Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Ohr als ein künstliches Meisterstükke.

Du musts beim Bewundern lassen:
Da dich dieses deutlich lehrt,
Daß wir noch nicht recht verstehn,
Wie wir Menschen hören, sehn.

Doch dies siehet das Gemüte,
Daß des Höchstens weise Güte,
Sich uns durchs Gehör bezeugt;
Diese Schnekkenförmge Röhren,
Lassen uns in allen hören,
Daß uns unser GOtt geneigt,
Da er uns den Sinn geschenkt,
Der so wunderbahr verschränkt.
Es zeigt seiner Vorsicht Walten,
Der uns das Gehör erhalten,
Und so weislich hat verdekt,
Durch sein Allmachtsvolles Sorgen,
Da wir noch ganz tief verborgen,
Jn der Feuchtigkeit verstekt,
Da doch schon die Trommelwand
Jm Gehörgang ausgespannt.
Welch ein Wunder! da die Ohren,
Gleich den immer offnen Thoren,
Nie gesperrt; daß doch nicht leicht,
Sich dahin ein Thierlein waget,
Und das Trommelfell durchnaget;
Dies geschicht nicht, weil es feucht,
Weil die bittre Fettigkeit,
Jn den hohlen Gang gestreut.
Die-

Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Du muſts beim Bewundern laſſen:
Da dich dieſes deutlich lehrt,
Daß wir noch nicht recht verſtehn,
Wie wir Menſchen hoͤren, ſehn.

Doch dies ſiehet das Gemuͤte,
Daß des Hoͤchſtens weiſe Guͤte,
Sich uns durchs Gehoͤr bezeugt;
Dieſe Schnekkenfoͤrmge Roͤhren,
Laſſen uns in allen hoͤren,
Daß uns unſer GOtt geneigt,
Da er uns den Sinn geſchenkt,
Der ſo wunderbahr verſchraͤnkt.
Es zeigt ſeiner Vorſicht Walten,
Der uns das Gehoͤr erhalten,
Und ſo weislich hat verdekt,
Durch ſein Allmachtsvolles Sorgen,
Da wir noch ganz tief verborgen,
Jn der Feuchtigkeit verſtekt,
Da doch ſchon die Trommelwand
Jm Gehoͤrgang ausgeſpannt.
Welch ein Wunder! da die Ohren,
Gleich den immer offnen Thoren,
Nie geſperrt; daß doch nicht leicht,
Sich dahin ein Thierlein waget,
Und das Trommelfell durchnaget;
Dies geſchicht nicht, weil es feucht,
Weil die bittre Fettigkeit,
Jn den hohlen Gang geſtreut.
Die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="27">
            <l>
              <pb facs="#f0191" n="175"/>
              <fw place="top" type="header">Das Ohr als ein ku&#x0364;n&#x017F;tliches Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;kke.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Du mu&#x017F;ts beim Bewundern la&#x017F;&#x017F;en:</l><lb/>
            <l>Da dich die&#x017F;es deutlich lehrt,</l><lb/>
            <l>Daß wir noch nicht recht ver&#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>Wie wir Men&#x017F;chen ho&#x0364;ren, &#x017F;ehn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="28">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>och dies &#x017F;iehet das Gemu&#x0364;te,</l><lb/>
            <l>Daß des Ho&#x0364;ch&#x017F;tens wei&#x017F;e Gu&#x0364;te,</l><lb/>
            <l>Sich uns durchs Geho&#x0364;r bezeugt;</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Schnekkenfo&#x0364;rmge Ro&#x0364;hren,</l><lb/>
            <l>La&#x017F;&#x017F;en uns in allen ho&#x0364;ren,</l><lb/>
            <l>Daß uns un&#x017F;er <hi rendition="#fr">GOtt</hi> geneigt,</l><lb/>
            <l>Da er uns den Sinn ge&#x017F;chenkt,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;o wunderbahr ver&#x017F;chra&#x0364;nkt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="29">
            <l><hi rendition="#in">E</hi>s zeigt &#x017F;einer Vor&#x017F;icht Walten,</l><lb/>
            <l>Der uns das Geho&#x0364;r erhalten,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o weislich hat verdekt,</l><lb/>
            <l>Durch &#x017F;ein Allmachtsvolles Sorgen,</l><lb/>
            <l>Da wir noch ganz tief verborgen,</l><lb/>
            <l>Jn der Feuchtigkeit ver&#x017F;tekt,</l><lb/>
            <l>Da doch &#x017F;chon die Trommelwand</l><lb/>
            <l>Jm Geho&#x0364;rgang ausge&#x017F;pannt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="30">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>elch ein Wunder! da die Ohren,</l><lb/>
            <l>Gleich den immer offnen Thoren,</l><lb/>
            <l>Nie ge&#x017F;perrt; daß doch nicht leicht,</l><lb/>
            <l>Sich dahin ein Thierlein waget,</l><lb/>
            <l>Und das Trommelfell durchnaget;</l><lb/>
            <l>Dies ge&#x017F;chicht nicht, weil es feucht,</l><lb/>
            <l>Weil die bittre Fettigkeit,</l><lb/>
            <l>Jn den hohlen Gang ge&#x017F;treut.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0191] Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke. Du muſts beim Bewundern laſſen: Da dich dieſes deutlich lehrt, Daß wir noch nicht recht verſtehn, Wie wir Menſchen hoͤren, ſehn. Doch dies ſiehet das Gemuͤte, Daß des Hoͤchſtens weiſe Guͤte, Sich uns durchs Gehoͤr bezeugt; Dieſe Schnekkenfoͤrmge Roͤhren, Laſſen uns in allen hoͤren, Daß uns unſer GOtt geneigt, Da er uns den Sinn geſchenkt, Der ſo wunderbahr verſchraͤnkt. Es zeigt ſeiner Vorſicht Walten, Der uns das Gehoͤr erhalten, Und ſo weislich hat verdekt, Durch ſein Allmachtsvolles Sorgen, Da wir noch ganz tief verborgen, Jn der Feuchtigkeit verſtekt, Da doch ſchon die Trommelwand Jm Gehoͤrgang ausgeſpannt. Welch ein Wunder! da die Ohren, Gleich den immer offnen Thoren, Nie geſperrt; daß doch nicht leicht, Sich dahin ein Thierlein waget, Und das Trommelfell durchnaget; Dies geſchicht nicht, weil es feucht, Weil die bittre Fettigkeit, Jn den hohlen Gang geſtreut. Die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/191
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/191>, abgerufen am 21.11.2024.