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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die Tieffen der GOttheit.

Eines einzgen Krauts recht lehren,
Darin wir den Schöpfer ehren?
Kein Verstand ergründet das,
Was verbirgt ein Stengel Gras.

Denk ich nach wie GOtt regieret,
Diesen Bau der ganzen Welt,
Wie er das zum Zwekke führet,
Was die Vorsehung erhält:
Wie er uns als Menschen leitet,
Und aus Bösen Guts bereitet,
O! so seh ich allemahl
Dunkler Tieffen grosse Zahl.
Seh ich nur das Heer der Sünder
Die wie Lorbeer-Bäume blühn;
Seh ich wie die frömsten Kinder,
Jn den Trübsahls-Offen glühn:
Und will den Verstand befragen;
Warum GOtt das könn ertragen,
Alsobald sieht hier mein Geist,
Wie sich eine Tief aufschleust.
Seh ich die Veränderungen,
Jn dem Reich der Vorsehung,
Wie oft werd ein Land verschlungen,
So komt die Verwunderung
Und betäubet meine Sinnen,
Da werd ich gleich wieder innen:
GOttes Raht sieht keiner ein,

Er will nur bewundert seyn.
Die-

Die Tieffen der GOttheit.

Eines einzgen Krauts recht lehren,
Darin wir den Schoͤpfer ehren?
Kein Verſtand ergruͤndet das,
Was verbirgt ein Stengel Gras.

Denk ich nach wie GOtt regieret,
Dieſen Bau der ganzen Welt,
Wie er das zum Zwekke fuͤhret,
Was die Vorſehung erhaͤlt:
Wie er uns als Menſchen leitet,
Und aus Boͤſen Guts bereitet,
O! ſo ſeh ich allemahl
Dunkler Tieffen groſſe Zahl.
Seh ich nur das Heer der Suͤnder
Die wie Lorbeer-Baͤume bluͤhn;
Seh ich wie die froͤmſten Kinder,
Jn den Truͤbſahls-Offen gluͤhn:
Und will den Verſtand befragen;
Warum GOtt das koͤnn ertragen,
Alſobald ſieht hier mein Geiſt,
Wie ſich eine Tief aufſchleuſt.
Seh ich die Veraͤnderungen,
Jn dem Reich der Vorſehung,
Wie oft werd ein Land verſchlungen,
So komt die Verwunderung
Und betaͤubet meine Sinnen,
Da werd ich gleich wieder innen:
GOttes Raht ſieht keiner ein,

Er will nur bewundert ſeyn.
Die-
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[340/0352] Die Tieffen der GOttheit. Eines einzgen Krauts recht lehren, Darin wir den Schoͤpfer ehren? Kein Verſtand ergruͤndet das, Was verbirgt ein Stengel Gras. Denk ich nach wie GOtt regieret, Dieſen Bau der ganzen Welt, Wie er das zum Zwekke fuͤhret, Was die Vorſehung erhaͤlt: Wie er uns als Menſchen leitet, Und aus Boͤſen Guts bereitet, O! ſo ſeh ich allemahl Dunkler Tieffen groſſe Zahl. Seh ich nur das Heer der Suͤnder Die wie Lorbeer-Baͤume bluͤhn; Seh ich wie die froͤmſten Kinder, Jn den Truͤbſahls-Offen gluͤhn: Und will den Verſtand befragen; Warum GOtt das koͤnn ertragen, Alſobald ſieht hier mein Geiſt, Wie ſich eine Tief aufſchleuſt. Seh ich die Veraͤnderungen, Jn dem Reich der Vorſehung, Wie oft werd ein Land verſchlungen, So komt die Verwunderung Und betaͤubet meine Sinnen, Da werd ich gleich wieder innen: GOttes Raht ſieht keiner ein, Er will nur bewundert ſeyn. Die-

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/352>, abgerufen am 24.05.2024.