Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.Unternehmungen belustigt, die auf eine Nachäfferei dessen hinaus- Stellt man also die Frage nach den Fähigkeiten der Frauen Unternehmungen belustigt, die auf eine Nachäfferei dessen hinaus- Stellt man also die Frage nach den Fähigkeiten der Frauen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="6"/> Unternehmungen belustigt, die auf eine Nachäfferei dessen hinaus-<lb/> liefen, was bereits an den Männern in verkehrtester Weise an-<lb/> getroffen wurde.</p><lb/> <p>Stellt man also die Frage nach den Fähigkeiten der Frauen<lb/> derartig, dass man zugesehen wissen will, ob das weibliche Ge-<lb/> schlecht mit dem männlichen in der gewöhnlichen Manier des<lb/> Studiums wetteifern könne und solle, so ist mit einem Nein zu<lb/> antworten, aber mit einem Nein, welches in einem ganz andern<lb/> als dem gewöhnlichen Sinne des philiströsen Absprechens ver-<lb/> standen sein will. Die Frauen sind für das heutige gelehrte<lb/> Studium, wie es thatsächlich ist, allerdings nicht recht befähigt,<lb/> aber nur darum, weil es ihnen, solange sie auf ihrem natürlichen<lb/> Wege freier und zeitgemässer Bestrebungen bleiben, nicht in den<lb/> Sinn kommen sollte, sich die alte Zwangsjacke mittelalterlicher<lb/> Hochschulung anlegen zu lassen. Nicht sie sind für das Studium,<lb/> sondern das Studium ist für sie unzulänglich. Ihre Fähigkeiten<lb/> sind nicht etwa zu schwach, sondern im Gegentheil in ihrer na-<lb/> türlichen Unverschultheit zu stark, um die alte Lehrmanier und<lb/> deren trüben Schlendrian zu ertragen. Das weibliche Geschlecht<lb/> ist im Bereich der Wissenschaft und der zugehörigen Berufe ein<lb/> neues Element und muss unwillkürlich verjüngte Gebilde an die<lb/> Stelle der altersschwachen Gattungen des Gelehrsamkeitsbetriebs<lb/> bringen. Es muss mit seinen noch unverschulten Fähigkeiten<lb/> verhältnissmässig noch mehr leisten, als beispielsweise im Ge-<lb/> meinleben eine jugendliche Colonialgesellschaft vermag. Die<lb/> letztere wird die Ueberlieferungen des Ursprungslandes unter<lb/> neuen und freieren Verhältnissen zu frischen und wesentlich ver-<lb/> änderten Gestaltungen ausbilden, aber dabei doch auch noch viel<lb/> Vorurtheile und Thorheiten in die neue Erde mitverpflanzen. Die<lb/> Ausmerzungen des chinesenhaft Verknöcherten werden sich zwar<lb/> unter den neuen Lebensbedingungen zum Theil von selbst<lb/> machen; aber dennoch ist diese Lage keine so günstige, wie die-<lb/> jenige der Frauenwelt in dem vorliegenden Falle. Einer verrotteten<lb/> Verbildungsart gegenüber, deren üble Wirkungen im Prak-<lb/> tischen immer greifbarer werden, hat das Weib, wo es den<lb/> Boden der Wissenschaft und ihrer Anwendungen betritt, nun-<lb/> mehr von Natur- und Geschichtswegen den Beruf; die modernen<lb/> Antriebe der Umschaffung der wissenschaftlichen Welt in sich<lb/> aufzunehmen und an seinem Theil unter Widerstand gegen die<lb/> verkehrten Zumuthungen durchzusetzen. Dieser heilsame Wider-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0015]
Unternehmungen belustigt, die auf eine Nachäfferei dessen hinaus-
liefen, was bereits an den Männern in verkehrtester Weise an-
getroffen wurde.
Stellt man also die Frage nach den Fähigkeiten der Frauen
derartig, dass man zugesehen wissen will, ob das weibliche Ge-
schlecht mit dem männlichen in der gewöhnlichen Manier des
Studiums wetteifern könne und solle, so ist mit einem Nein zu
antworten, aber mit einem Nein, welches in einem ganz andern
als dem gewöhnlichen Sinne des philiströsen Absprechens ver-
standen sein will. Die Frauen sind für das heutige gelehrte
Studium, wie es thatsächlich ist, allerdings nicht recht befähigt,
aber nur darum, weil es ihnen, solange sie auf ihrem natürlichen
Wege freier und zeitgemässer Bestrebungen bleiben, nicht in den
Sinn kommen sollte, sich die alte Zwangsjacke mittelalterlicher
Hochschulung anlegen zu lassen. Nicht sie sind für das Studium,
sondern das Studium ist für sie unzulänglich. Ihre Fähigkeiten
sind nicht etwa zu schwach, sondern im Gegentheil in ihrer na-
türlichen Unverschultheit zu stark, um die alte Lehrmanier und
deren trüben Schlendrian zu ertragen. Das weibliche Geschlecht
ist im Bereich der Wissenschaft und der zugehörigen Berufe ein
neues Element und muss unwillkürlich verjüngte Gebilde an die
Stelle der altersschwachen Gattungen des Gelehrsamkeitsbetriebs
bringen. Es muss mit seinen noch unverschulten Fähigkeiten
verhältnissmässig noch mehr leisten, als beispielsweise im Ge-
meinleben eine jugendliche Colonialgesellschaft vermag. Die
letztere wird die Ueberlieferungen des Ursprungslandes unter
neuen und freieren Verhältnissen zu frischen und wesentlich ver-
änderten Gestaltungen ausbilden, aber dabei doch auch noch viel
Vorurtheile und Thorheiten in die neue Erde mitverpflanzen. Die
Ausmerzungen des chinesenhaft Verknöcherten werden sich zwar
unter den neuen Lebensbedingungen zum Theil von selbst
machen; aber dennoch ist diese Lage keine so günstige, wie die-
jenige der Frauenwelt in dem vorliegenden Falle. Einer verrotteten
Verbildungsart gegenüber, deren üble Wirkungen im Prak-
tischen immer greifbarer werden, hat das Weib, wo es den
Boden der Wissenschaft und ihrer Anwendungen betritt, nun-
mehr von Natur- und Geschichtswegen den Beruf; die modernen
Antriebe der Umschaffung der wissenschaftlichen Welt in sich
aufzunehmen und an seinem Theil unter Widerstand gegen die
verkehrten Zumuthungen durchzusetzen. Dieser heilsame Wider-
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(2013-06-13T16:46:57Z)
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Thomas Gloning, Melanie Henß, Hannah Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition.
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