Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.des Lebens, Todes und der Auferstehung. Jch sah ihr Sterben an, das sich dem Augen wiesUnd dachte, wie kan das zu einem Lehrbild dienen? Der Garten führte mich aufs Ehe Paradies, Worin die Kinder auch, zur Eltern Freude grünen. So wie die Blümelein, offt eh mans meint vergehn, Durch einen Sonnen Stich, in ihrer Blüt verderben; So kan man täglich auch, im Ehestande sehn; Die Eitelkeit der Lust, an vieler Kinder Sterben. Dies lehrte mich hernach, ein gantz besamtes Feld, Das ich vor kurtzen noch im grünen Wuchs erblikket, Es war die grüne Tracht der Halmen schon verstellt, Die bleiche Todtenfarb daran schon abgedrücket. Jch ging einst wieder hin, da lies ein Schnitter Heer, Jn der bewegten Faust, schon ihre Sensen blinken; Jch sah die schlanke Meug der Halmen mehr und mehr Bey wiederhohlten Schlag gestürtzt zu Boden sinken. Hier dacht ich bey mir selbst: da fällt die schlanke Pracht Der fetten Akker Frucht mit ihren güldnen Aehren; Ein Schlag, ein Schnitt, ein Zug, hats hier schon kahl gemacht Dies Sinnbild kan mir auch, der Menschen Zustand lehren. Wie viele liefert nicht, des Todes Sensenschlag, Ehs Jahr den Kreis umläuft, im Sommer ihrer Jahre Ja! wen der Mars regiert, woll gar auf einem Tag, Als unverhofft entseelt, auf ihre Leichenbahre? Der Herbst kam endlich an, mit seinem rauhen Nord, Und lies den kalten Hauch auch auf die Bäume rasen, Die Früchte fielen hin, die Blätter musten fort, Und wurden von dem Wind, verwelket weggeblasen. Ach! fiel mir dabey ein: das ist ein Sinnenspiel Von denen, welche GOTT zum Alter hat erhalten; Der Stärkste muß davon, es kommt sein Lebens Ziel Wen Blut und Lebensgeist, in ihm zuletzt erkalten. Gleicht
des Lebens, Todes und der Auferſtehung. Jch ſah ihr Sterben an, das ſich dem Augen wiesUnd dachte, wie kan das zu einem Lehrbild dienen? Der Garten fuͤhrte mich aufs Ehe Paradies, Worin die Kinder auch, zur Eltern Freude gruͤnen. So wie die Bluͤmelein, offt eh mans meint vergehn, Durch einen Sonnen Stich, in ihrer Bluͤt verderben; So kan man taͤglich auch, im Eheſtande ſehn; Die Eitelkeit der Luſt, an vieler Kinder Sterben. Dies lehrte mich hernach, ein gantz beſamtes Feld, Das ich vor kurtzen noch im gruͤnen Wuchs erblikket, Es war die gruͤne Tracht der Halmen ſchon verſtellt, Die bleiche Todtenfarb daran ſchon abgedruͤcket. Jch ging einſt wieder hin, da lies ein Schnitter Heer, Jn der bewegten Fauſt, ſchon ihre Senſen blinken; Jch ſah die ſchlanke Meug der Halmen mehr und mehr Bey wiederhohlten Schlag geſtuͤrtzt zu Boden ſinken. Hier dacht ich bey mir ſelbſt: da faͤllt die ſchlanke Pracht Der fetten Akker Frucht mit ihren guͤldnen Aehren; Ein Schlag, ein Schnitt, ein Zug, hats hier ſchon kahl gemacht Dies Sinnbild kan mir auch, der Menſchen Zuſtand lehren. Wie viele liefert nicht, des Todes Senſenſchlag, Ehs Jahr den Kreis umlaͤuft, im Sommer ihrer Jahre Ja! wen der Mars regiert, woll gar auf einem Tag, Als unverhofft entſeelt, auf ihre Leichenbahre? Der Herbſt kam endlich an, mit ſeinem rauhen Nord, Und lies den kalten Hauch auch auf die Baͤume raſen, Die Fruͤchte fielen hin, die Blaͤtter muſten fort, Und wurden von dem Wind, verwelket weggeblaſen. Ach! fiel mir dabey ein: das iſt ein Sinnenſpiel Von denen, welche GOTT zum Alter hat erhalten; Der Staͤrkſte muß davon, es kommt ſein Lebens Ziel Wen Blut und Lebensgeiſt, in ihm zuletzt erkalten. Gleicht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0027" n="11"/> <fw place="top" type="header">des Lebens, Todes und der Auferſtehung.</fw><lb/> <l>Jch ſah ihr Sterben an, das ſich dem Augen wies</l><lb/> <l>Und dachte, wie kan das zu einem Lehrbild dienen?</l><lb/> <l>Der Garten fuͤhrte mich aufs Ehe Paradies,</l><lb/> <l>Worin die Kinder auch, zur Eltern Freude gruͤnen.</l><lb/> <l>So wie die Bluͤmelein, offt eh mans meint vergehn,</l><lb/> <l>Durch einen Sonnen Stich, in ihrer Bluͤt verderben;</l><lb/> <l>So kan man taͤglich auch, im Eheſtande ſehn;</l><lb/> <l>Die Eitelkeit der Luſt, an vieler Kinder Sterben.</l><lb/> <l>Dies lehrte mich hernach, ein gantz beſamtes Feld,</l><lb/> <l>Das ich vor kurtzen noch im gruͤnen Wuchs erblikket,</l><lb/> <l>Es war die gruͤne Tracht der Halmen ſchon verſtellt,</l><lb/> <l>Die bleiche Todtenfarb daran ſchon abgedruͤcket.</l><lb/> <l>Jch ging einſt wieder hin, da lies ein Schnitter Heer,</l><lb/> <l>Jn der bewegten Fauſt, ſchon ihre Senſen blinken;</l><lb/> <l>Jch ſah die ſchlanke Meug der Halmen mehr und mehr</l><lb/> <l>Bey wiederhohlten Schlag geſtuͤrtzt zu Boden ſinken.</l><lb/> <l>Hier dacht ich bey mir ſelbſt: da faͤllt die ſchlanke</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Pracht</hi> </l><lb/> <l>Der fetten Akker Frucht mit ihren guͤldnen Aehren;</l><lb/> <l>Ein Schlag, ein Schnitt, ein Zug, hats hier ſchon kahl</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gemacht</hi> </l><lb/> <l>Dies Sinnbild kan mir auch, der Menſchen Zuſtand</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">lehren.</hi> </l><lb/> <l>Wie viele liefert nicht, des Todes Senſenſchlag,</l><lb/> <l>Ehs Jahr den Kreis umlaͤuft, im Sommer ihrer Jahre</l><lb/> <l>Ja! wen der Mars regiert, woll gar auf einem Tag,</l><lb/> <l>Als unverhofft entſeelt, auf ihre Leichenbahre?</l><lb/> <l>Der Herbſt kam endlich an, mit ſeinem rauhen Nord,</l><lb/> <l>Und lies den kalten Hauch auch auf die Baͤume raſen,</l><lb/> <l>Die Fruͤchte fielen hin, die Blaͤtter muſten fort,</l><lb/> <l>Und wurden von dem Wind, verwelket weggeblaſen.</l><lb/> <l>Ach! fiel mir dabey ein: das iſt ein Sinnenſpiel</l><lb/> <l>Von denen, welche GOTT zum Alter hat erhalten;</l><lb/> <l>Der Staͤrkſte muß davon, es kommt ſein Lebens Ziel</l><lb/> <l>Wen Blut und Lebensgeiſt, in ihm zuletzt erkalten.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gleicht</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [11/0027]
des Lebens, Todes und der Auferſtehung.
Jch ſah ihr Sterben an, das ſich dem Augen wies
Und dachte, wie kan das zu einem Lehrbild dienen?
Der Garten fuͤhrte mich aufs Ehe Paradies,
Worin die Kinder auch, zur Eltern Freude gruͤnen.
So wie die Bluͤmelein, offt eh mans meint vergehn,
Durch einen Sonnen Stich, in ihrer Bluͤt verderben;
So kan man taͤglich auch, im Eheſtande ſehn;
Die Eitelkeit der Luſt, an vieler Kinder Sterben.
Dies lehrte mich hernach, ein gantz beſamtes Feld,
Das ich vor kurtzen noch im gruͤnen Wuchs erblikket,
Es war die gruͤne Tracht der Halmen ſchon verſtellt,
Die bleiche Todtenfarb daran ſchon abgedruͤcket.
Jch ging einſt wieder hin, da lies ein Schnitter Heer,
Jn der bewegten Fauſt, ſchon ihre Senſen blinken;
Jch ſah die ſchlanke Meug der Halmen mehr und mehr
Bey wiederhohlten Schlag geſtuͤrtzt zu Boden ſinken.
Hier dacht ich bey mir ſelbſt: da faͤllt die ſchlanke
Pracht
Der fetten Akker Frucht mit ihren guͤldnen Aehren;
Ein Schlag, ein Schnitt, ein Zug, hats hier ſchon kahl
gemacht
Dies Sinnbild kan mir auch, der Menſchen Zuſtand
lehren.
Wie viele liefert nicht, des Todes Senſenſchlag,
Ehs Jahr den Kreis umlaͤuft, im Sommer ihrer Jahre
Ja! wen der Mars regiert, woll gar auf einem Tag,
Als unverhofft entſeelt, auf ihre Leichenbahre?
Der Herbſt kam endlich an, mit ſeinem rauhen Nord,
Und lies den kalten Hauch auch auf die Baͤume raſen,
Die Fruͤchte fielen hin, die Blaͤtter muſten fort,
Und wurden von dem Wind, verwelket weggeblaſen.
Ach! fiel mir dabey ein: das iſt ein Sinnenſpiel
Von denen, welche GOTT zum Alter hat erhalten;
Der Staͤrkſte muß davon, es kommt ſein Lebens Ziel
Wen Blut und Lebensgeiſt, in ihm zuletzt erkalten.
Gleicht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |