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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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Das Ohr als ein künstliches Meisterstükke.
Welche Lust! wenn von der Sehne,
Ein ermunterndes Gethöne,
Durch die Kunst gerühret springt;
Wenn der Klang vom Saitenspiele,
Bis ins innerste Gefühle,
Bis zum Siz der Seelen dringt;
Wenn die zarte Leidenschafft,
Spürt der Zauberthöne Krafft!
Welche Lust! wenn Cymbeln klingen,
Geist und Blut in Wallung bringen,
Wenn der Dunst der Traurigkeit,
Der das bange Herz umhüllet,
Wird da unser Ohr gefüllet,
Wie ein Nebelrauch zerstreut;
Wenn durch liebliches Gethön,
Zorn und Raserei vergehn!
So wird als aus einer Röhre,
Unserm Geist, durch das Gehöre,
Manche Freud und Lust geschenkt.
Dieses giebt uns zu erkennen,
Daß der Schöpfer gut zu nennen,
Der an unser Wohl stets denkt,
Und durch äusre Sinnligkeit,
Den verstrikten Geist erfreut.
Welch ein Vortheil! da wir hören,
Werden so viel süsse Lehren,
Unsrer Seele eingeprägt.
Also dienen uns die Sinnen,
Die
Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Welche Luſt! wenn von der Sehne,
Ein ermunterndes Gethoͤne,
Durch die Kunſt geruͤhret ſpringt;
Wenn der Klang vom Saitenſpiele,
Bis ins innerſte Gefuͤhle,
Bis zum Siz der Seelen dringt;
Wenn die zarte Leidenſchafft,
Spuͤrt der Zauberthoͤne Krafft!
Welche Luſt! wenn Cymbeln klingen,
Geiſt und Blut in Wallung bringen,
Wenn der Dunſt der Traurigkeit,
Der das bange Herz umhuͤllet,
Wird da unſer Ohr gefuͤllet,
Wie ein Nebelrauch zerſtreut;
Wenn durch liebliches Gethoͤn,
Zorn und Raſerei vergehn!
So wird als aus einer Roͤhre,
Unſerm Geiſt, durch das Gehoͤre,
Manche Freud und Luſt geſchenkt.
Dieſes giebt uns zu erkennen,
Daß der Schoͤpfer gut zu nennen,
Der an unſer Wohl ſtets denkt,
Und durch aͤuſre Sinnligkeit,
Den verſtrikten Geiſt erfreut.
Welch ein Vortheil! da wir hoͤren,
Werden ſo viel ſuͤſſe Lehren,
Unſrer Seele eingepraͤgt.
Alſo dienen uns die Sinnen,
Die
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[178/0194] Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke. Welche Luſt! wenn von der Sehne, Ein ermunterndes Gethoͤne, Durch die Kunſt geruͤhret ſpringt; Wenn der Klang vom Saitenſpiele, Bis ins innerſte Gefuͤhle, Bis zum Siz der Seelen dringt; Wenn die zarte Leidenſchafft, Spuͤrt der Zauberthoͤne Krafft! Welche Luſt! wenn Cymbeln klingen, Geiſt und Blut in Wallung bringen, Wenn der Dunſt der Traurigkeit, Der das bange Herz umhuͤllet, Wird da unſer Ohr gefuͤllet, Wie ein Nebelrauch zerſtreut; Wenn durch liebliches Gethoͤn, Zorn und Raſerei vergehn! So wird als aus einer Roͤhre, Unſerm Geiſt, durch das Gehoͤre, Manche Freud und Luſt geſchenkt. Dieſes giebt uns zu erkennen, Daß der Schoͤpfer gut zu nennen, Der an unſer Wohl ſtets denkt, Und durch aͤuſre Sinnligkeit, Den verſtrikten Geiſt erfreut. Welch ein Vortheil! da wir hoͤren, Werden ſo viel ſuͤſſe Lehren, Unſrer Seele eingepraͤgt. Alſo dienen uns die Sinnen, Die

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/194>, abgerufen am 01.09.2024.