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Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885.

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auf den Wegen der Vertretung und Durchsetzung von wirklichem
Wissen findet, um so höher erhebt sich sein Rang über die Sphäre
blosser Kunstfertigkeit.

Das weibliche Geschlecht ist nach den herkömmlichen Ge-
wohnheiten von eigentlicher Wissenschaft ungleich entfernter ge-
halten worden, als das männliche, und demgemäss fast ausschliess-
lich auf schöne Literatur angewiesen geblieben, von der aber
auch nur Schulbrocken verabreicht zu werden pflegen, ohne dass
je im Ernst an eine eingehende und sichtende Bemeisterung des
Besten und Wohlthätigsten aus diesem Gebiet gedacht würde.
Die gemeine Schulversimpelung hat hier noch mehr verfehlt, als
in der Vernachlässigung des eigentlichen Wissens. Die schön-
literarische Bildung ist in ihrer Art noch oberflächlicher, als die-
jenige, welche sich wissenschaftlich nennt. Um so nöthiger ist es
daher für die Selbstausbildung, zwei Dinge ins Auge zu fassen,
nämlich zuerst jene Voranstellung der Wissenschaft und dann die
Beschaffung eines Compasses für das Bereich schöngeistigen Wellen-
spiels. Sich ohne feste Richtung der See schöner Literatur
überlassen, ist beinahe noch gefährlicher, als blos der eigentlichen
Wissenschaft fremd bleiben, dabei aber keine Irrfahrten in das
Zwischenreich von spielender Schöngeisterei und ernstgemeinter
Wahrheit anstellen.

Der Gegenstand aller Wissenschaft zerfällt in zwei Haupt-
abtheilungen, die Natur und den Menschen. Das Wissen von
der Gesammtnatur ohne besondere Rücksicht auf den Menschen
ist für die Modernen das Fussgestell alles übrigen genaueren
Wissens geworden; die Wissenschaft vom Menschen und seiner
Cultur wird sich aber über dem naturwissenschaftlichen Postament
als etwas Höheres aufbauen. Der heutige Anschein darf hier
nicht täuschen; denn nicht der besondere Zustand unserer Wissens-
epoche, sondern die dauernden Rangverhältnisse bleiben schliess-
lich maassgebend. Die moderne Aufraffung des menschlichen
Geistes hat ihre sichtbarsten Triumphe zunächst im Bereich eigent-
lichen Naturwissens aufzuweisen gehabt, und man folgt nur der
geschichtlichen Ordnung, wenn man gegenwärtig jene Errungen-
schaften zu Ausgangspunkten einer auf Vollständigkeit angelegten
Selbstbildung macht. Wir beginnen daher mit der
Naturwissenschaft.
Der Mensch ist zwar ein Theil der Natur, uns aber durch
Empfindung von innen bekannt und demgemäss auch durch das

auf den Wegen der Vertretung und Durchsetzung von wirklichem
Wissen findet, um so höher erhebt sich sein Rang über die Sphäre
blosser Kunstfertigkeit.

Das weibliche Geschlecht ist nach den herkömmlichen Ge-
wohnheiten von eigentlicher Wissenschaft ungleich entfernter ge-
halten worden, als das männliche, und demgemäss fast ausschliess-
lich auf schöne Literatur angewiesen geblieben, von der aber
auch nur Schulbrocken verabreicht zu werden pflegen, ohne dass
je im Ernst an eine eingehende und sichtende Bemeisterung des
Besten und Wohlthätigsten aus diesem Gebiet gedacht würde.
Die gemeine Schulversimpelung hat hier noch mehr verfehlt, als
in der Vernachlässigung des eigentlichen Wissens. Die schön-
literarische Bildung ist in ihrer Art noch oberflächlicher, als die-
jenige, welche sich wissenschaftlich nennt. Um so nöthiger ist es
daher für die Selbstausbildung, zwei Dinge ins Auge zu fassen,
nämlich zuerst jene Voranstellung der Wissenschaft und dann die
Beschaffung eines Compasses für das Bereich schöngeistigen Wellen-
spiels. Sich ohne feste Richtung der See schöner Literatur
überlassen, ist beinahe noch gefährlicher, als blos der eigentlichen
Wissenschaft fremd bleiben, dabei aber keine Irrfahrten in das
Zwischenreich von spielender Schöngeisterei und ernstgemeinter
Wahrheit anstellen.

Der Gegenstand aller Wissenschaft zerfällt in zwei Haupt-
abtheilungen, die Natur und den Menschen. Das Wissen von
der Gesammtnatur ohne besondere Rücksicht auf den Menschen
ist für die Modernen das Fussgestell alles übrigen genaueren
Wissens geworden; die Wissenschaft vom Menschen und seiner
Cultur wird sich aber über dem naturwissenschaftlichen Postament
als etwas Höheres aufbauen. Der heutige Anschein darf hier
nicht täuschen; denn nicht der besondere Zustand unserer Wissens-
epoche, sondern die dauernden Rangverhältnisse bleiben schliess-
lich maassgebend. Die moderne Aufraffung des menschlichen
Geistes hat ihre sichtbarsten Triumphe zunächst im Bereich eigent-
lichen Naturwissens aufzuweisen gehabt, und man folgt nur der
geschichtlichen Ordnung, wenn man gegenwärtig jene Errungen-
schaften zu Ausgangspunkten einer auf Vollständigkeit angelegten
Selbstbildung macht. Wir beginnen daher mit der
Naturwissenschaft.
Der Mensch ist zwar ein Theil der Natur, uns aber durch
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[85/0094] auf den Wegen der Vertretung und Durchsetzung von wirklichem Wissen findet, um so höher erhebt sich sein Rang über die Sphäre blosser Kunstfertigkeit. Das weibliche Geschlecht ist nach den herkömmlichen Ge- wohnheiten von eigentlicher Wissenschaft ungleich entfernter ge- halten worden, als das männliche, und demgemäss fast ausschliess- lich auf schöne Literatur angewiesen geblieben, von der aber auch nur Schulbrocken verabreicht zu werden pflegen, ohne dass je im Ernst an eine eingehende und sichtende Bemeisterung des Besten und Wohlthätigsten aus diesem Gebiet gedacht würde. Die gemeine Schulversimpelung hat hier noch mehr verfehlt, als in der Vernachlässigung des eigentlichen Wissens. Die schön- literarische Bildung ist in ihrer Art noch oberflächlicher, als die- jenige, welche sich wissenschaftlich nennt. Um so nöthiger ist es daher für die Selbstausbildung, zwei Dinge ins Auge zu fassen, nämlich zuerst jene Voranstellung der Wissenschaft und dann die Beschaffung eines Compasses für das Bereich schöngeistigen Wellen- spiels. Sich ohne feste Richtung der See schöner Literatur überlassen, ist beinahe noch gefährlicher, als blos der eigentlichen Wissenschaft fremd bleiben, dabei aber keine Irrfahrten in das Zwischenreich von spielender Schöngeisterei und ernstgemeinter Wahrheit anstellen. Der Gegenstand aller Wissenschaft zerfällt in zwei Haupt- abtheilungen, die Natur und den Menschen. Das Wissen von der Gesammtnatur ohne besondere Rücksicht auf den Menschen ist für die Modernen das Fussgestell alles übrigen genaueren Wissens geworden; die Wissenschaft vom Menschen und seiner Cultur wird sich aber über dem naturwissenschaftlichen Postament als etwas Höheres aufbauen. Der heutige Anschein darf hier nicht täuschen; denn nicht der besondere Zustand unserer Wissens- epoche, sondern die dauernden Rangverhältnisse bleiben schliess- lich maassgebend. Die moderne Aufraffung des menschlichen Geistes hat ihre sichtbarsten Triumphe zunächst im Bereich eigent- lichen Naturwissens aufzuweisen gehabt, und man folgt nur der geschichtlichen Ordnung, wenn man gegenwärtig jene Errungen- schaften zu Ausgangspunkten einer auf Vollständigkeit angelegten Selbstbildung macht. Wir beginnen daher mit der Naturwissenschaft. Der Mensch ist zwar ein Theil der Natur, uns aber durch Empfindung von innen bekannt und demgemäss auch durch das

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Zitationshilfe: Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2. Aufl. Leipzig, 1885, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duehring_berufsbildung_1885/94>, abgerufen am 24.11.2024.