Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Paradies.
Als eine Quell ansehn zur Sünden,
Die doch nur in sie selbst zu finden.

Der Mensch war Herr, doch unter GOtt,
Der ihm ein paradisisch Leben
Zum Lohn, und dabei ein Verbot,
Zur Richtschnur seines Glüks gegeben:
Er solte nichts von Baume essen,
Der in des Gartens Mitte stund.
Der Mensche konte leicht ermessen,
Daß dies Gesezze seinen Grund:
Und daß die Weisheit zeigen wolte,
Daß ihr Geschöpf gehorchen sollte.
Das ist das Recht der Billigkeit,
Das blinde Lüste übertreten:
Es wäre noch die güldne Zeit,
Wenn Menschen dies gehalten hätten.
Doch da sie von des Teuffels Schlangen,
Und ihren listgen Zauberthon,
Durch ihre eigne Schuld gefangen,
So war das der verdiente Lohn,
Daß sie das Paradies verliessen,
Des Ungehorsams Schuld zu büssen.
So ward uns Edens Herrlichkeit,
Mit seinen Paradies verschlossen;
Nachdem wir durch des Teufels Neid,
Jn Adam, diese Frucht genossen.
Betrübter Blik! in iene Stunden,
Der Anfangs noch beglükten Welt,
Wo sind sie? ach! sie sind verschwunden,
Was ist hier nun? Ein Jammerzelt,
Das
N 2

Das Paradies.
Als eine Quell anſehn zur Suͤnden,
Die doch nur in ſie ſelbſt zu finden.

Der Menſch war Herr, doch unter GOtt,
Der ihm ein paradiſiſch Leben
Zum Lohn, und dabei ein Verbot,
Zur Richtſchnur ſeines Gluͤks gegeben:
Er ſolte nichts von Baume eſſen,
Der in des Gartens Mitte ſtund.
Der Menſche konte leicht ermeſſen,
Daß dies Geſezze ſeinen Grund:
Und daß die Weisheit zeigen wolte,
Daß ihr Geſchoͤpf gehorchen ſollte.
Das iſt das Recht der Billigkeit,
Das blinde Luͤſte uͤbertreten:
Es waͤre noch die guͤldne Zeit,
Wenn Menſchen dies gehalten haͤtten.
Doch da ſie von des Teuffels Schlangen,
Und ihren liſtgen Zauberthon,
Durch ihre eigne Schuld gefangen,
So war das der verdiente Lohn,
Daß ſie das Paradies verlieſſen,
Des Ungehorſams Schuld zu buͤſſen.
So ward uns Edens Herrlichkeit,
Mit ſeinen Paradies verſchloſſen;
Nachdem wir durch des Teufels Neid,
Jn Adam, dieſe Frucht genoſſen.
Betruͤbter Blik! in iene Stunden,
Der Anfangs noch begluͤkten Welt,
Wo ſind ſie? ach! ſie ſind verſchwunden,
Was iſt hier nun? Ein Jammerzelt,
Das
N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg n="27">
          <l><pb facs="#f0211" n="195"/><fw place="top" type="header">Das Paradies.</fw><lb/>
Als eine Quell an&#x017F;ehn zur Su&#x0364;nden,<lb/>
Die doch nur in &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t zu finden.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="28">
          <l><hi rendition="#in">D</hi>er Men&#x017F;ch war Herr, doch unter GOtt,<lb/>
Der ihm ein paradi&#x017F;i&#x017F;ch Leben<lb/>
Zum Lohn, und dabei ein Verbot,<lb/>
Zur Richt&#x017F;chnur &#x017F;eines Glu&#x0364;ks gegeben:<lb/>
Er &#x017F;olte nichts von Baume e&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Der in des Gartens Mitte &#x017F;tund.<lb/>
Der Men&#x017F;che konte leicht erme&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Daß dies Ge&#x017F;ezze &#x017F;einen Grund:<lb/>
Und daß die Weisheit zeigen wolte,<lb/>
Daß ihr Ge&#x017F;cho&#x0364;pf gehorchen &#x017F;ollte.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="29">
          <l><hi rendition="#in">D</hi>as i&#x017F;t das Recht der Billigkeit,<lb/>
Das blinde Lu&#x0364;&#x017F;te u&#x0364;bertreten:<lb/>
Es wa&#x0364;re noch die gu&#x0364;ldne Zeit,<lb/>
Wenn Men&#x017F;chen dies gehalten ha&#x0364;tten.<lb/>
Doch da &#x017F;ie von des Teuffels Schlangen,<lb/>
Und ihren li&#x017F;tgen Zauberthon,<lb/>
Durch ihre eigne Schuld gefangen,<lb/>
So war das der verdiente Lohn,<lb/>
Daß &#x017F;ie das Paradies verlie&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Des Ungehor&#x017F;ams Schuld zu bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l>
        </lg><lb/>
        <lg n="30">
          <l><hi rendition="#in">S</hi>o ward uns Edens Herrlichkeit,<lb/>
Mit &#x017F;einen Paradies ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
Nachdem wir durch des Teufels Neid,<lb/>
Jn Adam, die&#x017F;e Frucht geno&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Betru&#x0364;bter Blik! in iene Stunden,<lb/>
Der Anfangs noch beglu&#x0364;kten Welt,<lb/>
Wo &#x017F;ind &#x017F;ie? ach! &#x017F;ie &#x017F;ind ver&#x017F;chwunden,<lb/>
Was i&#x017F;t hier nun? Ein Jammerzelt,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0211] Das Paradies. Als eine Quell anſehn zur Suͤnden, Die doch nur in ſie ſelbſt zu finden. Der Menſch war Herr, doch unter GOtt, Der ihm ein paradiſiſch Leben Zum Lohn, und dabei ein Verbot, Zur Richtſchnur ſeines Gluͤks gegeben: Er ſolte nichts von Baume eſſen, Der in des Gartens Mitte ſtund. Der Menſche konte leicht ermeſſen, Daß dies Geſezze ſeinen Grund: Und daß die Weisheit zeigen wolte, Daß ihr Geſchoͤpf gehorchen ſollte. Das iſt das Recht der Billigkeit, Das blinde Luͤſte uͤbertreten: Es waͤre noch die guͤldne Zeit, Wenn Menſchen dies gehalten haͤtten. Doch da ſie von des Teuffels Schlangen, Und ihren liſtgen Zauberthon, Durch ihre eigne Schuld gefangen, So war das der verdiente Lohn, Daß ſie das Paradies verlieſſen, Des Ungehorſams Schuld zu buͤſſen. So ward uns Edens Herrlichkeit, Mit ſeinen Paradies verſchloſſen; Nachdem wir durch des Teufels Neid, Jn Adam, dieſe Frucht genoſſen. Betruͤbter Blik! in iene Stunden, Der Anfangs noch begluͤkten Welt, Wo ſind ſie? ach! ſie ſind verſchwunden, Was iſt hier nun? Ein Jammerzelt, Das N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/211
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/211>, abgerufen am 24.11.2024.