Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.züge zu manifestiren. Dies kann nur dadurch bewerkstelligt *) p. 197.
züge zu manifeſtiren. Dies kann nur dadurch bewerkſtelligt *) p. 197.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0083" n="74"/> züge zu manifeſtiren. Dies kann nur dadurch bewerkſtelligt<lb/> werden, daß jene Züge zum Gegenſtande beſonderer Uebung<lb/> gemacht werden. „Dieſer moderne Völkercharacter mit ſeinem<lb/> Freiheitsſtreben und ſeiner verhältnißmäßigen Befähigung<lb/> zu einem höheren Maße von Gerechtigkeit, Vertrauen und<lb/> Treue iſt in der öffentlichen Lehre und im öffentlichen Leben<lb/> direkt zum Gegenſtande der Pflege zu machen. Alle Ein-<lb/> richtungen, von der Familie bis zum Staate, d. h. bis zur<lb/> Geſammtform des geſellſchaftlichen Gemeinlebens hinauf, ſind<lb/> als von den aus jenem Charakter fließenden Grundſätzen ge-<lb/> tragen aufzufaſſen und zu entwickeln. Dieſe Grundſätze<lb/> müſſen öffentlich bekannt und muß auf ſie als auf die Grund-<lb/> lagen aller haltbaren Jnſtitutionen ausdrücklich hingewieſen<lb/> werden. Der moderne Staat bedarf einer Fahne, die mehr<lb/> als bloße Moral im gewöhnlichen beſchränkten und oft ſehr<lb/> unbeſtimmten Sinne des Wortes iſt. Die Moral wird ge-<lb/> wöhnlich in fälſchlicher Einſeitigkeit ſo vorgeſtellt, als wäre<lb/> ſie die erſte Urſache des beſſeren Verhaltens, und als ent-<lb/> ſpränge aus ihr der Character. Es iſt dagegen vielmehr<lb/> umgekehrt der Character die Urſache der Moral. Schon im<lb/> Einzelleben läßt es ſich beobachten, wie weſentlich aus dem<lb/> guten Character die guten Handlungen hervorgehen. Der<lb/> von Natur und durch Uebung beſſere Character iſt die Quelle<lb/> beſſerer Grundſätze und Verhaltungsarten.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 197.</note>“ Und ſpäter<lb/> leſen wir: „Der Cultuserſatz muß daher nicht blos in einer<lb/> Lehre, ſondern auch in einer <hi rendition="#g">ſyſtematiſchen Bildung<lb/> von feſten Gewohnheiten des Denkens, Fühlens<lb/> und Thuns</hi> beſtehen. Natürlich iſt hier von Gedanken,<lb/> Gefühlen und Handlungen nur inſoweit die Rede, als ſie<lb/> ſich auf die Welt- und Lebensanſchauung beziehen. Das<lb/> Hineinbilden einer moraliſchen Auffaſſung der Geſammtwelt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [74/0083]
züge zu manifeſtiren. Dies kann nur dadurch bewerkſtelligt
werden, daß jene Züge zum Gegenſtande beſonderer Uebung
gemacht werden. „Dieſer moderne Völkercharacter mit ſeinem
Freiheitsſtreben und ſeiner verhältnißmäßigen Befähigung
zu einem höheren Maße von Gerechtigkeit, Vertrauen und
Treue iſt in der öffentlichen Lehre und im öffentlichen Leben
direkt zum Gegenſtande der Pflege zu machen. Alle Ein-
richtungen, von der Familie bis zum Staate, d. h. bis zur
Geſammtform des geſellſchaftlichen Gemeinlebens hinauf, ſind
als von den aus jenem Charakter fließenden Grundſätzen ge-
tragen aufzufaſſen und zu entwickeln. Dieſe Grundſätze
müſſen öffentlich bekannt und muß auf ſie als auf die Grund-
lagen aller haltbaren Jnſtitutionen ausdrücklich hingewieſen
werden. Der moderne Staat bedarf einer Fahne, die mehr
als bloße Moral im gewöhnlichen beſchränkten und oft ſehr
unbeſtimmten Sinne des Wortes iſt. Die Moral wird ge-
wöhnlich in fälſchlicher Einſeitigkeit ſo vorgeſtellt, als wäre
ſie die erſte Urſache des beſſeren Verhaltens, und als ent-
ſpränge aus ihr der Character. Es iſt dagegen vielmehr
umgekehrt der Character die Urſache der Moral. Schon im
Einzelleben läßt es ſich beobachten, wie weſentlich aus dem
guten Character die guten Handlungen hervorgehen. Der
von Natur und durch Uebung beſſere Character iſt die Quelle
beſſerer Grundſätze und Verhaltungsarten. *)“ Und ſpäter
leſen wir: „Der Cultuserſatz muß daher nicht blos in einer
Lehre, ſondern auch in einer ſyſtematiſchen Bildung
von feſten Gewohnheiten des Denkens, Fühlens
und Thuns beſtehen. Natürlich iſt hier von Gedanken,
Gefühlen und Handlungen nur inſoweit die Rede, als ſie
ſich auf die Welt- und Lebensanſchauung beziehen. Das
Hineinbilden einer moraliſchen Auffaſſung der Geſammtwelt
*) p. 197.
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