Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.bey der Einrichtung der vier Jahrszeiten. Als jetzt wieder aufgegrünet, da sich Auen, Feldund Wald Uns zur Lust und Nutz verjünget in veränderter Ge- stalt. Als der stürmisch kalte Nord, mit dem Winter kam gefahren; So entblätterte sein Hauch jeden Baum von Schmuk und Haaren, Jhre grüne Zierde wurde, dieser kalten Winde Raub, Und, wie die Verwandlung folgte, gelb und welkend endlich Staub. Nunmehr da der dürre Stam, wieder Säffte einge- sogen, Hat des Lenzens warmer Strahl Knospen schon her- vorgezogen, Grosser Bäume, kleiner Stauden von dem Reif be- floktes Haupt Wird mit neu gesprosnen Blättern, wie mit grü- nen Haar umlaubt. Und das würkend Allmachtswort, das im Anfang hies: Es werde Zeiget sich nun wiederum, an der wüst und leeren Erde, Die, nach dem sie bei der Ruhe, durch den Re- gen satt getränkt Wie es weislich eingerichtet, neugebohrne Früchte schenkt. Erstlich sieht man wie das Gras, da der Schnee hin- weg geschäumet, Durch den welk und faulen Moos mit verjüngten Spitzen keimet; Wie die durchgeschlagnen Spitzen, als geschlungne Faden gehn, Die ein grünes Kunstgewirke, eine samtne Dekke drehn, Die
bey der Einrichtung der vier Jahrszeiten. Als jetzt wieder aufgegruͤnet, da ſich Auen, Feldund Wald Uns zur Luſt und Nutz verjuͤnget in veraͤnderter Ge- ſtalt. Als der ſtuͤrmiſch kalte Nord, mit dem Winter kam gefahren; So entblaͤtterte ſein Hauch jeden Baum von Schmuk und Haaren, Jhre gruͤne Zierde wurde, dieſer kalten Winde Raub, Und, wie die Verwandlung folgte, gelb und welkend endlich Staub. Nunmehr da der duͤrre Stam, wieder Saͤffte einge- ſogen, Hat des Lenzens warmer Strahl Knoſpen ſchon her- vorgezogen, Groſſer Baͤume, kleiner Stauden von dem Reif be- floktes Haupt Wird mit neu geſprosnen Blaͤttern, wie mit gruͤ- nen Haar umlaubt. Und das wuͤrkend Allmachtswort, das im Anfang hies: Es werde Zeiget ſich nun wiederum, an der wuͤſt und leeren Erde, Die, nach dem ſie bei der Ruhe, durch den Re- gen ſatt getraͤnkt Wie es weislich eingerichtet, neugebohrne Fruͤchte ſchenkt. Erſtlich ſieht man wie das Gras, da der Schnee hin- weg geſchaͤumet, Durch den welk und faulen Moos mit verjuͤngten Spitzen keimet; Wie die durchgeſchlagnen Spitzen, als geſchlungne Faden gehn, Die ein gruͤnes Kunſtgewirke, eine ſamtne Dekke drehn, Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0077" n="61"/> <fw place="top" type="header">bey der Einrichtung der vier Jahrszeiten.</fw><lb/> <l>Als jetzt wieder aufgegruͤnet, da ſich Auen, Feld</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und Wald</hi> </l><lb/> <l>Uns zur Luſt und Nutz verjuͤnget in veraͤnderter Ge-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtalt.</hi> </l><lb/> <l>Als der ſtuͤrmiſch kalte Nord, mit dem Winter kam</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gefahren;</hi> </l><lb/> <l>So entblaͤtterte ſein Hauch jeden Baum von Schmuk</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und Haaren,</hi> </l><lb/> <l>Jhre gruͤne Zierde wurde, dieſer kalten Winde Raub,</l><lb/> <l>Und, wie die Verwandlung folgte, gelb und welkend</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">endlich Staub.</hi> </l><lb/> <l>Nunmehr da der duͤrre Stam, wieder Saͤffte einge-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſogen,</hi> </l><lb/> <l>Hat des Lenzens warmer Strahl Knoſpen ſchon her-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">vorgezogen,</hi> </l><lb/> <l>Groſſer Baͤume, kleiner Stauden von dem Reif be-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">floktes Haupt</hi> </l><lb/> <l>Wird mit neu geſprosnen Blaͤttern, wie mit gruͤ-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nen Haar umlaubt.</hi> </l><lb/> <l>Und das wuͤrkend Allmachtswort, das im Anfang</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">hies: <hi rendition="#fr">Es werde</hi></hi> </l><lb/> <l>Zeiget ſich nun wiederum, an der wuͤſt und leeren</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Erde,</hi> </l><lb/> <l>Die, nach dem ſie bei der Ruhe, durch den Re-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen ſatt getraͤnkt</hi> </l><lb/> <l>Wie es weislich eingerichtet, neugebohrne Fruͤchte</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchenkt.</hi> </l><lb/> <l>Erſtlich ſieht man wie das Gras, da der Schnee hin-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">weg geſchaͤumet,</hi> </l><lb/> <l>Durch den welk und faulen Moos mit verjuͤngten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Spitzen keimet;</hi> </l><lb/> <l>Wie die durchgeſchlagnen Spitzen, als geſchlungne</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Faden gehn,</hi> </l><lb/> <l>Die ein gruͤnes Kunſtgewirke, eine ſamtne Dekke</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">drehn,</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [61/0077]
bey der Einrichtung der vier Jahrszeiten.
Als jetzt wieder aufgegruͤnet, da ſich Auen, Feld
und Wald
Uns zur Luſt und Nutz verjuͤnget in veraͤnderter Ge-
ſtalt.
Als der ſtuͤrmiſch kalte Nord, mit dem Winter kam
gefahren;
So entblaͤtterte ſein Hauch jeden Baum von Schmuk
und Haaren,
Jhre gruͤne Zierde wurde, dieſer kalten Winde Raub,
Und, wie die Verwandlung folgte, gelb und welkend
endlich Staub.
Nunmehr da der duͤrre Stam, wieder Saͤffte einge-
ſogen,
Hat des Lenzens warmer Strahl Knoſpen ſchon her-
vorgezogen,
Groſſer Baͤume, kleiner Stauden von dem Reif be-
floktes Haupt
Wird mit neu geſprosnen Blaͤttern, wie mit gruͤ-
nen Haar umlaubt.
Und das wuͤrkend Allmachtswort, das im Anfang
hies: Es werde
Zeiget ſich nun wiederum, an der wuͤſt und leeren
Erde,
Die, nach dem ſie bei der Ruhe, durch den Re-
gen ſatt getraͤnkt
Wie es weislich eingerichtet, neugebohrne Fruͤchte
ſchenkt.
Erſtlich ſieht man wie das Gras, da der Schnee hin-
weg geſchaͤumet,
Durch den welk und faulen Moos mit verjuͤngten
Spitzen keimet;
Wie die durchgeſchlagnen Spitzen, als geſchlungne
Faden gehn,
Die ein gruͤnes Kunſtgewirke, eine ſamtne Dekke
drehn,
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |