Hochgebirge gemein: hier erhebt sich ein kurzer, dicker, elasti- scher Stamm bis 1/2 m schief über den Boden und trägt einen aus dichtgestellten Zweigen gebildeten, flachen und horizontal ausge- breiteten Schirm; der Schneelast, besonders aber dem Drucke der Lawinen gegenüber verhalten sie sich wie das Krummholz der Alpen, wie denn auch ihre Bestände, aus einiger Entfernung ge- sehen, an solche von sehr zerstreut gestellten Legföhren erinnern." Die Halimodendron- und Ammodendron persicum-Gesträuche sind Bewohner der centralen Senken, wo sie die Flussläufe und Tamarix- Gebüsche begleiten. -- Vergl. auch oben, S. 145, über die Wüsten- steppen.
8. Mesopotamisch-persische Dattelregion. Stapf bezeichnet letztere mit dem persischen Worte Germsir, was unmittelbar "das heisse Land" bedeutet. Es würde bequem sein, wenn man künftig für alle be- sonders zu unterscheidenden Vegetationsregionen solche, zugleich an ein bestimmtes Land gebundene Namen in der notwendigen Freiheit der Anwendung zur Bezeich- nung hätte, welche den Inbegriff der Charaktergewächse in sich selbst bieten, ohne dass man -- wie hier die Dattel -- eins besonders herausgreifen muss. Die Nord- grenze des Germsir gegen die Steppen (Biaban) und gegen die feuchteren Wald- und Strauchformationen (Dschaengael) "bildet die Linie, innerhalb welcher Schneefälle und Fröste nur ausnahmsweise eintreten und rasch und gelinde ver- laufen. Sie fällt ziemlich genau mit der nördlichen Ver- breitungsgrenze der Dattelpalme und des Khonarstrauches, Zizyphus Spina Christi, zusammen. Innerhalb dieses Gebiets beginnen die Regen bereits im November, er- reichen ihre grösste Häufigkeit und Ausgiebigkeit ge- wöhnlich aber erst im Februar und verlieren sich bald nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche". Hier ist die Entfaltung der "Ephemeren", d. h. der am flüchtigsten in ihrer ganzen Entwickelung vom Keime bis zur Frucht- reife ihre Lebensprozesse im Frühling abspielenden Ge- wächse, am grössten und verleiht eine kurze Zeit hin- durch der Landschaft einen hohen Reiz, noch erhöht durch den Schmuck hellfarbiger Blumen.
Dicyclophora persica, eine hochwüchsige annuelle Umbellifere, ist hier zu nennen; die Mehrzahl der Arten ist sonst klein, aber
Drude, Pflanzengeographie. 26
Steppen von Iran. Mesopotamien.
Hochgebirge gemein: hier erhebt sich ein kurzer, dicker, elasti- scher Stamm bis ½ m schief über den Boden und trägt einen aus dichtgestellten Zweigen gebildeten, flachen und horizontal ausge- breiteten Schirm; der Schneelast, besonders aber dem Drucke der Lawinen gegenüber verhalten sie sich wie das Krummholz der Alpen, wie denn auch ihre Bestände, aus einiger Entfernung ge- sehen, an solche von sehr zerstreut gestellten Legföhren erinnern.“ Die Halimodendron- und Ammodendron persicum-Gesträuche sind Bewohner der centralen Senken, wo sie die Flussläufe und Tamarix- Gebüsche begleiten. — Vergl. auch oben, S. 145, über die Wüsten- steppen.
8. Mesopotamisch-persische Dattelregion. Stapf bezeichnet letztere mit dem persischen Worte Germsir, was unmittelbar „das heisse Land“ bedeutet. Es würde bequem sein, wenn man künftig für alle be- sonders zu unterscheidenden Vegetationsregionen solche, zugleich an ein bestimmtes Land gebundene Namen in der notwendigen Freiheit der Anwendung zur Bezeich- nung hätte, welche den Inbegriff der Charaktergewächse in sich selbst bieten, ohne dass man — wie hier die Dattel — eins besonders herausgreifen muss. Die Nord- grenze des Germsir gegen die Steppen (Biaban) und gegen die feuchteren Wald- und Strauchformationen (Dschaengael) „bildet die Linie, innerhalb welcher Schneefälle und Fröste nur ausnahmsweise eintreten und rasch und gelinde ver- laufen. Sie fällt ziemlich genau mit der nördlichen Ver- breitungsgrenze der Dattelpalme und des Khonarstrauches, Zizyphus Spina Christi, zusammen. Innerhalb dieses Gebiets beginnen die Regen bereits im November, er- reichen ihre grösste Häufigkeit und Ausgiebigkeit ge- wöhnlich aber erst im Februar und verlieren sich bald nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche“. Hier ist die Entfaltung der „Ephemeren“, d. h. der am flüchtigsten in ihrer ganzen Entwickelung vom Keime bis zur Frucht- reife ihre Lebensprozesse im Frühling abspielenden Ge- wächse, am grössten und verleiht eine kurze Zeit hin- durch der Landschaft einen hohen Reiz, noch erhöht durch den Schmuck hellfarbiger Blumen.
Dicyclophora persica, eine hochwüchsige annuelle Umbellifere, ist hier zu nennen; die Mehrzahl der Arten ist sonst klein, aber
Drude, Pflanzengeographie. 26
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Steppen von Iran. Mesopotamien.
Hochgebirge gemein: hier erhebt sich ein kurzer, dicker, elasti-
scher Stamm bis ½ m schief über den Boden und trägt einen aus
dichtgestellten Zweigen gebildeten, flachen und horizontal ausge-
breiteten Schirm; der Schneelast, besonders aber dem Drucke der
Lawinen gegenüber verhalten sie sich wie das Krummholz der
Alpen, wie denn auch ihre Bestände, aus einiger Entfernung ge-
sehen, an solche von sehr zerstreut gestellten Legföhren erinnern.“
Die Halimodendron- und Ammodendron persicum-Gesträuche sind
Bewohner der centralen Senken, wo sie die Flussläufe und Tamarix-
Gebüsche begleiten. — Vergl. auch oben, S. 145, über die Wüsten-
steppen.
8. Mesopotamisch-persische Dattelregion.
Stapf bezeichnet letztere mit dem persischen Worte
Germsir, was unmittelbar „das heisse Land“ bedeutet.
Es würde bequem sein, wenn man künftig für alle be-
sonders zu unterscheidenden Vegetationsregionen solche,
zugleich an ein bestimmtes Land gebundene Namen in
der notwendigen Freiheit der Anwendung zur Bezeich-
nung hätte, welche den Inbegriff der Charaktergewächse
in sich selbst bieten, ohne dass man — wie hier die
Dattel — eins besonders herausgreifen muss. Die Nord-
grenze des Germsir gegen die Steppen (Biaban) und gegen
die feuchteren Wald- und Strauchformationen (Dschaengael)
„bildet die Linie, innerhalb welcher Schneefälle und Fröste
nur ausnahmsweise eintreten und rasch und gelinde ver-
laufen. Sie fällt ziemlich genau mit der nördlichen Ver-
breitungsgrenze der Dattelpalme und des Khonarstrauches,
Zizyphus Spina Christi, zusammen. Innerhalb dieses
Gebiets beginnen die Regen bereits im November, er-
reichen ihre grösste Häufigkeit und Ausgiebigkeit ge-
wöhnlich aber erst im Februar und verlieren sich bald
nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche“. Hier ist die
Entfaltung der „Ephemeren“, d. h. der am flüchtigsten
in ihrer ganzen Entwickelung vom Keime bis zur Frucht-
reife ihre Lebensprozesse im Frühling abspielenden Ge-
wächse, am grössten und verleiht eine kurze Zeit hin-
durch der Landschaft einen hohen Reiz, noch erhöht
durch den Schmuck hellfarbiger Blumen.
Dicyclophora persica, eine hochwüchsige annuelle Umbellifere,
ist hier zu nennen; die Mehrzahl der Arten ist sonst klein, aber
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/433>, abgerufen am 22.11.2024.
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