Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Physicalische und Moralische Betrachtung. Und die Bewegung kommt von denen vielen Mäusen,Die Paar bey Paar verknüpft, die sie in ihren Gleisen, So wunderbahrlich ziehn. Dadurch wird sie ge- lenkt, Und als ein platter Schwamm, bald hie, bald da geschwenkt; Wie die Erfahrung lehrt. Die Zung ist auch be- säet, Mit Warzen welche spiz, und Nerven, draus entste- het So gleich denn der Geschmak; die Seele fühlt ge- schwind, Ob Speisen die zerkäut, süß oder sauer sind. Wie wunderbahr ist es, daß unsre Zunge spüret, So bald die durch den Zahn zermalmte Speiß sie rühret, Was süß und sauer ist, was bitter, übel schmekt; Wird dadurch uns nicht klar des Schöpfers Kunst entdekt? Die Almacht, Weisheit, Güt, die ein so schwam- micht Wesen, Zu mannigfaltgen Nuz, so herrlich hat erlesen? Die Zunge ist ein Glied, das auch zur Sprache nüzt, Und in dem hohlen Mund am rechten Orte sizt; Wenn aus den innren Gaum die Lufft zum Thone dringet, Und aus der Kehlen Röhr, ein heller Klang entsprin- get; So macht dies rege Glied, das sich beweglich dreht, Nebst Lippen, Gaum und Zahn, daß man den Laut versteht; Die
Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung. Und die Bewegung kommt von denen vielen Maͤuſen,Die Paar bey Paar verknuͤpft, die ſie in ihren Gleiſen, So wunderbahrlich ziehn. Dadurch wird ſie ge- lenkt, Und als ein platter Schwamm, bald hie, bald da geſchwenkt; Wie die Erfahrung lehrt. Die Zung iſt auch be- ſaͤet, Mit Warzen welche ſpiz, und Nerven, draus entſte- het So gleich denn der Geſchmak; die Seele fuͤhlt ge- ſchwind, Ob Speiſen die zerkaͤut, ſuͤß oder ſauer ſind. Wie wunderbahr iſt es, daß unſre Zunge ſpuͤret, So bald die durch den Zahn zermalmte Speiß ſie ruͤhret, Was ſuͤß und ſauer iſt, was bitter, uͤbel ſchmekt; Wird dadurch uns nicht klar des Schoͤpfers Kunſt entdekt? Die Almacht, Weisheit, Guͤt, die ein ſo ſchwam- micht Weſen, Zu mannigfaltgen Nuz, ſo herrlich hat erleſen? Die Zunge iſt ein Glied, das auch zur Sprache nuͤzt, Und in dem hohlen Mund am rechten Orte ſizt; Wenn aus den innren Gaum die Lufft zum Thone dringet, Und aus der Kehlen Roͤhr, ein heller Klang entſprin- get; So macht dies rege Glied, das ſich beweglich dreht, Nebſt Lippen, Gaum und Zahn, daß man den Laut verſteht; Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0278" n="262"/> <fw place="top" type="header">Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.</fw><lb/> <l>Und die Bewegung kommt von denen vielen Maͤuſen,</l><lb/> <l>Die Paar bey Paar verknuͤpft, die ſie in ihren<lb/><hi rendition="#et">Gleiſen,</hi></l><lb/> <l>So wunderbahrlich ziehn. Dadurch wird ſie ge-<lb/><hi rendition="#et">lenkt,</hi></l><lb/> <l>Und als ein platter Schwamm, bald hie, bald da<lb/><hi rendition="#et">geſchwenkt;</hi></l><lb/> <l>Wie die Erfahrung lehrt. Die Zung iſt auch be-<lb/><hi rendition="#et">ſaͤet,</hi></l><lb/> <l>Mit Warzen welche ſpiz, und Nerven, draus entſte-<lb/><hi rendition="#et">het</hi></l><lb/> <l>So gleich denn der Geſchmak; die Seele fuͤhlt ge-<lb/><hi rendition="#et">ſchwind,</hi></l><lb/> <l>Ob Speiſen die zerkaͤut, ſuͤß oder ſauer ſind.</l><lb/> <l>Wie wunderbahr iſt es, daß unſre Zunge ſpuͤret,</l><lb/> <l>So bald die durch den Zahn zermalmte Speiß ſie<lb/><hi rendition="#et">ruͤhret,</hi></l><lb/> <l>Was ſuͤß und ſauer iſt, was bitter, uͤbel ſchmekt;</l><lb/> <l>Wird dadurch uns nicht klar des Schoͤpfers Kunſt<lb/><hi rendition="#et">entdekt?</hi></l><lb/> <l>Die Almacht, Weisheit, Guͤt, die ein ſo ſchwam-<lb/><hi rendition="#et">micht Weſen,</hi></l><lb/> <l>Zu mannigfaltgen Nuz, ſo herrlich hat erleſen?</l><lb/> <l>Die Zunge iſt ein Glied, das auch zur Sprache<lb/><hi rendition="#et">nuͤzt,</hi></l><lb/> <l>Und in dem hohlen Mund am rechten Orte ſizt;</l><lb/> <l>Wenn aus den innren Gaum die Lufft zum Thone<lb/><hi rendition="#et">dringet,</hi></l><lb/> <l>Und aus der Kehlen Roͤhr, ein heller Klang entſprin-<lb/><hi rendition="#et">get;</hi></l><lb/> <l>So macht dies rege Glied, das ſich beweglich<lb/><hi rendition="#et">dreht,</hi></l><lb/> <l>Nebſt Lippen, Gaum und Zahn, daß man den Laut<lb/><hi rendition="#et">verſteht;</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [262/0278]
Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Und die Bewegung kommt von denen vielen Maͤuſen,
Die Paar bey Paar verknuͤpft, die ſie in ihren
Gleiſen,
So wunderbahrlich ziehn. Dadurch wird ſie ge-
lenkt,
Und als ein platter Schwamm, bald hie, bald da
geſchwenkt;
Wie die Erfahrung lehrt. Die Zung iſt auch be-
ſaͤet,
Mit Warzen welche ſpiz, und Nerven, draus entſte-
het
So gleich denn der Geſchmak; die Seele fuͤhlt ge-
ſchwind,
Ob Speiſen die zerkaͤut, ſuͤß oder ſauer ſind.
Wie wunderbahr iſt es, daß unſre Zunge ſpuͤret,
So bald die durch den Zahn zermalmte Speiß ſie
ruͤhret,
Was ſuͤß und ſauer iſt, was bitter, uͤbel ſchmekt;
Wird dadurch uns nicht klar des Schoͤpfers Kunſt
entdekt?
Die Almacht, Weisheit, Guͤt, die ein ſo ſchwam-
micht Weſen,
Zu mannigfaltgen Nuz, ſo herrlich hat erleſen?
Die Zunge iſt ein Glied, das auch zur Sprache
nuͤzt,
Und in dem hohlen Mund am rechten Orte ſizt;
Wenn aus den innren Gaum die Lufft zum Thone
dringet,
Und aus der Kehlen Roͤhr, ein heller Klang entſprin-
get;
So macht dies rege Glied, das ſich beweglich
dreht,
Nebſt Lippen, Gaum und Zahn, daß man den Laut
verſteht;
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |