Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Der Unglaube. Die um der Warheit Licht, als wie die Wespenwanken; Sie schwärmen hin und her auf ihrer Jrrebahn, Sie suchen nicht die Ruh, wo man sie finden kan; Weil sie der Unverstand durch blinden Trieb regie- ret, Und der verkehrte Sinn, das Blendlicht stets ver- führet. Wie elend ist ein Mensch der sich ums Ziel be- müht, Und durch ein blendend Glas das ihn betrieget sieht; Dem dünket daß er könn, den rechten Zwek errei- chen, Er folget dem Betrug und muß vom Weg abwei- chen: So gehts denselben auch der sich ein Gut vor- legt, Das er erhalten wil, doch aber nicht erwegt, Was ihm recht vortheilhafft; drum muß er sich ver- wirren, Und von der rechten Bahn der klaren Warheit ir- ren. Der Unglaub meint zu sehn, und siehet warlich nicht, Es ist der Seelen Aug nur ein verblendend Licht, Und der Verstand bei ihm vom Dünkel eingenom- men, Drum kan er auch nie recht zum Licht der Warheit kommen. Wie elend ist ein Mensch in solcher Finsternis, Er hofft offt ohne Grund, und bleibet ungewis; Er
Der Unglaube. Die um der Warheit Licht, als wie die Wespenwanken; Sie ſchwaͤrmen hin und her auf ihrer Jrrebahn, Sie ſuchen nicht die Ruh, wo man ſie finden kan; Weil ſie der Unverſtand durch blinden Trieb regie- ret, Und der verkehrte Sinn, das Blendlicht ſtets ver- fuͤhret. Wie elend iſt ein Menſch der ſich ums Ziel be- muͤht, Und durch ein blendend Glas das ihn betrieget ſieht; Dem duͤnket daß er koͤnn, den rechten Zwek errei- chen, Er folget dem Betrug und muß vom Weg abwei- chen: So gehts denſelben auch der ſich ein Gut vor- legt, Das er erhalten wil, doch aber nicht erwegt, Was ihm recht vortheilhafft; drum muß er ſich ver- wirren, Und von der rechten Bahn der klaren Warheit ir- ren. Der Unglaub meint zu ſehn, und ſiehet warlich nicht, Es iſt der Seelen Aug nur ein verblendend Licht, Und der Verſtand bei ihm vom Duͤnkel eingenom- men, Drum kan er auch nie recht zum Licht der Warheit kommen. Wie elend iſt ein Menſch in ſolcher Finſternis, Er hofft offt ohne Grund, und bleibet ungewis; Er
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Der Unglaube.
Die um der Warheit Licht, als wie die Wespen
wanken;
Sie ſchwaͤrmen hin und her auf ihrer Jrrebahn,
Sie ſuchen nicht die Ruh, wo man ſie finden
kan;
Weil ſie der Unverſtand durch blinden Trieb regie-
ret,
Und der verkehrte Sinn, das Blendlicht ſtets ver-
fuͤhret.
Wie elend iſt ein Menſch der ſich ums Ziel be-
muͤht,
Und durch ein blendend Glas das ihn betrieget
ſieht;
Dem duͤnket daß er koͤnn, den rechten Zwek errei-
chen,
Er folget dem Betrug und muß vom Weg abwei-
chen:
So gehts denſelben auch der ſich ein Gut vor-
legt,
Das er erhalten wil, doch aber nicht erwegt,
Was ihm recht vortheilhafft; drum muß er ſich ver-
wirren,
Und von der rechten Bahn der klaren Warheit ir-
ren.
Der Unglaub meint zu ſehn, und ſiehet warlich
nicht,
Es iſt der Seelen Aug nur ein verblendend Licht,
Und der Verſtand bei ihm vom Duͤnkel eingenom-
men,
Drum kan er auch nie recht zum Licht der Warheit
kommen.
Wie elend iſt ein Menſch in ſolcher Finſternis,
Er hofft offt ohne Grund, und bleibet ungewis;
Er
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