Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Nochmahlige Betrachtung über die Tulpen. Frühlings Kinder holde Schönen, Wie könt ihr die Gärten krönen, Wenn ihr mit der Farben Pracht, Die sich recht bei euch vereinet, Ueber alle Blumen scheinet: Jhr habt sie beschämt gemacht, Weil ihr als die Sonne funkelt, Die der Sternen Glanz verdunkelt. Jhr müßt von dem Himmel stammen, Weil der Blätter lieblichs Flammen Nur mit Himmels Farben strahlt? Nein! ihr Tulpen seid nicht minder, Wie die andern Erden Kinder, Die doch nicht so schön gemahlt; Aus dem schwarzen Schoos der Erden, Müßt ihr auch gebohren werden. Doch der Vater aller Lichter, Jsts der eure Angesichter Mit der Farben Schönheit ziert: Dessen Allmachts Wort: Es werde Machet daß die schwarze Erde, Solche Kinderchen gebiehrt Die durch ihr gereitztes Blühen, Tausend Augen an sich ziehen. Der ists, der dies Kunstgebäude, Uns zur frohen Augen-Weide, Zum Beweisthum seiner Macht Aus den erst erschafnen Saamen, Bis hernach die Zwiebeln kamen, Wunderbahr herfürgebracht; Der
Nochmahlige Betrachtung uͤber die Tulpen. Fruͤhlings Kinder holde Schoͤnen, Wie koͤnt ihr die Gaͤrten kroͤnen, Wenn ihr mit der Farben Pracht, Die ſich recht bei euch vereinet, Ueber alle Blumen ſcheinet: Jhr habt ſie beſchaͤmt gemacht, Weil ihr als die Sonne funkelt, Die der Sternen Glanz verdunkelt. Jhr muͤßt von dem Himmel ſtammen, Weil der Blaͤtter lieblichs Flammen Nur mit Himmels Farben ſtrahlt? Nein! ihr Tulpen ſeid nicht minder, Wie die andern Erden Kinder, Die doch nicht ſo ſchoͤn gemahlt; Aus dem ſchwarzen Schoos der Erden, Muͤßt ihr auch gebohren werden. Doch der Vater aller Lichter, Jſts der eure Angeſichter Mit der Farben Schoͤnheit ziert: Deſſen Allmachts Wort: Es werde Machet daß die ſchwarze Erde, Solche Kinderchen gebiehrt Die durch ihr gereitztes Bluͤhen, Tauſend Augen an ſich ziehen. Der iſts, der dies Kunſtgebaͤude, Uns zur frohen Augen-Weide, Zum Beweisthum ſeiner Macht Aus den erſt erſchafnen Saamen, Bis hernach die Zwiebeln kamen, Wunderbahr herfuͤrgebracht; Der
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Nochmahlige Betrachtung uͤber die Tulpen.
Fruͤhlings Kinder holde Schoͤnen,
Wie koͤnt ihr die Gaͤrten kroͤnen,
Wenn ihr mit der Farben Pracht,
Die ſich recht bei euch vereinet,
Ueber alle Blumen ſcheinet:
Jhr habt ſie beſchaͤmt gemacht,
Weil ihr als die Sonne funkelt,
Die der Sternen Glanz verdunkelt.
Jhr muͤßt von dem Himmel ſtammen,
Weil der Blaͤtter lieblichs Flammen
Nur mit Himmels Farben ſtrahlt?
Nein! ihr Tulpen ſeid nicht minder,
Wie die andern Erden Kinder,
Die doch nicht ſo ſchoͤn gemahlt;
Aus dem ſchwarzen Schoos der Erden,
Muͤßt ihr auch gebohren werden.
Doch der Vater aller Lichter,
Jſts der eure Angeſichter
Mit der Farben Schoͤnheit ziert:
Deſſen Allmachts Wort: Es werde
Machet daß die ſchwarze Erde,
Solche Kinderchen gebiehrt
Die durch ihr gereitztes Bluͤhen,
Tauſend Augen an ſich ziehen.
Der iſts, der dies Kunſtgebaͤude,
Uns zur frohen Augen-Weide,
Zum Beweisthum ſeiner Macht
Aus den erſt erſchafnen Saamen,
Bis hernach die Zwiebeln kamen,
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