzula hyperborea die Gras- bekleidung im Polytrichum, zwischen der hier und da Flecken von Dryas und Cassiope tetragona eingestreut sind. An den nassen Stellen wechselt damit die „Laidy“, d. i. Moosmoor oder die Sphag- num-Tundra ab. Unendlich verschieden davon ist die blumenreiche Mattenformation an den Abhängen und Abstürzen: „hier sind ganze Flächen mit lebhaftem Grün, mit Farben aller Art, bedeckt; hier prangt die Sieversia glacialis mit ihren üppigen hochgelben Blumen, die zierlichen Oxytropis- und Pedicularis-Arten, das Pole- monium humile, die frischen Farben der gelben, blauen und weissen Saxifragen, und alle in üppigem Wuchs“ (Middendorff). Die grösste Dürftigkeit dagegen entwickelt die Flechtentundra- oder die „Steinmark“-Formation, wo Flechten, Krustenflechten und Cladonien, Cetrarien, Umbilicarien etc. fast allein die Felsblöcke bedecken. Auch hier bilden die Sanddünen eine eigene Formation, ausgezeichnet durch Elymus mollis als geselliges Gras. Die Vege- tation am Kap Tscheljuskin ist von Kjellman anschaulich geschil- dert (siehe Geogr. Mittlgn. 1881, S. 398) und dadurch von Interesse, dass sie den nördlichsten Anteil einer Kontinentalflora bildet; 23 Arten Blütenpflanzen wachsen hier dicht beisammen in einem durch Sprünge in kahle Sechsecke zerlegten Erdreich oder in ge- mischter Moos-, Flechten- und Grasmatte; Eritrichium villosum, eine Boraginee, bildet als Charakterpflanze des ganzen Land- distriktes von Nowaja Semlja bis zum Tschuktschen-Land hier Vergissmeinnicht-ähnliche blaue Polster; fast alle Phanerogamen zeigen den Wuchs in äusserst dichten, halbkugeligen Polstern, 7 Saxifragen befinden sich darunter.
2. Die verhältnismäßig wenig bekannte Berings- meer-Tundraregion unterscheidet sich nicht unwesent- lich in ihrem Artbestande. Von 221 Blütenpflanzen, welche auf der asiatischen Seite bisher bekannt geworden sind, finden sich gemäß Kjellmans Untersuchungen 53 Ar- ten nur östlich der Kolyma, und K. betrachtet dieselben teils als im Tschuktschenlande selbst entstanden, teils aus Amerika oder endlich aus den Baikalgebirgen her eingewandert.
Zu den gemeinsten Pflanzen gehört auch hier Eriophorum vaginatum, aber Ranunculus Chamissonis, Cineraria frigida, Primula Tschuktschorum und nivalis, Claytonia acutifolia geben sehr wohl charakterisierte Beigemische der entsprechenden westsibirischen Formationen, dazu im Rhododendron kamtschaticum ein lokaler Genosse zu dem weiter im hohen Norden verbreiteten Rh. lapponi-
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als häufigste Formation die Polytrichum-Moostundra an, welche auf
trockenem festen Boden mit karger Vegetation den Geröllsand-
boden nicht vollkommen schliesst. Eriophorum angustifolium,
Scheuchzeri, vaginatum bilden mit Luzula hyperborea die Gras-
bekleidung im Polytrichum, zwischen der hier und da Flecken
von Dryas und Cassiope tetragona eingestreut sind. An den nassen
Stellen wechselt damit die „Laidy“, d. i. Moosmoor oder die Sphag-
num-Tundra ab. Unendlich verschieden davon ist die blumenreiche
Mattenformation an den Abhängen und Abstürzen: „hier sind
ganze Flächen mit lebhaftem Grün, mit Farben aller Art, bedeckt;
hier prangt die Sieversia glacialis mit ihren üppigen hochgelben
Blumen, die zierlichen Oxytropis- und Pedicularis-Arten, das Pole-
monium humile, die frischen Farben der gelben, blauen und weissen
Saxifragen, und alle in üppigem Wuchs“ (Middendorff). Die
grösste Dürftigkeit dagegen entwickelt die Flechtentundra- oder
die „Steinmark“-Formation, wo Flechten, Krustenflechten und
Cladonien, Cetrarien, Umbilicarien etc. fast allein die Felsblöcke
bedecken. Auch hier bilden die Sanddünen eine eigene Formation,
ausgezeichnet durch Elymus mollis als geselliges Gras. Die Vege-
tation am Kap Tscheljuskin ist von Kjellman anschaulich geschil-
dert (siehe Geogr. Mittlgn. 1881, S. 398) und dadurch von Interesse,
dass sie den nördlichsten Anteil einer Kontinentalflora bildet;
23 Arten Blütenpflanzen wachsen hier dicht beisammen in einem
durch Sprünge in kahle Sechsecke zerlegten Erdreich oder in ge-
mischter Moos-, Flechten- und Grasmatte; Eritrichium villosum,
eine Boraginee, bildet als Charakterpflanze des ganzen Land-
distriktes von Nowaja Semlja bis zum Tschuktschen-Land hier
Vergissmeinnicht-ähnliche blaue Polster; fast alle Phanerogamen
zeigen den Wuchs in äusserst dichten, halbkugeligen Polstern,
7 Saxifragen befinden sich darunter.
2. Die verhältnismäßig wenig bekannte Berings-
meer-Tundraregion unterscheidet sich nicht unwesent-
lich in ihrem Artbestande. Von 221 Blütenpflanzen,
welche auf der asiatischen Seite bisher bekannt geworden
sind, finden sich gemäß Kjellmans Untersuchungen 53 Ar-
ten nur östlich der Kolyma, und K. betrachtet dieselben
teils als im Tschuktschenlande selbst entstanden, teils
aus Amerika oder endlich aus den Baikalgebirgen her
eingewandert.
Zu den gemeinsten Pflanzen gehört auch hier Eriophorum
vaginatum, aber Ranunculus Chamissonis, Cineraria frigida, Primula
Tschuktschorum und nivalis, Claytonia acutifolia geben sehr wohl
charakterisierte Beigemische der entsprechenden westsibirischen
Formationen, dazu im Rhododendron kamtschaticum ein lokaler
Genosse zu dem weiter im hohen Norden verbreiteten Rh. lapponi-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/386>, abgerufen am 24.11.2024.
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