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Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824.

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sonderbares Schicksal verdammt, es mit Bitter-
keit zu betrachten. Mein Herz verschlang dieses
Bild einer Glückseligkeit, die ich nie kennen ler-
nen sollte, und der Neid nagte wie ein Geier
an meinem Jnnern. Was hatte ich denen ge-
than, welche mich zu retten glaubten, indem sie
mich in dieses Land der Verbannung führten?
Warum ließ man mich meinem Schicksale nicht
folgen? Nun wohl! ich würde vielleicht die Ne-
gersclavin irgend eines reichen Kolonisten gewor-
den seyn; von der Sonne verbrannt, baute ich
das Land eines Andern: allein ich würde meine
kleine Hütte haben, um mich am Abende darin
zu bergen; ich würde einen Gefährten meines
Lebens, ich würde Kinder meiner Farbe haben,
welche mir: Mutter! zuriefen; ohne Abscheu wür-

ſonderbares Schickſal verdammt, es mit Bitter-
keit zu betrachten. Mein Herz verſchlang dieſes
Bild einer Glückſeligkeit, die ich nie kennen ler-
nen ſollte, und der Neid nagte wie ein Geier
an meinem Jnnern. Was hatte ich denen ge-
than, welche mich zu retten glaubten, indem ſie
mich in dieſes Land der Verbannung führten?
Warum ließ man mich meinem Schickſale nicht
folgen? Nun wohl! ich würde vielleicht die Ne-
gerſclavin irgend eines reichen Koloniſten gewor-
den ſeyn; von der Sonne verbrannt, baute ich
das Land eines Andern: allein ich würde meine
kleine Hütte haben, um mich am Abende darin
zu bergen; ich würde einen Gefährten meines
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[88/0094] ſonderbares Schickſal verdammt, es mit Bitter- keit zu betrachten. Mein Herz verſchlang dieſes Bild einer Glückſeligkeit, die ich nie kennen ler- nen ſollte, und der Neid nagte wie ein Geier an meinem Jnnern. Was hatte ich denen ge- than, welche mich zu retten glaubten, indem ſie mich in dieſes Land der Verbannung führten? Warum ließ man mich meinem Schickſale nicht folgen? Nun wohl! ich würde vielleicht die Ne- gerſclavin irgend eines reichen Koloniſten gewor- den ſeyn; von der Sonne verbrannt, baute ich das Land eines Andern: allein ich würde meine kleine Hütte haben, um mich am Abende darin zu bergen; ich würde einen Gefährten meines Lebens, ich würde Kinder meiner Farbe haben, welche mir: Mutter! zuriefen; ohne Abſcheu wür-

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Zitationshilfe: Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824/94>, abgerufen am 23.11.2024.