Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.Eine gefrorne Fensterscheibe. Allein es ist doch nichts, als ein gefrorner DufftDie Schlösser die dran stehn, sind eine nasse Lufft, So bald die Sonn aufgeht, daran die Strahlen schiesset, So sieh man, wie der Wald, wie Feld und Stadt zerfliesset. Des Feuers rege Krafft vernichtiget es gleich, Die Wärme schmelzt den Frost, die Bilder werden weich, Da rinnen sie hinweg, und in gar wenig Stunden, Jst alle Herrligkeit, als wie ein Traum verschwun- den. Das was uns die Natur im Umkreis dieser Welt, An Himmel, auf der Erd, als Schönheit vorgestelt, Vergehet endlich auch. So wie aus unsern Sin- nen Die Berge, Thäler, Wald im Augenblik zerrin- nen: So wird die ganze Welt, die jezt so herrlich blizt, Wenn sie das Feur zulezt in reger Glut erhizt, Auch plözlich sich verkehrn, der Himmel wird ver- alten; Zerfliessen wie im Glaß der Fenster, die Gestalten. Das
Eine gefrorne Fenſterſcheibe. Allein es iſt doch nichts, als ein gefrorner DufftDie Schloͤſſer die dran ſtehn, ſind eine naſſe Lufft, So bald die Sonn aufgeht, daran die Strahlen ſchieſſet, So ſieh man, wie der Wald, wie Feld und Stadt zerflieſſet. Des Feuers rege Krafft vernichtiget es gleich, Die Waͤrme ſchmelzt den Froſt, die Bilder werden weich, Da rinnen ſie hinweg, und in gar wenig Stunden, Jſt alle Herrligkeit, als wie ein Traum verſchwun- den. Das was uns die Natur im Umkreis dieſer Welt, An Himmel, auf der Erd, als Schoͤnheit vorgeſtelt, Vergehet endlich auch. So wie aus unſern Sin- nen Die Berge, Thaͤler, Wald im Augenblik zerrin- nen: So wird die ganze Welt, die jezt ſo herrlich blizt, Wenn ſie das Feur zulezt in reger Glut erhizt, Auch ploͤzlich ſich verkehrn, der Himmel wird ver- alten; Zerflieſſen wie im Glaß der Fenſter, die Geſtalten. Das
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Eine gefrorne Fenſterſcheibe.
Allein es iſt doch nichts, als ein gefrorner Dufft
Die Schloͤſſer die dran ſtehn, ſind eine naſſe Lufft,
So bald die Sonn aufgeht, daran die Strahlen
ſchieſſet,
So ſieh man, wie der Wald, wie Feld und Stadt
zerflieſſet.
Des Feuers rege Krafft vernichtiget es gleich,
Die Waͤrme ſchmelzt den Froſt, die Bilder werden
weich,
Da rinnen ſie hinweg, und in gar wenig Stunden,
Jſt alle Herrligkeit, als wie ein Traum verſchwun-
den.
Das was uns die Natur im Umkreis dieſer Welt,
An Himmel, auf der Erd, als Schoͤnheit vorgeſtelt,
Vergehet endlich auch. So wie aus unſern Sin-
nen
Die Berge, Thaͤler, Wald im Augenblik zerrin-
nen:
So wird die ganze Welt, die jezt ſo herrlich blizt,
Wenn ſie das Feur zulezt in reger Glut erhizt,
Auch ploͤzlich ſich verkehrn, der Himmel wird ver-
alten;
Zerflieſſen wie im Glaß der Fenſter, die Geſtalten.
Das
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