Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.das Bewusstsein ganz unmerklichen Weise, bei dem Lernen Es bleibt demnach immerhin eine gewisse Wahrschein- Wie man sich diese Verursachung eigentlich zu den- Durch das Auswendiglernen einer Reihe in der ursprüng- das Bewuſstsein ganz unmerklichen Weise, bei dem Lernen Es bleibt demnach immerhin eine gewisse Wahrschein- Wie man sich diese Verursachung eigentlich zu den- Durch das Auswendiglernen einer Reihe in der ursprüng- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0183" n="167"/> das Bewuſstsein ganz unmerklichen Weise, bei dem Lernen<lb/> von II, IV, VI eine gröſsere und bei dem Lernen von I, III, V<lb/> eine geringere Anspannung der Aufmerksamkeit stattgefunden<lb/> habe. Indes positiv als richtig behaupten läſst sich diese<lb/> Vermutung auch nicht, und durch die Annahme, daſs der<lb/><hi rendition="#g">ganze</hi> gefundene Unterschied auf den Einfluſs dieser Fehler-<lb/> quelle zurückzuführen sei, wird jedenfalls den unwillkür-<lb/> lichen und unbemerkt bleibenden Akkomodationen der Auf-<lb/> merksamkeit an eine geheime Erwartung eine ziemlich er-<lb/> hebliche Leistung zugeschrieben.</p><lb/> <p>Es bleibt demnach immerhin eine gewisse Wahrschein-<lb/> lichkeit für die dritte Möglichkeit, daſs nämlich die gefundene<lb/> Verschiedenheit in dem Charakter der Durchschnittsdifferenz<lb/> wenigstens teilweise sachlich begründet sei, daſs das schnel-<lb/> lere Lernen der abgeleiteten Reihen II, IV, VI eben durch die<lb/> Art ihrer Ableitung verursacht werde.</p><lb/> <p>Wie man sich diese Verursachung <hi rendition="#g">eigentlich</hi> zu den-<lb/> ken habe, würde wohl nur durch Heranziehung physiologischer<lb/> Vorstellungen, die noch erst der Bildung oder mindestens der<lb/> Durchbildung bedürfen, deutlich zu machen sein. Bedient<lb/> man sich der Sprache der Psychologie, so kann man sich,<lb/> wie bei allem unbewuſsten Geschehen, nur uneigentlich und<lb/> bildlich ausdrücken.</p><lb/> <p>Durch das Auswendiglernen einer Reihe in der ursprüng-<lb/> lichen Anordnung, so muſs man sagen, erhalten die einzelnen<lb/> Silben ziemlich starke Tendenzen, bei ihrer eigenen Wieder-<lb/> kehr ins Bewuſstsein die zunächst folgenden Silben nach sich<lb/> zu ziehen. Werden also die Silben 1, 3, 5 u. s. w. wieder-<lb/> erzeugt, so erhalten 2, 4, 6 u. s. w. gewisse Antriebe, eben-<lb/> falls wieder hervor zu treten. Diese Antriebe sind bei weitem<lb/> nicht stark genug, um ein bewuſst bemerkbares Geschehen,<lb/> ein wirkliches Eintreten von 2, 4, 6 zuwege zu bringen.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0183]
das Bewuſstsein ganz unmerklichen Weise, bei dem Lernen
von II, IV, VI eine gröſsere und bei dem Lernen von I, III, V
eine geringere Anspannung der Aufmerksamkeit stattgefunden
habe. Indes positiv als richtig behaupten läſst sich diese
Vermutung auch nicht, und durch die Annahme, daſs der
ganze gefundene Unterschied auf den Einfluſs dieser Fehler-
quelle zurückzuführen sei, wird jedenfalls den unwillkür-
lichen und unbemerkt bleibenden Akkomodationen der Auf-
merksamkeit an eine geheime Erwartung eine ziemlich er-
hebliche Leistung zugeschrieben.
Es bleibt demnach immerhin eine gewisse Wahrschein-
lichkeit für die dritte Möglichkeit, daſs nämlich die gefundene
Verschiedenheit in dem Charakter der Durchschnittsdifferenz
wenigstens teilweise sachlich begründet sei, daſs das schnel-
lere Lernen der abgeleiteten Reihen II, IV, VI eben durch die
Art ihrer Ableitung verursacht werde.
Wie man sich diese Verursachung eigentlich zu den-
ken habe, würde wohl nur durch Heranziehung physiologischer
Vorstellungen, die noch erst der Bildung oder mindestens der
Durchbildung bedürfen, deutlich zu machen sein. Bedient
man sich der Sprache der Psychologie, so kann man sich,
wie bei allem unbewuſsten Geschehen, nur uneigentlich und
bildlich ausdrücken.
Durch das Auswendiglernen einer Reihe in der ursprüng-
lichen Anordnung, so muſs man sagen, erhalten die einzelnen
Silben ziemlich starke Tendenzen, bei ihrer eigenen Wieder-
kehr ins Bewuſstsein die zunächst folgenden Silben nach sich
zu ziehen. Werden also die Silben 1, 3, 5 u. s. w. wieder-
erzeugt, so erhalten 2, 4, 6 u. s. w. gewisse Antriebe, eben-
falls wieder hervor zu treten. Diese Antriebe sind bei weitem
nicht stark genug, um ein bewuſst bemerkbares Geschehen,
ein wirkliches Eintreten von 2, 4, 6 zuwege zu bringen.
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