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Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

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stand wird ihm um so leichter werden, als es noch mit keiner ihm
vererbten Gelehrsamkeitsgewohnheit falscher Art belastet ist und
eben nur von den natürlichen Interessen des Wissens und wissen-
schaftlich nützlichen Waltens bestimmt wird.

Ob die weibliche Körper- und Gehirnverfassung zu schöpfe-
rischen Leistungen höchster Art in den schwierigsten Wissens-
gebieten befähige, ist für unsern praktischen Zweck eine müssige
Frage. Da aber die Verneinung derselben so oft als Einwand
gegen die weibliche Betheiligung an gelehrten Berufsarten aus-
gespielt worden ist, so sei hier doch wenigstens darauf hinge-
wiesen, wie das Genie oder, mit andern Worten, die etwas Neues
schaffende Fähigkeit mit den gelehrten Hantirungen des Arztes
oder Lehrers eben selbst nichts zu schaffen hat. Die paar
Dutzende wahrhaft schaffender Naturen ersten Ranges, die in
jeder Gattung die ganze Menschheitsgeschichte hindurch allenfalls
zusammenzuzählen sind, hatten Eigenschaften, die man doch
sicherlich nicht bei den Tausenden suchen wird, die eben nur
mit hervorragenden Talenten thätig waren, und wiederum die
wenn auch geringeren, so doch ausgezeichneten und werthvollen
Vorzugskräfte dieser Tausende werden gleichgültig bleiben, wo
es sich um das durchschnittliche Maass von Können und Wissen
handelt, welches alltäglich zur gemeinen Ausfüllung eines Berufs
genügen muss. Der Durchschnittsarzt und der Durchschnitts-
lehrer werden so ziemlich aus jedem Holze zu schnitzen sein,
wenn nur die Schnitzmaschine ins Spiel gesetzt wird. Man muss
von der wissenschaftlichen Formung der Menschen nur nicht zu
hoch denken oder gar die Eitelkeit auf blosse Dressur unbesehen
gelten lassen. Das Durchschnittserzeugniss ist, wie die Dinge
heute stehen, nun einmal eine Waare, die sich in den gelehrten
Fabriken stets fertigen lässt, wenn nur der gewöhnliche Rohstoff
und die Bearbeitungskosten nicht fehlen. Dieser Rohstoff ist
irgend ein lebendes Wesen von der Gattung Mensch, von irgend
einer Race und irgend einem Stamm, wobei so gewaltige Unter-
schiede unterlaufen, dass es wohl die grösste aller Thorheiten
sein würde, die Weiber nicht einmal als einen solchen Rohstoff
gelten lassen zu wollen. Wo die dicksten Schädel und plattesten
Köpfe, wo sogar die Hebräer, d. h. ein zur Wissenschaft un-
geschickter Stamm, noch immer gutgeheissenes Material bleiben
dürfen, da sollten Frauen, weil sie eben weiblichen Geschlechts

stand wird ihm um so leichter werden, als es noch mit keiner ihm
vererbten Gelehrsamkeitsgewohnheit falscher Art belastet ist und
eben nur von den natürlichen Interessen des Wissens und wissen-
schaftlich nützlichen Waltens bestimmt wird.

Ob die weibliche Körper- und Gehirnverfassung zu schöpfe-
rischen Leistungen höchster Art in den schwierigsten Wissens-
gebieten befähige, ist für unsern praktischen Zweck eine müssige
Frage. Da aber die Verneinung derselben so oft als Einwand
gegen die weibliche Betheiligung an gelehrten Berufsarten aus-
gespielt worden ist, so sei hier doch wenigstens darauf hinge-
wiesen, wie das Genie oder, mit andern Worten, die etwas Neues
schaffende Fähigkeit mit den gelehrten Hantirungen des Arztes
oder Lehrers eben selbst nichts zu schaffen hat. Die paar
Dutzende wahrhaft schaffender Naturen ersten Ranges, die in
jeder Gattung die ganze Menschheitsgeschichte hindurch allenfalls
zusammenzuzählen sind, hatten Eigenschaften, die man doch
sicherlich nicht bei den Tausenden suchen wird, die eben nur
mit hervorragenden Talenten thätig waren, und wiederum die
wenn auch geringeren, so doch ausgezeichneten und werthvollen
Vorzugskräfte dieser Tausende werden gleichgültig bleiben, wo
es sich um das durchschnittliche Maass von Können und Wissen
handelt, welches alltäglich zur gemeinen Ausfüllung eines Berufs
genügen muss. Der Durchschnittsarzt und der Durchschnitts-
lehrer werden so ziemlich aus jedem Holze zu schnitzen sein,
wenn nur die Schnitzmaschine ins Spiel gesetzt wird. Man muss
von der wissenschaftlichen Formung der Menschen nur nicht zu
hoch denken oder gar die Eitelkeit auf blosse Dressur unbesehen
gelten lassen. Das Durchschnittserzeugniss ist, wie die Dinge
heute stehen, nun einmal eine Waare, die sich in den gelehrten
Fabriken stets fertigen lässt, wenn nur der gewöhnliche Rohstoff
und die Bearbeitungskosten nicht fehlen. Dieser Rohstoff ist
irgend ein lebendes Wesen von der Gattung Mensch, von irgend
einer Race und irgend einem Stamm, wobei so gewaltige Unter-
schiede unterlaufen, dass es wohl die grösste aller Thorheiten
sein würde, die Weiber nicht einmal als einen solchen Rohstoff
gelten lassen zu wollen. Wo die dicksten Schädel und plattesten
Köpfe, wo sogar die Hebräer, d. h. ein zur Wissenschaft un-
geschickter Stamm, noch immer gutgeheissenes Material bleiben
dürfen, da sollten Frauen, weil sie eben weiblichen Geschlechts

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[7/0016] stand wird ihm um so leichter werden, als es noch mit keiner ihm vererbten Gelehrsamkeitsgewohnheit falscher Art belastet ist und eben nur von den natürlichen Interessen des Wissens und wissen- schaftlich nützlichen Waltens bestimmt wird. Ob die weibliche Körper- und Gehirnverfassung zu schöpfe- rischen Leistungen höchster Art in den schwierigsten Wissens- gebieten befähige, ist für unsern praktischen Zweck eine müssige Frage. Da aber die Verneinung derselben so oft als Einwand gegen die weibliche Betheiligung an gelehrten Berufsarten aus- gespielt worden ist, so sei hier doch wenigstens darauf hinge- wiesen, wie das Genie oder, mit andern Worten, die etwas Neues schaffende Fähigkeit mit den gelehrten Hantirungen des Arztes oder Lehrers eben selbst nichts zu schaffen hat. Die paar Dutzende wahrhaft schaffender Naturen ersten Ranges, die in jeder Gattung die ganze Menschheitsgeschichte hindurch allenfalls zusammenzuzählen sind, hatten Eigenschaften, die man doch sicherlich nicht bei den Tausenden suchen wird, die eben nur mit hervorragenden Talenten thätig waren, und wiederum die wenn auch geringeren, so doch ausgezeichneten und werthvollen Vorzugskräfte dieser Tausende werden gleichgültig bleiben, wo es sich um das durchschnittliche Maass von Können und Wissen handelt, welches alltäglich zur gemeinen Ausfüllung eines Berufs genügen muss. Der Durchschnittsarzt und der Durchschnitts- lehrer werden so ziemlich aus jedem Holze zu schnitzen sein, wenn nur die Schnitzmaschine ins Spiel gesetzt wird. Man muss von der wissenschaftlichen Formung der Menschen nur nicht zu hoch denken oder gar die Eitelkeit auf blosse Dressur unbesehen gelten lassen. Das Durchschnittserzeugniss ist, wie die Dinge heute stehen, nun einmal eine Waare, die sich in den gelehrten Fabriken stets fertigen lässt, wenn nur der gewöhnliche Rohstoff und die Bearbeitungskosten nicht fehlen. Dieser Rohstoff ist irgend ein lebendes Wesen von der Gattung Mensch, von irgend einer Race und irgend einem Stamm, wobei so gewaltige Unter- schiede unterlaufen, dass es wohl die grösste aller Thorheiten sein würde, die Weiber nicht einmal als einen solchen Rohstoff gelten lassen zu wollen. Wo die dicksten Schädel und plattesten Köpfe, wo sogar die Hebräer, d. h. ein zur Wissenschaft un- geschickter Stamm, noch immer gutgeheissenes Material bleiben dürfen, da sollten Frauen, weil sie eben weiblichen Geschlechts

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Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/16>, abgerufen am 23.11.2024.