Arbeit durch Acclimatisation bei verhältnismässig niederen Temperaturen (über Null) auszuführen lernen, aber nie- mals das Licht entbehren können. Die Lichtperiode ist daher der oberste Regulator des pflanzlichen Lebens.
Es gilt dieses Gesetz nicht von einer einzigen Vegetations- erscheinung, welche in merkwürdiger scheinbarer Unabhängigkeit vom Vorhandensein des Lichtes bekannt geworden ist, nämlich von den Entwickelungserscheinungen ozeanischer Tange unter dem Eise in arktischen Breiten zur Zeit der Polarnacht, von welchen unten (Absch. 6, Kap. 4) die Rede sein wird; eine völlige Unabhängigkeit von der Licht periode ist aber auch hier nicht vorhanden.
Es ist daher zur Beurteilung der Vegetationsenergie und deren Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten der Vergleich des "solaren Klimas" notwendig, welches Hann (Handbuch der Klimatologie, S. 55 u. ff.) über- sichtlich darstellt. Die Verteilung der Wärme, welche nach diesem solaren Klima theoretisch beurteilt werden soll, interessiert uns dabei weniger, weil der Pflanzen- geograph mit den thatsächlich stattfindenden Verhält- nissen allein zu rechnen hat; die Verteilung des Lichtes aber, welche nur durch Bewölkung abgeändert, und nicht wie die Wärme durch Luftströmungen und die Eigen- schaften des Erdreichs und Wassers umgestossen werden kann, ist nach diesem solaren Klima allein zu beurteilen: die Grösse der geleisteten organischen Arbeit (mit an- deren Worten die "Vegetationsfülle") muss bei sonst gleichen äusseren Bedingungen der Lichtintensität ent- sprechen.
Eingehendere Litteratur zu diesem Zwecke siehe G. J. Bd. VIII S. 231 u. 232.
Deshalb sind Betrachtungen, wie solche, dass die Ver- teilung der Strahlenmengen (pro Tag) zur Zeit der nörd- lichen Sommer-Sonnenwende sich verhält wie
Nordpol
62° N.
43 1/2° N.
Aequator
66 1/2° S.
1203
1092
1109
881
0
wenn die den Aequator am 20. März treffende Strahlen- menge gleich 1000 gesetzt wird; ferner die Betrachtung, dass der Unterschied der Bestrahlungsintensität am Aequator nur 12 % vom Mittel beträgt, dass dagegen schon unter 30° N. die Strahlenmengen zwischen 520 und
Beziehungen zum solaren Klima.
Arbeit durch Acclimatisation bei verhältnismässig niederen Temperaturen (über Null) auszuführen lernen, aber nie- mals das Licht entbehren können. Die Lichtperiode ist daher der oberste Regulator des pflanzlichen Lebens.
Es gilt dieses Gesetz nicht von einer einzigen Vegetations- erscheinung, welche in merkwürdiger scheinbarer Unabhängigkeit vom Vorhandensein des Lichtes bekannt geworden ist, nämlich von den Entwickelungserscheinungen ozeanischer Tange unter dem Eise in arktischen Breiten zur Zeit der Polarnacht, von welchen unten (Absch. 6, Kap. 4) die Rede sein wird; eine völlige Unabhängigkeit von der Licht periode ist aber auch hier nicht vorhanden.
Es ist daher zur Beurteilung der Vegetationsenergie und deren Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten der Vergleich des „solaren Klimas“ notwendig, welches Hann (Handbuch der Klimatologie, S. 55 u. ff.) über- sichtlich darstellt. Die Verteilung der Wärme, welche nach diesem solaren Klima theoretisch beurteilt werden soll, interessiert uns dabei weniger, weil der Pflanzen- geograph mit den thatsächlich stattfindenden Verhält- nissen allein zu rechnen hat; die Verteilung des Lichtes aber, welche nur durch Bewölkung abgeändert, und nicht wie die Wärme durch Luftströmungen und die Eigen- schaften des Erdreichs und Wassers umgestossen werden kann, ist nach diesem solaren Klima allein zu beurteilen: die Grösse der geleisteten organischen Arbeit (mit an- deren Worten die „Vegetationsfülle“) muss bei sonst gleichen äusseren Bedingungen der Lichtintensität ent- sprechen.
Eingehendere Litteratur zu diesem Zwecke siehe G. J. Bd. VIII S. 231 u. 232.
Deshalb sind Betrachtungen, wie solche, dass die Ver- teilung der Strahlenmengen (pro Tag) zur Zeit der nörd- lichen Sommer-Sonnenwende sich verhält wie
Nordpol
62° N.
43 ½° N.
Aequator
66 ½° S.
1203
1092
1109
881
0
wenn die den Aequator am 20. März treffende Strahlen- menge gleich 1000 gesetzt wird; ferner die Betrachtung, dass der Unterschied der Bestrahlungsintensität am Aequator nur 12 % vom Mittel beträgt, dass dagegen schon unter 30° N. die Strahlenmengen zwischen 520 und
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Beziehungen zum solaren Klima.
Arbeit durch Acclimatisation bei verhältnismässig niederen
Temperaturen (über Null) auszuführen lernen, aber nie-
mals das Licht entbehren können. Die Lichtperiode ist
daher der oberste Regulator des pflanzlichen Lebens.
Es gilt dieses Gesetz nicht von einer einzigen Vegetations-
erscheinung, welche in merkwürdiger scheinbarer Unabhängigkeit
vom Vorhandensein des Lichtes bekannt geworden ist, nämlich von
den Entwickelungserscheinungen ozeanischer Tange unter dem Eise
in arktischen Breiten zur Zeit der Polarnacht, von welchen unten
(Absch. 6, Kap. 4) die Rede sein wird; eine völlige Unabhängigkeit
von der Licht periode ist aber auch hier nicht vorhanden.
Es ist daher zur Beurteilung der Vegetationsenergie
und deren Verteilung auf die verschiedenen Jahreszeiten
der Vergleich des „solaren Klimas“ notwendig, welches
Hann (Handbuch der Klimatologie, S. 55 u. ff.) über-
sichtlich darstellt. Die Verteilung der Wärme, welche
nach diesem solaren Klima theoretisch beurteilt werden
soll, interessiert uns dabei weniger, weil der Pflanzen-
geograph mit den thatsächlich stattfindenden Verhält-
nissen allein zu rechnen hat; die Verteilung des Lichtes
aber, welche nur durch Bewölkung abgeändert, und nicht
wie die Wärme durch Luftströmungen und die Eigen-
schaften des Erdreichs und Wassers umgestossen werden
kann, ist nach diesem solaren Klima allein zu beurteilen:
die Grösse der geleisteten organischen Arbeit (mit an-
deren Worten die „Vegetationsfülle“) muss bei sonst
gleichen äusseren Bedingungen der Lichtintensität ent-
sprechen.
Eingehendere Litteratur zu diesem Zwecke siehe G. J. Bd. VIII
S. 231 u. 232.
Deshalb sind Betrachtungen, wie solche, dass die Ver-
teilung der Strahlenmengen (pro Tag) zur Zeit der nörd-
lichen Sommer-Sonnenwende sich verhält wie
Nordpol 62° N. 43 ½° N. Aequator 66 ½° S.
1203 1092 1109 881 0
wenn die den Aequator am 20. März treffende Strahlen-
menge gleich 1000 gesetzt wird; ferner die Betrachtung,
dass der Unterschied der Bestrahlungsintensität am
Aequator nur 12 % vom Mittel beträgt, dass dagegen
schon unter 30° N. die Strahlenmengen zwischen 520 und
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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