gezählt werden können; dagegen erreichen sie (wie die Agave) oft bedeutende Dimensionen im Blatt und ertragen die Trockenperioden, ohne die Blätter abzuwerfen, durch die fleischige Textur derselben mit besonderem Verdun- stungsschutz in der Oberhaut.
Zwei andere Uebergänge von den eigentlichen Holz- gewächsen zu den Kräutern bilden zunächst die Halb- sträucher, deren Gezweig nach wenigen Vegetations- perioden abstirbt und durch neue aus dem Wurzelstock hervorschiessende Sprosse ersetzt wird, so dass sie -- wie die gewöhnliche Heide und Heidelbeere -- stets niedrige Gesträuche bilden, dabei selbst entweder immergrün oder periodisch belaubt sind; und zweitens die Rosetten- träger, unter welchem Namen die grossen, viele Jahre ausdauernden und über der Erdoberfläche frei sich ent- wickelnden Gewächse verstanden werden mögen, welche wie die Banane (Musa) oft noch in der Grösse an kleine Bäume erinnern, und auch noch einen kurzen, vollständig in Blattscheiden eingehüllten "Krautstamm" besitzen, oder welche wie die grossen Rosettenfarne auf ganz kurzem nackten Holzstamm stehen.
Die Epiphyten, welche ihren Wohnplatz auf an- deren Gewächsen, vornehmlich Bäumen, nehmen, ohne jedoch von ihren Quartiergebern mehr als den Platz und das Regenwasser mit dem Staube ihrer Rinde zu ver- langen, bilden dann eine wiederum reich in den Tropen gegliederte Vegetationsklasse, deren Formenkreise von Schimper höchst lehrreich in Hinsicht auf ihre Ernäh- rungsweise gezeichnet sind (G. J., Bd. XI, S. 104). Wir werden sie in der tropischen Waldformation ausführlicher zu besprechen haben (s. Abschn. 5).
Nun folgen die eigentlichen Kräuter mit selbständigen Wohnplätzen in den Ozeanen: Seewassergewächse (grösstenteils Tange, sonst Seegräser), oder in den Binnen- gewässern: Süsswassergewächse, teils mit Schwimm- organen auf der Oberfläche, teils untergetaucht; dann die auf dem festen Lande. Die Landgewächse zerfallen in pe- rennierende Kräuter oder Stauden, in zwei- oder ein- jährige Kräuter, welche alle feste Blattorganisation mit
Drude, Pflanzengeographie. 5
Halbsträucher. Rosettenträger. Epiphyten.
gezählt werden können; dagegen erreichen sie (wie die Agave) oft bedeutende Dimensionen im Blatt und ertragen die Trockenperioden, ohne die Blätter abzuwerfen, durch die fleischige Textur derselben mit besonderem Verdun- stungsschutz in der Oberhaut.
Zwei andere Uebergänge von den eigentlichen Holz- gewächsen zu den Kräutern bilden zunächst die Halb- sträucher, deren Gezweig nach wenigen Vegetations- perioden abstirbt und durch neue aus dem Wurzelstock hervorschiessende Sprosse ersetzt wird, so dass sie — wie die gewöhnliche Heide und Heidelbeere — stets niedrige Gesträuche bilden, dabei selbst entweder immergrün oder periodisch belaubt sind; und zweitens die Rosetten- träger, unter welchem Namen die grossen, viele Jahre ausdauernden und über der Erdoberfläche frei sich ent- wickelnden Gewächse verstanden werden mögen, welche wie die Banane (Musa) oft noch in der Grösse an kleine Bäume erinnern, und auch noch einen kurzen, vollständig in Blattscheiden eingehüllten „Krautstamm“ besitzen, oder welche wie die grossen Rosettenfarne auf ganz kurzem nackten Holzstamm stehen.
Die Epiphyten, welche ihren Wohnplatz auf an- deren Gewächsen, vornehmlich Bäumen, nehmen, ohne jedoch von ihren Quartiergebern mehr als den Platz und das Regenwasser mit dem Staube ihrer Rinde zu ver- langen, bilden dann eine wiederum reich in den Tropen gegliederte Vegetationsklasse, deren Formenkreise von Schimper höchst lehrreich in Hinsicht auf ihre Ernäh- rungsweise gezeichnet sind (G. J., Bd. XI, S. 104). Wir werden sie in der tropischen Waldformation ausführlicher zu besprechen haben (s. Abschn. 5).
Nun folgen die eigentlichen Kräuter mit selbständigen Wohnplätzen in den Ozeanen: Seewassergewächse (grösstenteils Tange, sonst Seegräser), oder in den Binnen- gewässern: Süsswassergewächse, teils mit Schwimm- organen auf der Oberfläche, teils untergetaucht; dann die auf dem festen Lande. Die Landgewächse zerfallen in pe- rennierende Kräuter oder Stauden, in zwei- oder ein- jährige Kräuter, welche alle feste Blattorganisation mit
Drude, Pflanzengeographie. 5
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[65/0087]
Halbsträucher. Rosettenträger. Epiphyten.
gezählt werden können; dagegen erreichen sie (wie die
Agave) oft bedeutende Dimensionen im Blatt und ertragen
die Trockenperioden, ohne die Blätter abzuwerfen, durch
die fleischige Textur derselben mit besonderem Verdun-
stungsschutz in der Oberhaut.
Zwei andere Uebergänge von den eigentlichen Holz-
gewächsen zu den Kräutern bilden zunächst die Halb-
sträucher, deren Gezweig nach wenigen Vegetations-
perioden abstirbt und durch neue aus dem Wurzelstock
hervorschiessende Sprosse ersetzt wird, so dass sie — wie
die gewöhnliche Heide und Heidelbeere — stets niedrige
Gesträuche bilden, dabei selbst entweder immergrün oder
periodisch belaubt sind; und zweitens die Rosetten-
träger, unter welchem Namen die grossen, viele Jahre
ausdauernden und über der Erdoberfläche frei sich ent-
wickelnden Gewächse verstanden werden mögen, welche
wie die Banane (Musa) oft noch in der Grösse an kleine
Bäume erinnern, und auch noch einen kurzen, vollständig
in Blattscheiden eingehüllten „Krautstamm“ besitzen, oder
welche wie die grossen Rosettenfarne auf ganz kurzem
nackten Holzstamm stehen.
Die Epiphyten, welche ihren Wohnplatz auf an-
deren Gewächsen, vornehmlich Bäumen, nehmen, ohne
jedoch von ihren Quartiergebern mehr als den Platz und
das Regenwasser mit dem Staube ihrer Rinde zu ver-
langen, bilden dann eine wiederum reich in den Tropen
gegliederte Vegetationsklasse, deren Formenkreise von
Schimper höchst lehrreich in Hinsicht auf ihre Ernäh-
rungsweise gezeichnet sind (G. J., Bd. XI, S. 104). Wir
werden sie in der tropischen Waldformation ausführlicher
zu besprechen haben (s. Abschn. 5).
Nun folgen die eigentlichen Kräuter mit selbständigen
Wohnplätzen in den Ozeanen: Seewassergewächse
(grösstenteils Tange, sonst Seegräser), oder in den Binnen-
gewässern: Süsswassergewächse, teils mit Schwimm-
organen auf der Oberfläche, teils untergetaucht; dann die
auf dem festen Lande. Die Landgewächse zerfallen in pe-
rennierende Kräuter oder Stauden, in zwei- oder ein-
jährige Kräuter, welche alle feste Blattorganisation mit
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/87>, abgerufen am 24.11.2024.
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