Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Der stolze Pfau. Nachdem verändern sich der Federn bunte Strah-len, Die sich bald gelb, meist grün vor unsern Augen mahlen. Wahr ist es daß der Schweif am Pfau recht Wun- derschön, Und daß er Schimmerreich und lieblich anzusehn: Allein er glänzet nur, von aussen an den Flügeln Die um und um besezt mit lauter Blendungs-Spie- geln. Und sieht etwa der Pfau die schwarzen Füsse an, Die garstig anzusehn, die er nicht leiden kan; So fällt der stolze Sinn, da lernet er erkennen, Was schönes an ihm ist, sey nur sein Kleid zu nen- nen. Gewis! ein wahres Bild von Menschen in der Welt, Die durch den leeren Wind des Stolzes aufge- schwellt, Die in dem Lauf der Welt mit Gütern sind beglük- ket, Hingegen aber nicht mit Tugend ausgeschmükket. Die bilden sich gar viel, auf ihrem blanken Schein, Auf ihren reichen Schaz, auf ihren Goldklump ein. Da ihnen Tugend fehlt, und Wiz, Geschiklichkeiten, So muß der Kleider Schmuk sie in der Welt ausbreiten. Der Pfau ist auch ein Bild von deren Eitelkeit, Die falscher Dünkel triegt, als wenn ein herrlich Kleid Das in das Auge prahlt, sie könte schöner ma- chen: Sie brüsten sich damit, darüber kluge lachen. Sie
Der ſtolze Pfau. Nachdem veraͤndern ſich der Federn bunte Strah-len, Die ſich bald gelb, meiſt gruͤn vor unſern Augen mahlen. Wahr iſt es daß der Schweif am Pfau recht Wun- derſchoͤn, Und daß er Schimmerreich und lieblich anzuſehn: Allein er glaͤnzet nur, von auſſen an den Fluͤgeln Die um und um beſezt mit lauter Blendungs-Spie- geln. Und ſieht etwa der Pfau die ſchwarzen Fuͤſſe an, Die garſtig anzuſehn, die er nicht leiden kan; So faͤllt der ſtolze Sinn, da lernet er erkennen, Was ſchoͤnes an ihm iſt, ſey nur ſein Kleid zu nen- nen. Gewis! ein wahres Bild von Menſchen in der Welt, Die durch den leeren Wind des Stolzes aufge- ſchwellt, Die in dem Lauf der Welt mit Guͤtern ſind begluͤk- ket, Hingegen aber nicht mit Tugend ausgeſchmuͤkket. Die bilden ſich gar viel, auf ihrem blanken Schein, Auf ihren reichen Schaz, auf ihren Goldklump ein. Da ihnen Tugend fehlt, und Wiz, Geſchiklichkeiten, So muß der Kleider Schmuk ſie in der Welt ausbreiten. Der Pfau iſt auch ein Bild von deren Eitelkeit, Die falſcher Duͤnkel triegt, als wenn ein herrlich Kleid Das in das Auge prahlt, ſie koͤnte ſchoͤner ma- chen: Sie bruͤſten ſich damit, daruͤber kluge lachen. Sie
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Der ſtolze Pfau.
Nachdem veraͤndern ſich der Federn bunte Strah-
len,
Die ſich bald gelb, meiſt gruͤn vor unſern Augen
mahlen.
Wahr iſt es daß der Schweif am Pfau recht Wun-
derſchoͤn,
Und daß er Schimmerreich und lieblich anzuſehn:
Allein er glaͤnzet nur, von auſſen an den Fluͤgeln
Die um und um beſezt mit lauter Blendungs-Spie-
geln.
Und ſieht etwa der Pfau die ſchwarzen Fuͤſſe an,
Die garſtig anzuſehn, die er nicht leiden kan;
So faͤllt der ſtolze Sinn, da lernet er erkennen,
Was ſchoͤnes an ihm iſt, ſey nur ſein Kleid zu nen-
nen.
Gewis! ein wahres Bild von Menſchen in der
Welt,
Die durch den leeren Wind des Stolzes aufge-
ſchwellt,
Die in dem Lauf der Welt mit Guͤtern ſind begluͤk-
ket,
Hingegen aber nicht mit Tugend ausgeſchmuͤkket.
Die bilden ſich gar viel, auf ihrem blanken Schein,
Auf ihren reichen Schaz, auf ihren Goldklump
ein.
Da ihnen Tugend fehlt, und Wiz, Geſchiklichkeiten,
So muß der Kleider Schmuk ſie in der Welt
ausbreiten.
Der Pfau iſt auch ein Bild von deren Eitelkeit,
Die falſcher Duͤnkel triegt, als wenn ein herrlich
Kleid
Das in das Auge prahlt, ſie koͤnte ſchoͤner ma-
chen:
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