Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Welt ein Land der Eitelkeit. Der dritte glaubt er sei vollkommen erst beglükt,Wenn ihn der Wollust Nez ins Labirinth gestrikt, Er rennet Tag und Nacht, ein Paradies zu fin- den, Er rennet immer zu nach Art der armen Blinden, Da ihn die Einbildung, als wie ein Jrrlicht führt, Dem er so lange folgt, bis daß er sich verliehrt. Er kommt ins Paradies, geniesset seine Freude: Doch wenn ers recht besieht; so ist er auf der Weide, Worauf das Vieh sich nährt, das da vergnügt und satt, Allwo der Mensche nichts, zu seiner Nahrung hat. Er schmekt den Bitter-Klee und lernet auch erken- nen, Die Welt die müsse man kein Paradies mehr nen- nen. Wer hie auf Erden lebt, der muß sich stets be- mühn, Von aller Eitelkeit sein Herze abzuziehn, Die Dinge dieser Welt nach ihrer Ordnung brau- chen, Bei der Erinnerung, daß sie wie Dunst verrau- chen. Des Schöpfers weiser Zwek, will das wir glük- lich seyn, Drum führt er uns allhie ins Land der Prüfung ein, Da wir nebst Süßigkeit auch manches Bittre schmekken, Jn uns den regen Trieb zum Himmel zu erwek- ken. Wer diese Unterwelt, so wie man soll, beschaut. Der
Die Welt ein Land der Eitelkeit. Der dritte glaubt er ſei vollkommen erſt begluͤkt,Wenn ihn der Wolluſt Nez ins Labirinth geſtrikt, Er rennet Tag und Nacht, ein Paradies zu fin- den, Er rennet immer zu nach Art der armen Blinden, Da ihn die Einbildung, als wie ein Jrrlicht fuͤhrt, Dem er ſo lange folgt, bis daß er ſich verliehrt. Er kommt ins Paradies, genieſſet ſeine Freude: Doch wenn ers recht beſieht; ſo iſt er auf der Weide, Worauf das Vieh ſich naͤhrt, das da vergnuͤgt und ſatt, Allwo der Menſche nichts, zu ſeiner Nahrung hat. Er ſchmekt den Bitter-Klee und lernet auch erken- nen, Die Welt die muͤſſe man kein Paradies mehr nen- nen. Wer hie auf Erden lebt, der muß ſich ſtets be- muͤhn, Von aller Eitelkeit ſein Herze abzuziehn, Die Dinge dieſer Welt nach ihrer Ordnung brau- chen, Bei der Erinnerung, daß ſie wie Dunſt verrau- chen. Des Schoͤpfers weiſer Zwek, will das wir gluͤk- lich ſeyn, Drum fuͤhrt er uns allhie ins Land der Pruͤfung ein, Da wir nebſt Suͤßigkeit auch manches Bittre ſchmekken, Jn uns den regen Trieb zum Himmel zu erwek- ken. Wer dieſe Unterwelt, ſo wie man ſoll, beſchaut. Der
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Die Welt ein Land der Eitelkeit.
Der dritte glaubt er ſei vollkommen erſt begluͤkt,
Wenn ihn der Wolluſt Nez ins Labirinth geſtrikt,
Er rennet Tag und Nacht, ein Paradies zu fin-
den,
Er rennet immer zu nach Art der armen Blinden,
Da ihn die Einbildung, als wie ein Jrrlicht
fuͤhrt,
Dem er ſo lange folgt, bis daß er ſich verliehrt.
Er kommt ins Paradies, genieſſet ſeine Freude:
Doch wenn ers recht beſieht; ſo iſt er auf der
Weide,
Worauf das Vieh ſich naͤhrt, das da vergnuͤgt und
ſatt,
Allwo der Menſche nichts, zu ſeiner Nahrung hat.
Er ſchmekt den Bitter-Klee und lernet auch erken-
nen,
Die Welt die muͤſſe man kein Paradies mehr nen-
nen.
Wer hie auf Erden lebt, der muß ſich ſtets be-
muͤhn,
Von aller Eitelkeit ſein Herze abzuziehn,
Die Dinge dieſer Welt nach ihrer Ordnung brau-
chen,
Bei der Erinnerung, daß ſie wie Dunſt verrau-
chen.
Des Schoͤpfers weiſer Zwek, will das wir gluͤk-
lich ſeyn,
Drum fuͤhrt er uns allhie ins Land der Pruͤfung
ein,
Da wir nebſt Suͤßigkeit auch manches Bittre
ſchmekken,
Jn uns den regen Trieb zum Himmel zu erwek-
ken.
Wer dieſe Unterwelt, ſo wie man ſoll, beſchaut.
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