Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die selten blühende Aloe. Jn Fürsten Gärten auf; allwo die Neubegier,Nach ihrer Blüthe hoft, die sie in langen Jahren, Wenn sie auch wol gepflegt, mit kurzer Lust erfah- ren. Des Stammes Untertheil ist schön und Blätter- reich, Die Blätter sind sehr dik und lang als wie ein Zweig Und hängen um den Stam, bis an die Erde nieder, Der Stam geht in die Höh woran nur hin und wieder Die zarten Spröslein gehn, bis daß der Kranz sich zeigt Da aus der jeden Seit ein schönes Zweiglein steigt, Woraus die Blüte komt, die grünlich gelbe Blu- me; Es sieht die Aloe fast wie im Heiligthume, Der güldne Leuchter aus, woran die Zweige stehn So wie ans Leuchters Schaft, die güldnen Ampeln gehn. Dies Wunder-voll Gewächs, komt selten zu der Blüthe, Und darin sezzet man desselben Preis und Güte; Es trägt hie keine Frucht, und wenn es herrlich blüht, Und so viel Augen lokt, und gleichsam an sich zieht. So pflegen unteu erst, die Floren sich zu zeigen, Die denn so immer fort, bis zu der Spizze steigen. Und wenn sie ausgeblüht, so falln die Blätter ab, Wenn sie am schönsten prangt; ist das Verwesungs- Grab Der Aloe bald da; die Stengel die vergehen, Die Herrlichkeit verfleugt die man zuvor gesehen. Was zeigt uns diese Frucht vor gute Lehren an, Wovon die Aloe ein Sinnbild geben kan? Mir S 4
Die ſelten bluͤhende Aloe. Jn Fuͤrſten Gaͤrten auf; allwo die Neubegier,Nach ihrer Bluͤthe hoft, die ſie in langen Jahren, Wenn ſie auch wol gepflegt, mit kurzer Luſt erfah- ren. Des Stammes Untertheil iſt ſchoͤn und Blaͤtter- reich, Die Blaͤtter ſind ſehr dik und lang als wie ein Zweig Und haͤngen um den Stam, bis an die Erde nieder, Der Stam geht in die Hoͤh woran nur hin und wieder Die zarten Sproͤslein gehn, bis daß der Kranz ſich zeigt Da aus der jeden Seit ein ſchoͤnes Zweiglein ſteigt, Woraus die Bluͤte komt, die gruͤnlich gelbe Blu- me; Es ſieht die Aloe faſt wie im Heiligthume, Der guͤldne Leuchter aus, woran die Zweige ſtehn So wie ans Leuchters Schaft, die guͤldnen Ampeln gehn. Dies Wunder-voll Gewaͤchs, komt ſelten zu der Bluͤthe, Und darin ſezzet man deſſelben Preis und Guͤte; Es traͤgt hie keine Frucht, und wenn es herrlich bluͤht, Und ſo viel Augen lokt, und gleichſam an ſich zieht. So pflegen unteu erſt, die Floren ſich zu zeigen, Die denn ſo immer fort, bis zu der Spizze ſteigen. Und wenn ſie ausgebluͤht, ſo falln die Blaͤtter ab, Wenn ſie am ſchoͤnſten prangt; iſt das Verweſungs- Grab Der Aloe bald da; die Stengel die vergehen, Die Herrlichkeit verfleugt die man zuvor geſehen. Was zeigt uns dieſe Frucht vor gute Lehren an, Wovon die Aloe ein Sinnbild geben kan? Mir S 4
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Die ſelten bluͤhende Aloe.
Jn Fuͤrſten Gaͤrten auf; allwo die Neubegier,
Nach ihrer Bluͤthe hoft, die ſie in langen Jahren,
Wenn ſie auch wol gepflegt, mit kurzer Luſt erfah-
ren.
Des Stammes Untertheil iſt ſchoͤn und Blaͤtter-
reich,
Die Blaͤtter ſind ſehr dik und lang als wie ein Zweig
Und haͤngen um den Stam, bis an die Erde nieder,
Der Stam geht in die Hoͤh woran nur hin und
wieder
Die zarten Sproͤslein gehn, bis daß der Kranz ſich
zeigt
Da aus der jeden Seit ein ſchoͤnes Zweiglein ſteigt,
Woraus die Bluͤte komt, die gruͤnlich gelbe Blu-
me;
Es ſieht die Aloe faſt wie im Heiligthume,
Der guͤldne Leuchter aus, woran die Zweige ſtehn
So wie ans Leuchters Schaft, die guͤldnen Ampeln
gehn.
Dies Wunder-voll Gewaͤchs, komt ſelten zu der
Bluͤthe,
Und darin ſezzet man deſſelben Preis und Guͤte;
Es traͤgt hie keine Frucht, und wenn es herrlich
bluͤht,
Und ſo viel Augen lokt, und gleichſam an ſich zieht.
So pflegen unteu erſt, die Floren ſich zu zeigen,
Die denn ſo immer fort, bis zu der Spizze ſteigen.
Und wenn ſie ausgebluͤht, ſo falln die Blaͤtter ab,
Wenn ſie am ſchoͤnſten prangt; iſt das Verweſungs-
Grab
Der Aloe bald da; die Stengel die vergehen,
Die Herrlichkeit verfleugt die man zuvor geſehen.
Was zeigt uns dieſe Frucht vor gute Lehren an,
Wovon die Aloe ein Sinnbild geben kan?
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