Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.Obwohl wir in den meisten Punkten mit dem Verfasser *)
Dühring sagt nur p. 256: "Für die Jnitiative der Wenigen Obwohl wir in den meiſten Punkten mit dem Verfaſſer *)
Dühring ſagt nur p. 256: „Für die Jnitiative der Wenigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0088" n="79"/> <p>Obwohl wir in den meiſten Punkten mit dem Verfaſſer<lb/> von „Erſatz der Religion durch Vollkommeneres“ überein-<lb/> ſtimmen, können wir doch nicht umhin, feinen Verſuch, auch<lb/> abgeſehen von der ihm zu Grunde liegenden materialiſtiſchen<lb/> Weltanſchauung, in mancher Hinſicht für ungenügend zu<lb/> halten. Wir hoben bereits hervor, daß Dühring bezüglich<lb/> der Stellung des Menſchen zur Natur den Momenten der<lb/> Bedingtheit durch die Natur und des ehrfurchtsvollen Er-<lb/> griffenſeins durch Verſenkung in den Weltgrund und in den<lb/> Weltproceß — ein Ergriffenſein, das auch mit Dührings<lb/> philoſophiſchem Standpunkte vereinbar, — keine Rechnung<lb/> trägt. Jn Bezug <choice><sic>auſ</sic><corr>auf</corr></choice> praktiſche Lebensführung iſt es als<lb/> Mangel des Dühring’ſchen Werkes zu bezeichnen, daß es nur<lb/> die moraliſche Vervollkommnung betont, während ebenſo<lb/> die Durchgeiſtigung, die Verſchönerung und allgemeine<lb/> Jdealiſirung des Lebens hervorgehoben werden müßte.<lb/> Auf moraliſche Vervollkommnung wies auch die Religion<lb/> hin; der Religionserſatz muß dieſe Einſeitigkeit über-<lb/> winden, indem er zugleich eine höhere, geiſtigere, idealere<lb/> Auſfaſſung der Dinge, eine allſeitige höhere Gefühlscultur<lb/> anbahnt. — Andere Momente hat Dühring zwar betont,<lb/> aber ohne genügende Jntenſität, ohne das rechte Feuer. So<lb/> räumt er ein, daß es kein letztes Jdeal für den Menſchen<lb/> geben könne, ohne dieſen Gedanken jedoch in ſeiner ganzen<lb/> Bedeutung zu erfaſſen und ohne demſelben einen lebendigen<lb/> Ausdruck zu geben.<note place="foot" n="*)"><cit><quote>Dühring ſagt nur <hi rendition="#aq">p.</hi> 256: „Für die Jnitiative der Wenigen<lb/> wird ſtets noch etwas übrig ſein. Denn ſonſt hörte der Typus des<lb/> Schaffens, der nach allen bisherigen Erſcheinungen in der Natur allein<lb/> denkbar iſt, offenbar auf.“</quote></cit></note> Wie wir ſahen, hebt Dühring ferner<lb/> richtig hervor, daß die neue Lehre zuerſt durch die character-<lb/> vollſten und beſten Jndividuen erfaßt und durch ſie den<lb/> geringeren mitgetheilt werden würde. Allein <hi rendition="#g">wie</hi> muß ſie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0088]
Obwohl wir in den meiſten Punkten mit dem Verfaſſer
von „Erſatz der Religion durch Vollkommeneres“ überein-
ſtimmen, können wir doch nicht umhin, feinen Verſuch, auch
abgeſehen von der ihm zu Grunde liegenden materialiſtiſchen
Weltanſchauung, in mancher Hinſicht für ungenügend zu
halten. Wir hoben bereits hervor, daß Dühring bezüglich
der Stellung des Menſchen zur Natur den Momenten der
Bedingtheit durch die Natur und des ehrfurchtsvollen Er-
griffenſeins durch Verſenkung in den Weltgrund und in den
Weltproceß — ein Ergriffenſein, das auch mit Dührings
philoſophiſchem Standpunkte vereinbar, — keine Rechnung
trägt. Jn Bezug auf praktiſche Lebensführung iſt es als
Mangel des Dühring’ſchen Werkes zu bezeichnen, daß es nur
die moraliſche Vervollkommnung betont, während ebenſo
die Durchgeiſtigung, die Verſchönerung und allgemeine
Jdealiſirung des Lebens hervorgehoben werden müßte.
Auf moraliſche Vervollkommnung wies auch die Religion
hin; der Religionserſatz muß dieſe Einſeitigkeit über-
winden, indem er zugleich eine höhere, geiſtigere, idealere
Auſfaſſung der Dinge, eine allſeitige höhere Gefühlscultur
anbahnt. — Andere Momente hat Dühring zwar betont,
aber ohne genügende Jntenſität, ohne das rechte Feuer. So
räumt er ein, daß es kein letztes Jdeal für den Menſchen
geben könne, ohne dieſen Gedanken jedoch in ſeiner ganzen
Bedeutung zu erfaſſen und ohne demſelben einen lebendigen
Ausdruck zu geben. *) Wie wir ſahen, hebt Dühring ferner
richtig hervor, daß die neue Lehre zuerſt durch die character-
vollſten und beſten Jndividuen erfaßt und durch ſie den
geringeren mitgetheilt werden würde. Allein wie muß ſie
*) Dühring ſagt nur p. 256: „Für die Jnitiative der Wenigen
wird ſtets noch etwas übrig ſein. Denn ſonſt hörte der Typus des
Schaffens, der nach allen bisherigen Erſcheinungen in der Natur allein
denkbar iſt, offenbar auf.“
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