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Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

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Die vorstehend mitgeteilten Zahlen bedeuten die Zeiten,
welche gebraucht wurden, um die 24 Stunden vorher ein-
geprägten Reihen grade auswendig zu lernen. Da es uns
aber nicht sowohl auf die gebrauchten als vielmehr auf die
ersparten Zeiten ankommt, so müssten wir wissen, in wie viel
Zeit dieselben Reihen auswendig gelernt worden wären, wenn
keine vorherige Einprägung stattgefunden hätte. Für die-
jenigen Reihen, welche 42, 53 und 64 mal wiederholt wurden,
kann man diese Zeit aus den Versuchen selbst kennen lernen.
Denn bei ihnen ist die Anzahl der Wiederholungen grösser
als das durchschnittlich für die erstmögliche Reproduktion er-
forderliche Minimum, welches bei einer 16silbigen Reihe (nach
S. 63) 31 Wiederholungen beträgt. Man kann hier also konsta-
tieren, bei der wievielten der nachher weiter fortgesetzten Wieder-
holungen eben diese erste fehlerfreie Reproduktion jeder Reihe
eintrat. Allein durch die nachherige Fortsetzung der Wiederho-
lungen und die damit zusammenhängende Ausdehnung der Ver-
suche über eine längere Zeit werden die Umstände etwas andere
als bei dem gewöhnlichen Auswendiglernen nicht eingeprägter
Reihen. Für die durch eine geringere Anzahl von Wieder-
holungen eingeprägten Reihen kann man ohnedies jene zur
Vergleichung nötige Zahl nicht an ihnen selbst gewinnen, da
sie ja eben im Interesse des Experiments nicht vollständig
auswendig gelernt werden sollen. Ich habe daher überall
vorgezogen, die gesuchten Arbeitsersparnisse zu ermitteln
durch Vergleichung mit der Zeit, welche das Auswendiglernen
nicht derselben, sondern gleichartiger, aber bis dahin un-
bekannter Reihen erforderte. Hierfür besitze ich aus eben der
Zeit, aus der die gegenwärtig besprochenen Versuche stammen,
eine ziemlich sichere Zahl: je sechs 16silbige Reihen wurden
im Durchschnitt aus 53 Versuchen gelernt in 1270 Sek., mit
dem geringen wahrscheinlichen Fehler +/- 7.


Die vorstehend mitgeteilten Zahlen bedeuten die Zeiten,
welche gebraucht wurden, um die 24 Stunden vorher ein-
geprägten Reihen grade auswendig zu lernen. Da es uns
aber nicht sowohl auf die gebrauchten als vielmehr auf die
ersparten Zeiten ankommt, so müſsten wir wissen, in wie viel
Zeit dieselben Reihen auswendig gelernt worden wären, wenn
keine vorherige Einprägung stattgefunden hätte. Für die-
jenigen Reihen, welche 42, 53 und 64 mal wiederholt wurden,
kann man diese Zeit aus den Versuchen selbst kennen lernen.
Denn bei ihnen ist die Anzahl der Wiederholungen gröſser
als das durchschnittlich für die erstmögliche Reproduktion er-
forderliche Minimum, welches bei einer 16silbigen Reihe (nach
S. 63) 31 Wiederholungen beträgt. Man kann hier also konsta-
tieren, bei der wievielten der nachher weiter fortgesetzten Wieder-
holungen eben diese erste fehlerfreie Reproduktion jeder Reihe
eintrat. Allein durch die nachherige Fortsetzung der Wiederho-
lungen und die damit zusammenhängende Ausdehnung der Ver-
suche über eine längere Zeit werden die Umstände etwas andere
als bei dem gewöhnlichen Auswendiglernen nicht eingeprägter
Reihen. Für die durch eine geringere Anzahl von Wieder-
holungen eingeprägten Reihen kann man ohnedies jene zur
Vergleichung nötige Zahl nicht an ihnen selbst gewinnen, da
sie ja eben im Interesse des Experiments nicht vollständig
auswendig gelernt werden sollen. Ich habe daher überall
vorgezogen, die gesuchten Arbeitsersparnisse zu ermitteln
durch Vergleichung mit der Zeit, welche das Auswendiglernen
nicht derselben, sondern gleichartiger, aber bis dahin un-
bekannter Reihen erforderte. Hierfür besitze ich aus eben der
Zeit, aus der die gegenwärtig besprochenen Versuche stammen,
eine ziemlich sichere Zahl: je sechs 16silbige Reihen wurden
im Durchschnitt aus 53 Versuchen gelernt in 1270 Sek., mit
dem geringen wahrscheinlichen Fehler ± 7.


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[76/0092] Die vorstehend mitgeteilten Zahlen bedeuten die Zeiten, welche gebraucht wurden, um die 24 Stunden vorher ein- geprägten Reihen grade auswendig zu lernen. Da es uns aber nicht sowohl auf die gebrauchten als vielmehr auf die ersparten Zeiten ankommt, so müſsten wir wissen, in wie viel Zeit dieselben Reihen auswendig gelernt worden wären, wenn keine vorherige Einprägung stattgefunden hätte. Für die- jenigen Reihen, welche 42, 53 und 64 mal wiederholt wurden, kann man diese Zeit aus den Versuchen selbst kennen lernen. Denn bei ihnen ist die Anzahl der Wiederholungen gröſser als das durchschnittlich für die erstmögliche Reproduktion er- forderliche Minimum, welches bei einer 16silbigen Reihe (nach S. 63) 31 Wiederholungen beträgt. Man kann hier also konsta- tieren, bei der wievielten der nachher weiter fortgesetzten Wieder- holungen eben diese erste fehlerfreie Reproduktion jeder Reihe eintrat. Allein durch die nachherige Fortsetzung der Wiederho- lungen und die damit zusammenhängende Ausdehnung der Ver- suche über eine längere Zeit werden die Umstände etwas andere als bei dem gewöhnlichen Auswendiglernen nicht eingeprägter Reihen. Für die durch eine geringere Anzahl von Wieder- holungen eingeprägten Reihen kann man ohnedies jene zur Vergleichung nötige Zahl nicht an ihnen selbst gewinnen, da sie ja eben im Interesse des Experiments nicht vollständig auswendig gelernt werden sollen. Ich habe daher überall vorgezogen, die gesuchten Arbeitsersparnisse zu ermitteln durch Vergleichung mit der Zeit, welche das Auswendiglernen nicht derselben, sondern gleichartiger, aber bis dahin un- bekannter Reihen erforderte. Hierfür besitze ich aus eben der Zeit, aus der die gegenwärtig besprochenen Versuche stammen, eine ziemlich sichere Zahl: je sechs 16silbige Reihen wurden im Durchschnitt aus 53 Versuchen gelernt in 1270 Sek., mit dem geringen wahrscheinlichen Fehler ± 7.

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Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/92>, abgerufen am 21.05.2024.