Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Das Ohr als ein künstliches Meisterstükke. Denke nach, wie es zu gehet, Daß der Klang und Schall entstehet; Wie die innre Einrichtung Dieser beiden Wunderhöhlen; So entsteht in deiner Seelen Andacht und Bewunderung; Denn kein Mensch der sieht das ein, Drum muß es ein Wunder seyn. So viel können wir erkennen, Wenn die Lüffte sich zertrennen, Dringen sie ins offne Thor, Da sie sich den weiter führen Und das Trommelfell berühren Da gehn sie zum innren Ohr, Bis die Nerve wird erregt, Die den Klang zur Seele trägt. Dies geschicht in solcher Eile, Viel geschwinder als wenn Pfeile Von dem Bogen abgeschikt, Schnell zu ihren Ziele prallen: Kaum entsteht der Lüffte Schallen Das zum Ohrgang fortgedrükt: So verspürt die Seele schon, Den dadurch erregten Thon. Sage Mensch! faßt du die Weise Dieser so geschwinden Reise Da der Schall das Ohr durch fährt? Du wirst dieses nimmer fassen, Du
Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke. Denke nach, wie es zu gehet, Daß der Klang und Schall entſtehet; Wie die innre Einrichtung Dieſer beiden Wunderhoͤhlen; So entſteht in deiner Seelen Andacht und Bewunderung; Denn kein Menſch der ſieht das ein, Drum muß es ein Wunder ſeyn. So viel koͤnnen wir erkennen, Wenn die Luͤffte ſich zertrennen, Dringen ſie ins offne Thor, Da ſie ſich den weiter fuͤhren Und das Trommelfell beruͤhren Da gehn ſie zum innren Ohr, Bis die Nerve wird erregt, Die den Klang zur Seele traͤgt. Dies geſchicht in ſolcher Eile, Viel geſchwinder als wenn Pfeile Von dem Bogen abgeſchikt, Schnell zu ihren Ziele prallen: Kaum entſteht der Luͤffte Schallen Das zum Ohrgang fortgedruͤkt: So verſpuͤrt die Seele ſchon, Den dadurch erregten Thon. Sage Menſch! faßt du die Weiſe Dieſer ſo geſchwinden Reiſe Da der Schall das Ohr durch faͤhrt? Du wirſt dieſes nimmer faſſen, Du
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Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Denke nach, wie es zu gehet,
Daß der Klang und Schall entſtehet;
Wie die innre Einrichtung
Dieſer beiden Wunderhoͤhlen;
So entſteht in deiner Seelen
Andacht und Bewunderung;
Denn kein Menſch der ſieht das ein,
Drum muß es ein Wunder ſeyn.
So viel koͤnnen wir erkennen,
Wenn die Luͤffte ſich zertrennen,
Dringen ſie ins offne Thor,
Da ſie ſich den weiter fuͤhren
Und das Trommelfell beruͤhren
Da gehn ſie zum innren Ohr,
Bis die Nerve wird erregt,
Die den Klang zur Seele traͤgt.
Dies geſchicht in ſolcher Eile,
Viel geſchwinder als wenn Pfeile
Von dem Bogen abgeſchikt,
Schnell zu ihren Ziele prallen:
Kaum entſteht der Luͤffte Schallen
Das zum Ohrgang fortgedruͤkt:
So verſpuͤrt die Seele ſchon,
Den dadurch erregten Thon.
Sage Menſch! faßt du die Weiſe
Dieſer ſo geſchwinden Reiſe
Da der Schall das Ohr durch faͤhrt?
Du wirſt dieſes nimmer faſſen,
Du
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