Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.Mit dieser Analyse der Religion und des Religions- Doch noch eine Vorbemerkung: indem wir das Moment So lange das Christenthum noch festen Halt in den Mit dieſer Analyſe der Religion und des Religions- Doch noch eine Vorbemerkung: indem wir das Moment So lange das Chriſtenthum noch feſten Halt in den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0016" n="7"/> <p>Mit dieſer Analyſe der Religion und des Religions-<lb/> erſatzes, welche wohl kaum anzufechten ſein dürfte, haben wir<lb/> einen feſten Maßſtab gewonnen, an dem wir die verſchiedenen<lb/> Verſuche, unſer Problem zu löſen, nunmehr meſſen können.</p><lb/> <p>Doch noch eine Vorbemerkung: indem wir das Moment<lb/> des <hi rendition="#g">Vertrauens</hi> in den Urgrund der Dinge und in den<lb/> Weltproceß als nothwendigen Beſtandtheil des vollkommenen<lb/> Religionserſatzes hervorhoben, haben wir unfere Stellung<lb/> dem Peſſimismus gegenüber gekennzeichnet. Der Religions-<lb/> erſatz muß dem ſchief dirigirten Vertrauen des Chriſtenthums<lb/> eine andere Wendung geben, und dadurch die peſſimiſtiſche<lb/> Faſſung der Wirklichkeit durch das Chriſtenthum über-<lb/> winden. Er muß, wenn er feſten Halt in den Geiſtern ge-<lb/> winnen ſoll, dem innerſten Weſen der modernen Culturvölker<lb/> angemeſſen ſein, — ein Moment, welches hervorgehoben zu<lb/> haben hauptſächlich Dühring’s Verdienſt iſt. Thatkräftig,<lb/> lebensfriſch und edler geartet, wie die beſten modernen<lb/> Culturvölker ſind, iſt der Peſſimismus keine ihnen homogene<lb/> Weltanſchauung und kann in das moderne Leben immer nur<lb/> in Form einer vorübergehenden Zeitkrankheit eingreifen.<lb/> Wir wollen deßhalb etwaige Nachklänge buddhiſtiſcher Er-<lb/> löſungsſehnſucht, aus welchen auch ein Religionsſurrogat<lb/> präparirt werden könnte, bei Seite laſſen, da wir uns blos<lb/> mit <hi rendition="#g">modernen</hi> Verſuchen eines Religionserſatzes beſchäf-<lb/> tigen werden, alſo ſolchen, die, wie wenig ſtichhaltig ſie auch<lb/> an ſich ſein mögen, immerhin mit der Grundtendenz des<lb/> modernen Völkerweſens übereinſtimmen. Ebenſo ſchließen wir<lb/> alle Formen eines feineren Theismus, in welchen Manche<lb/> einen Erſatz für die Religion gefunden zu haben glauben,<lb/> von unſerer Unterſuchung aus, da dieſelben von Grund-<lb/> vorſtellungen ausgehen, welche die wiſſenſchaftliche, moderne<lb/> Weltbetrachtung als unbeweisbar ablehnt.</p><lb/> <p>So lange das Chriſtenthum noch feſten Halt in den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0016]
Mit dieſer Analyſe der Religion und des Religions-
erſatzes, welche wohl kaum anzufechten ſein dürfte, haben wir
einen feſten Maßſtab gewonnen, an dem wir die verſchiedenen
Verſuche, unſer Problem zu löſen, nunmehr meſſen können.
Doch noch eine Vorbemerkung: indem wir das Moment
des Vertrauens in den Urgrund der Dinge und in den
Weltproceß als nothwendigen Beſtandtheil des vollkommenen
Religionserſatzes hervorhoben, haben wir unfere Stellung
dem Peſſimismus gegenüber gekennzeichnet. Der Religions-
erſatz muß dem ſchief dirigirten Vertrauen des Chriſtenthums
eine andere Wendung geben, und dadurch die peſſimiſtiſche
Faſſung der Wirklichkeit durch das Chriſtenthum über-
winden. Er muß, wenn er feſten Halt in den Geiſtern ge-
winnen ſoll, dem innerſten Weſen der modernen Culturvölker
angemeſſen ſein, — ein Moment, welches hervorgehoben zu
haben hauptſächlich Dühring’s Verdienſt iſt. Thatkräftig,
lebensfriſch und edler geartet, wie die beſten modernen
Culturvölker ſind, iſt der Peſſimismus keine ihnen homogene
Weltanſchauung und kann in das moderne Leben immer nur
in Form einer vorübergehenden Zeitkrankheit eingreifen.
Wir wollen deßhalb etwaige Nachklänge buddhiſtiſcher Er-
löſungsſehnſucht, aus welchen auch ein Religionsſurrogat
präparirt werden könnte, bei Seite laſſen, da wir uns blos
mit modernen Verſuchen eines Religionserſatzes beſchäf-
tigen werden, alſo ſolchen, die, wie wenig ſtichhaltig ſie auch
an ſich ſein mögen, immerhin mit der Grundtendenz des
modernen Völkerweſens übereinſtimmen. Ebenſo ſchließen wir
alle Formen eines feineren Theismus, in welchen Manche
einen Erſatz für die Religion gefunden zu haben glauben,
von unſerer Unterſuchung aus, da dieſelben von Grund-
vorſtellungen ausgehen, welche die wiſſenſchaftliche, moderne
Weltbetrachtung als unbeweisbar ablehnt.
So lange das Chriſtenthum noch feſten Halt in den
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